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Soll die mittlere Elbe naturnah erhalten werden oder mit 1,60 m Fahrrinnentiefe ganzjährig schiffbar gemacht werden?

Der Abgeordnete Kurt Herzog (LINKE) hatte gefragt:

Von verschiedenen Akteuren werden immer wieder unterschiedliche Ziele für die mittlere Elbe benannt. Dabei werden unterschiedliche Begriffe verwendet, die zu Unklarheiten insbesondere in der Region der mittleren Elbe führen. Die Einrichtung eines Biosphärenreservats und auch der Beschluss des Landtags 2007 geben dabei dem Erhalt des Flusses als letztem naturnahen großem Strom in Deutschland den Vorrang.
Auch der niedersächsische Umweltminister Dr. Stefan Birkner hat bei seinen Besuchen in Lüchow-Dannenberg und insbesondere bei der Elbebefahrung am 15. Juni 2012 deutlich gemacht, dass die mittlere Elbe unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten erhalten werden soll. Der Schiffsverkehr auf der Elbe sollte nach seinen Ausführungen dabei im Wesentlichen über den Elbeseitenkanal und über das Scharnebecker Schiffshebewerk geführt werden, das dafür ausgebaut werden müsse.
Dem stehen die Zielsetzungen und Verlautbarungen verschiedener Repräsentanten von Verbänden und von Politikern auf Bundes- und Landesebene entgegen, die immer wieder eine Vertiefung der Fahrrinne auf 1,60 m fordern, um eine „ganzjährige Schiffbarkeit“ zu gewährleisten.
Die dafür notwendigen Maßnahmen werden dabei oft als „Unterhaltung“ bezeichnet. Das gibt Anlass, die Begriffe „Ausbau“ und „Unterhaltung“ genau zu definieren bzw. voneinander abzugrenzen. Auch die Zielsetzungen für die Entwicklung der Elbe müssen eindeutig bestimmt werden.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Mit welchen Maßnahmen bzw. Initiativen will sie den Landtagsbeschluss von 2007 in Hinsicht auf die naturnahe Erhaltung der mittleren Elbe umsetzen, und welche Art von Schiffsverkehr verträgt sich damit (Größe, Tiefgang und Tonnage von Schiffen sowie Jahresgesamttonnagen)?
  2. Welche Maßnahmen genau sollen auf der sogenannten Reststrecke zwischen Dömitz und Hitzacker erfolgen, was ist dabei als Ausbau und was als Unterhaltung einzuordnen?
  3. Welche Maßnahmen wären angesichts der vielen Tage mit Niedrigwasserständen an der Elbe vorgesehen bzw. tauglich, um eine „ganzjährige Schiffbarkeit“ und eine 1,60 m tiefe Fahrrinne zu gewährleisten?

Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) haben im Sommer 2011 einen Vorschlag zur Erarbeitung eines Strategischen Konzepts für den Flussraum der frei fließenden Binnenelbe zwischen dem Wehr Geesthacht und der Grenze zur Tschechischen Republik vorgelegt. Dieses Eckpunktepapier von BMVBS und BMU wurde in vier Besprechungen zwischen Bund und Elbanrainerländern erörtert und überarbeitet.

Das Land Niedersachsen hat sich schriftlich zu den Entwürfen geäußert und die in Niedersachsen geltenden politischen Rahmenbedingungen dargelegt. Dabei ist insbesondere noch einmal auf die Landtagsentschließung vom Dezember 2007 verwiesen (LT-Drs. 15/4358) worden, in der es u.a. heißt:

„Der Landtag bittet die Landesregierung,

  • sich bei der Bundesregierung für eine Verbesserung der Anbindung der Seehäfen über Schiene und Wasserwege einzusetzen, und zwar insbesondere durch die Beseitigung des Engpasses für die Schifffahrt am Zugang zum Elbeseitenkanal durch Neubau eines weiteren Schiffshebewerkes oder einer Schleuse, nicht jedoch durch weiteren Ausbau der mittleren Elbe,
  • gemeinsam mit den anderen Elbanrainerländern Länder übergreifende Konzepte zu entwickeln, um die einzigartige Flusslandschaft als Anziehungspunkt für naturnahen Tourismus, als Modellregion für Klimaschutz und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung zu präsentieren und europaweit bekannt zu machen,
  • sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass zwar notwendige Unterhaltungsmaßnahmen, nicht jedoch weitere Ausbaupläne unterstützt bzw. durchgeführt werden.“

Vor diesem Hintergrund steht die Zustimmung der Landesregierung zu den „Eckpunkten für ein Gesamtkonzept Elbe des Bundes und der Länder – Strategisches Konzept für den Flussraum der Binnenelbe zwischen dem Wehr Geesthacht bei Hamburg und der Grenze zur Tschechischen Republik“ unter dem Vorbehalt, dass die Formulierung "Ein Ausbau zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse findet auch künftig nicht statt" Aufnahme findet. Das Gleiche gilt für die Aufnahme der Formulierung „Wegen der herausragenden verkehrlichen Bedeutung des Elbe-Seitenkanals im Verhältnis zur Elbe sind besondere Anstrengungen zu unternehmen, den Elbe-Seitenkanal in seiner Funktionsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern."

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Fragen 1 bis 3:
Bereits in der Vergangenheit hat sich die Landesregierung für eine Optimierung und Anpassung des Elbe-Seiten-Kanals an die Anforderungen der heutigen Binnenschifffahrt eingesetzt.

Der Bitte des Landtages entsprechend, haben sich der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und der Minister für Umwelt und Klimaschutz in einem gemeinsamen Schreiben vom 19. Juni 2008 beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung dafür eingesetzt, dass die Unterhaltungsmaßnahmen an der Mittelelbe nur im notwendigen Umfang und unter Berücksichtigung ökologischer Erfordernisse erfolgen, weitere Ausbaupläne nicht mehr verfolgt werden und stattdessen ein verstärktes Augenmerk auf die Optimierung der Nutzbarkeit des Elbe-Seitenkanals gerichtet wird.

Hierzu ist es erforderlich, im Bereich Scharnebeck ein zweites Schiffshebewerk oder eine Schleuse zu errichten, um den dort bestehenden einzigen Engpass im Elbe-Seitenkanal für die aktuellen Schiffsgrößen zu beseitigen.

Zu diesem Zweck hat sich auch der Ministerpräsident mit Schreiben vom 10. Februar 2012 an den Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gewandt und darauf hingewiesen, dass der Elbe-Seiten-Kanal in den konzeptionellen Überlegungen der Landesregierung eine zentrale Rolle spielt und die Bitte geäußert, trotz der angespannten Haushaltssituation die technischen Planungen für den Neubau einer Schleuse zu verstärken sowie die notwendigen Schritte für das Erreichen des Baurechts zeitnah einzuleiten.
Die Landesregierung wird sich auch weiterhin für eine entsprechende Optimierung des Elbe-Seiten-Kanals einsetzen. So wird sie in Absprache mit anderen Ländern den Neubau einer Schleuse bei Lüneburg für den nächsten Bundesverkehrswegeplan anmelden.

Die Fragen 1 (zweiter Halbsatz) bis 3 können nur von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes beantwortet werden. Die zuständige Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost in Magdeburg wurde um entsprechende Informationen gebeten. Eine Antwort steht bisher aus. Nach deren Erhalt wird diese schriftlich nachgereicht.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
09.11.2012

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