Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen klar Logo

Rohrleitungen zur Ableitung von Lagerstättenwasser

Der Abgeordnete Volker Bajus (Grüne) hatte gefragt:

Wie dem zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) im Januar 2011 bekannt wurde, sind aufgrund von Undichtigkeiten an Rohrleitungen im Raum Söhlingen toxische Stoffe, u. a. Benzol, in die Umwelt gelangt. Mit diesen Rohrleitungen wird sogenanntes Lagerstättenwasser, das bei der Erdgasförderung zutage gefördert wird, von der Förderstätte zu jener Stelle transportiert, an der dieses mit verschiedensten Chemikalien und Radioaktivität belastete Wasser wieder in den Untergrund eingebracht wird. In der Folge mussten erhebliche Mengen kontaminierten Bodens saniert werden. Der Betreiberin der Leitung, der Firma Exxon-Mobil, war die Undichtigkeit der Rohrleitungen offenbar bereits im Jahr 2009 bekannt. In der Folgezeit sind weitere Undichtigkeiten an Lagerstättenwasserleitungen im Raum Vechta und im Raum Langwedel-Völkersen bekannt geworden.

Nach Erkenntnissen des LBEG sind diese Leckagen einer Lagerstättenwasserleitung darauf zurückzuführen, dass der Kunststoff Polyethylen (PE), aus dem die betroffenen Rohrleitungen hergestellt wurden, von bestimmten Kohlenwasserstoffen wie Benzol durchdrungen werden kann. Das Wirtschaftsministerium hat daher eine Überprüfung von insgesamt 740 km Rohrleitungen angeordnet, durch die Lagerstättenwasser transportiert wird. Nach den Ergebnissen dieser Überprüfung wurden 23 Rohrleitungen mit einer Gesamtlänge von 44 km außer Betrieb genommen, teilte das LBEG in einer Presseerklärung vom 07.05.2012 mit. Seither wird Lagerstättenwasser u. a. per Lkw zu den Versenkbohrungen transportiert. Wie die Ruhrnachrichten vom 07.03.2012 unter Berufung auf das LBEG berichteten, wurden in Niedersachsen insgesamt rund 160 km Lagerstättenwasserleitung aus dem Kunststoff Polyethylen verbaut. Für die weiterhin in Betrieb befindlichen PE-Lei­tungen hat das LBEG eine zweijährige Überwachungsphase angeordnet, in der auch das umgebende Erdreich auf durch die Rohrleitungen hindurch diffundierende Kohlenwasserstoffe untersucht wird.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie viele Überprüfungen an nicht außer Betrieb genommenen PE-Rohren zum Transport von Lagerstättenwasser sind im Rahmen der zweijährigen Überwachungsphase bisher durchgeführt worden?
  2. Wurden im Rahmen dieser Überprüfungen weitere Undichtigkeiten festgestellt und, wenn ja, wo?
  3. Hält die Landesregierung Leitungen zum Transport von Lagerstättenwasser aus PE angesichts der Vorfälle weiterhin für genehmigungsfähig, und hat sie diese gegebenenfalls seit Januar 2011 genehmigt?
  4. Gegebenenfalls in welcher Weise und mit welchem Ergebnis wurde überprüft, ob es nach der Sanierung des Bodens an den Leckagestellen in Söhlingen, in Langwedel-Völkersen und im Raum Vechta aufgrund der festgestellten Undichtigkeiten weiterhin zu Einträgen toxischer Stoffe in das Grundwasser kommt?
  5. Wie soll nach den bisherigen Planungen mit den außer Betrieb genommen PE-Leitungen verfahren werden (Rückbau, Verbleib im Boden etc.)?
  6. Welche alternativen Lösungen sind gegebenenfalls zum derzeit nach Stilllegung von Rohrleitungen durchgeführten Transport von Lagerstättenwasser per Lkw geplant?
  7. Findet derzeit in Niedersachsen innerhalb von Wasserschutzgebieten eine Verpressung von Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung statt, und, wenn ja, wie lange laufen die dem zugrunde liegenden Genehmigungen noch?

Verkehrsminister Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 13.08.2013 wie folgt:

Die Erdgasförderung in Niedersachsen leistet seit vielen Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland. Die Gewinnung dieses Energieträgers ist zwangsweise mit der Förderung von Tiefenwässern (Lagerstättenwasser) verbunden. Hierbei handelt es sich um ein Gemisch aus Wasser, Salzen, Kohlenwasserstoffen und weiteren Stoffen, die im tiefen Untergrund natürlich vorkommen. Das Lagerstättenwasser wird im Regelfall an den einzelnen Förderbohrungen direkt aus dem Gasstrom abgeschieden und mittels Tankkraftwagen oder erdverlegten Kunststoff- bzw. Stahlrohrleitungen abtransportiert. Die Entsorgung des Lagerstättenwassers erfolgt üblicherweise über Tiefbohrungen, die entweder sekundären oder tertiären Fördermaßnahmen dienen (Einpressbohrung) oder zur sonstigen Einleitung von Stoffen in den Untergrund bestimmt sind (Versenkbohrung).

Als kritisch hat sich bei den Lagerstättenwasserleitungen der Werkstoff Polyethylen (PE) herausgestellt, bei dem es bei hohen Gehalten von monoaromatischen Kohlenwasserstoffen wie Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol (BTEX) zur Durchdringung der Rohrwand kommen kann (Diffusion/Permeation), ohne dass diese beschädigt ist. Nach einem entsprechenden Vorfall im Raum Söhlingen mussten die in Niedersachsen tätigen Unternehmen der Erdöl- und Erdgasbranche entsprechend einer Anordnung des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) bis zum 28. Februar 2012 nachweisen, dass die zum Transport von Lagerstättenwasser eingesetzten Kunststoffrohrleitungen den zu erwartenden mechanischen, thermischen und chemischen Beanspruchungen standhalten.

Die Auswertung der hierzu von den Unternehmen vorgelegten Unterlagen hat ergeben, dass sich bei einem großen Teil der untersuchten Kunststoffrohrleitungen in der Praxis keine systematischen umweltrelevanten Auffälligkeiten zeigen. Auch sind die gewählten Materialien nach Einschätzung eines unabhängigen Sachverständigen in der Regel für die tatsächliche Transportaufgabe geeignet, was insbesondere für Rohrleitungen aus Glasfaser verstärktem Kunststoff (GFK) gilt. Bei Rohrleitungen aus Polyethylen ist das Ergebnis vielschichtiger. Die von einem unabhängigen Sachverständigen durchgeführten Untersuchungen haben zwar bei der überwiegenden Zahl der Leitungen keinerlei Auffälligkeiten ergeben, jedoch sind Einzelfälle mit Durchlässigkeiten bekannt geworden. Die betroffenen Unternehmen haben diese Rohrleitungen umgehend stillgelegt und die Sanierung der Schäden eingeleitet bzw. zwischenzeitlich abgeschlossen.

Am 21. Dezember 2012 hat das LBEG für alle noch betriebenen Rohrleitungen aus Kunststoffen weitere Boden- und Grundwasseruntersuchungen bis zum 31. Dezember 2014 (PE) bzw. 31. Dezember 2016 (alle anderen Kunststoffe) angeordnet. Alternativ zu den Boden- und Grundwasseruntersuchungen können im Einvernehmen mit dem LBEG auch andere Untersuchungsverfahren angewandt werden, mit denen die Dichtheit der Kunststoffe unter Berücksichtigung der Diffusion bzw. Permeation nachgewiesen werden kann. Zusätzlich wurde der Betrieb von Leitungen aus Polyethylen für Nassöl und Fluide mit hohem BTEX-Gehalten untersagt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. und 2.:
Die ersten beiden Fragen werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet.
Nach Maßgabe der Anordnung des LBEG vom 21. Dezember 2012 hatten die in Niedersachsen tätigen Unternehmen der Erdöl- und Erdgasbranche bis zum 31. März 2013 einen Beprobungsplan für die Untersuchungen an den betriebenen Kunststoffrohrleitungen zum Transport von Lagerstättenwasser vorzulegen. Gemäß diesen Beprobungsplänen haben die Boden- und Grundwasseruntersuchungen bei erdverlegten Rohrleitungen aus Polyethylen im 2. Quartal 2013 begonnen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen liegen dem LBEG noch nicht vor.

Zu 3.:
Entsprechend den Vorgaben des LBEG sind Leitungen aus Kunststoffwerkstoffen für den Transport von Lagerstättenwasser nur dann genehmigungsfähig, wenn ein Eignungsnachweis unter Berücksichtigung von Diffusion und Permeation erbracht wird. Seit Januar 2011 hat das LBEG keine Rohrleitungen aus Polyethylen für den Transport von Lagerstättenwasser zugelassen.

Zu 4.:
Nach Stilllegung der betroffenen Rohrleitungen aus Polyethylen in den Erdgasfeldern Söhlingen (Raum Rotenburg), Völkersen (Raum Verden) und Hengstlage (Raum Vechta) wurden bzw. werden diese aus dem Boden entfernt. Weitere Einträge durch diese Leitungen sind demnach nicht mehr möglich. Die notwendigen Sanierungsmaßnahmen sind abgeschlossen bzw. wurden eingeleitet.
Darüber hinaus hat das LBEG im Bereich des Erdgasfeldes Söhlingen Immissionsmessungen für BTEX und Quecksilber in der Luft durchgeführt. Im Rahmen dieser sechsmonatigen Messkampagne konnte nachgewiesen werden, dass es zu keinen erhöhten BTEX- und Quecksilber-Immissionen an den Messorten gekommen ist. Die Messergebnisse liegen im Bereich der Hintergrundwerte und damit unter den Beurteilungswerten für BTEX-Immissionen bzw. den Orientierungswerten für Quecksilber-Immissionen

Zu 5.:
Die außer Betrieb genommenen Rohrleitungen sind aus dem Boden zu entfernen und festgestellte Boden- und Grundwasserverunreinigungen zu sanieren.

Zu 6.:
Zum Transport in Tankkraftwagen sind folgende Alternativen bekannt:

  • Transport des Lagerstättenwassers in Rohrleitungen aus geeigneten Werkstoffen,
  • Nassgastransport, das heißt, das Erdgas wird nicht dezentral (auf den Förderplätzen), sondern zentral (auf einem zentralen Betriebsplatz) getrocknet. Dafür wird das Lagerstättenwasser von den Sonden bis zur zentralen Trocknungsanlage in einer sogenannten Nassgasleitung transportiert. Nassgasleitungen sind - wegen der höheren Betriebsdrücke - in der Regel aus metallischen Werkstoffen gefertigt.

Die Suche nach technischen Alternativen zum Transport von Lagerstättenwasser ist Aufgabe der Industrie, wobei die angewendeten Transportmethoden den gesetzlichen Vorgaben entsprechen müssen. Entsprechende Konzepte werden seitens der Industrie auch für eine weitergehende Aufbereitung von Lagerstättenwasser erarbeitet, wodurch im Einzelfall künftig ein Verpressen über Disposalbohrungen in den Untergrund reduziert oder gänzlich vermieden werden kann.

Zu 7.:
In folgenden Wasserschutzgebieten liegen Tiefbohrungen, in denen Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung versenkt wird:

Wasserschutzgebiet

Bohrung

Befristung

Anmerkung

Schönewörde

Vorhop 30a

keine

Das gesamte Erdölfeld Vorhop liegt im Wasserschutzgebiet.

Panzenberg

Völkersen H1

keine

Die Bohrung wird seit dem 11. Juli 2012 nicht mehr zur Versenkung von Lagerstättenwasser genutzt.

Logo Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
30.08.2013
zuletzt aktualisiert am:
24.10.2013

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln