Sicherheit im Schülerverkehr
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.02.2014 - TOP 18. Antwort vom Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Karl-Heinz Klare und Dr. Stephan Siemer (CDU)
Die Abgeordneten Karl-Heinz Klare und Dr. Stephan Siemer (CDU) hatten gefragt:
Am 18. November 2013 kam es im Rahmen des Schülerverkehrs im Landkreis Vechta zu einem schweren Schulbusunfall, bei dem mehrere Kinder erheblich verletzt wurden. Verschiedenen Medienberichten zufolge war der Bus mit mindestens 80 Kindern besetzt.
Wir fragen die Landesregierung:
- Ist die Landesregierung der Ansicht, dass die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen ausreichend sind, um beim Schülertransport im öffentlichen Personennahverkehr die Sicherheit unserer Kinder auf dem Weg zur Schule und von der Schule zu gewährleisten?
- Welche Rolle spielt die Sicherheit von Schülerinnen und Schülern während des Schülertransports bei den Gesprächen der Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden?
- Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, gemeinsam mit den Trägern der Schülerbeförderung die Sicherheit von Schülerinnen und Schülern während des Schülertransports zu verbessern?
Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Die Pflicht zur Beförderung von Schülerinnen und Schülern obliegt gem. § 114 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises den Landkreisen und kreisfreien Städten.
Schülerverkehr findet heutzutage zum größten Teil mit Fahrzeugen des ÖPNV, also im Linienverkehr statt, indem die Träger der Schülerbeförderung den Schülerinnen und Schülern Fahrkarten für den ÖPNV zur Verfügung stellen. Daneben gibt es den sogenannten „Schülerfreistellungsverkehr“, der mit eigenen Fahrzeugen des Aufgabenträgers, zumeist aber mit angemieteten Fahrzeugen durchgeführt wird. Allerdings ist Schülerfreistellungsverkehr in Nds. mittlerweile eher die Ausnahme und im Wesentlichen auf besondere Schülergruppen beschränkt, z.B. auf Schülerinnen und Schüler mit Behinderung. Eine Ausweitung des Freistellungsverkehrs ist verkehrspolitisch unerwünscht, da gerade im ländlichen Bereich der Schülerverkehr das Rückgrat des ÖPNV darstellt.
Gemäß der Richtlinie 77/541/EWG, durch den § 35 Straßenverkehrszulassungs-Ordnung (StVZO) in nationales Recht umgesetzt, besteht für neu zugelassene Kraftomnibusse (KOM) mit den Konstruktionsmerkmalen von Reisebussen über 3,5 to Gesamtgewicht seit dem 01.10.1999, unter 3,5 to ab dem 01.10.2001 eine Ausrüstungspflicht mit Sicherheitsgurten. KOM im Nahverkehr mit Stehplätzen (sogen. Linienbusse) sind von dieser Ausrüstungspflicht für Sicherheitsgurte befreit. Eine Nachrüstungspflicht für ältere Busse besteht ebenfalls nicht.
Auch die Regelungen der §§ 21 und 21a der Straßenverkehrsordnung (StVO) basieren auf den Vorgaben von EU-Richtlinien. Die Benutzung von Rückhalteeinrichtungen für Kinder ist danach nur auf solchen Sitzen verpflichtend, auf denen Sicherheitsgurte vorgeschrieben sind. Da nicht alle Fahrzeuge der Klasse KOM mit Sicherheitsgurten ausgestattet sein müssen, enthält auch
§ 21 StVO durchgängig nur für Pkw eine verbindliche Regelung und sieht für KOM Freistellungen vor, sowohl hinsichtlich der Benutzung von Sicherheitsgurten als auch von der Benutzung von Kindersitzen. Die Gründe der Bundesregierung für diese Festlegungen, welche über den Bundesrat von den Ländern mitgetragen wurden, basieren auf der Häufigkeit und den Auswirkungen von Unfällen im Busverkehr.
Der Träger der Schülerbeförderung (§ 114 NSchG) ist, wenn er es für erforderlich hält, nicht gehindert, für Schülerbeförderungen auch innerhalb des allgemeinen Linienverkehrs mit dem Verkehrsunternehmen höhere Standards zu vereinbaren.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass erfreulicherweise Schulbus-Unfälle nach Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) relativ selten sind, sodass der Bus als das mit Abstand sicherste Beförderungsmittel für den Weg zur Schule angesehen wird. Von allen Schulwegsunfällen sind sie im direkten Schulbusverkehr die seltensten. Häufiger sind Schülerunfälle aufgrund von Rangeleien an Bushaltestellen oder beim Besteigen/Verlassen von Bussen. Gefährlicher als der Busverkehr ist insbesondere der Fahrradverkehr zur Schule.
Ein erheblicher Anteil bemängelter Umstände in der Schülerbeförderung ist nicht in einer unzureichenden Rechtslage begründet, sondern findet ihre Ursache häufig in nicht ausgeschöpften Möglichkeiten des geltenden Rechtes.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
In Anbetracht vorstehender Aussagen und unter Einbeziehung der aktuellen Veröffentlichungen des DGUV zum Schülerunfallgeschehen, ist aus Sicht der Landesregierung die aktuelle Rechtslage zur Organisation der Schülerbeförderung ausreichend.
Zu 2. und 3.:
Das Niedersächsische Kultusministerium steht mit den kommunalen Spitzenverbänden in einem regelmäßigen Austausch über die schulischen Angelegenheiten. Problembereiche werden selbstverständlich angesprochen. Die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler während der Schülerbeförderung im Linienverkehr ist dabei nicht thematisiert worden, weil die Rechtslage ausreichend ist.
Artikel-Informationen
erstellt am:
28.02.2014
Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke
Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
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Tel: (0511) 120-5427
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