Steuereinnahmen aus Sportwetten
Der Abgeordnete Hans-Henning Adler (LINKE) hatte gefragt:
Der im Entwurf erarbeitete Änderungsvertrag zum Glückspielstaatsvertrag kommt gegenwärtig nicht voran und wird den Länderparlamenten nicht zur Beschlussfassung vorgelegt, auch nicht in Niedersachsen.
Das hat nach Einschätzung von Beobachtern offensichtlich zwei Ursachen. Der eine Grund ist, dass nicht alle Bundesländer die gegenwärtig erarbeitete Fassung mit der begrenzten Möglichkeit einer Konzessionierung von Sportwetten mittragen und Schleswig-Holstein ausschert. Der andere Grund ist, dass die EU-Kommission in einem Brief, der jetzt bekannt wurde, verschiedene Beanstandungen vorgenommen hat. Unter anderem fragt die EU-Kommission, warum sich die Bundesländer bei Sportwetten dem Konzessionsmodell öffnen, beim Pokerspiel aber nicht. Mit Blick auf die nach Expertenmeinung hier bestehenden Risiken schreibt die EU-Kommission, „dass sie keine Daten bekommen haben, die das angegebene Risiko belegen“ (Die Welt vom 21.3.2012).
Ich frage die Landesregierung:
- Wie bewertet die Landesregierung den Sonderweg von Schleswig-Holstein, der im Ergebnis dazu führen kann, dass Teilnehmer an Glücksspielen aus ganz Deutschland, insbesondere bei Sportwetten, sich nach Schleswig-Holstein orientieren und die in diesem Bereich anfallenden staatlichen Einnahmen in Form von Konzessionsabgaben und Steuern einseitig in dieses Bundesland fließen?
- Wie bewertet die Landesregierung den Brief der EU-Kommission aus Brüssel, mit dem auf das Problem der fehlenden Kohärenz zwischen den Regelungen zu Sportwetten und zum Pokerspiel hingewiesen wird?
- Welche Initiativen will die Landesregierung ergreifen, um den Glücksspielstaatsvertrag EU‑konform zu gestalten und das Pokerspiel zu legalisieren sowie den Abfluss von Staatseinnahmen, die ihren Ursprung in Niedersachsen haben, nach Schleswig-Holstein zu unterbinden?
Die Regierungschefinnen und -chefs von 15 Ländern haben im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am 15. Dezember 2011 den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag unterzeichnet. Die Einleitung des Ratifizierungsverfahrens zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag wurde dabei unter den Vorbehalt einer abschließenden positiven Stellungnahme der EU-Kommission gestellt.
Die Stellungnahme der EU-Kommission ist den Ländern am 20. März 2012 zugegangen. Darin begrüßt die EU-Kommission die Änderungen am Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag grundsätzlich. Für eine abschließende Beurteilung verweist sie an einigen Stellen auf die angekündigte Evaluation (2-Jahresfrist), ohne die sie ihre Bedenken aus der Stellungnahme vom 18. Juli 2011 noch nicht ausgeräumt sieht.
Der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag soll am 1. Juli 2012 in Kraft treten. Bis zum 30. Juni 2012 müssen die Ratifikationsurkunden von mindestens 13 Ländern bei der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt hinterlegt sein. Andernfalls wird der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag gegenstandslos. Derzeit werden in allen 15 Vertragsländern Verfahren betrieben, um eine rechtzeitige Ratifizierung zu gewährleisten.
Zum niedersächsischen Ratifizierungsgesetz konnten die Betroffenen im Rahmen der Verbandsbeteiligung bis zum 08. Mai 2012 Stellung nehmen. Nach der Auswertung der Verbandsbeteiligung beabsichtigt die Landesregierung, den Gesetzesentwurf noch im Mai 2012 in den Landtag zu überweisen. Es bedarf der Beschlussfassung im Juniplenum 2012, um die Ratifikationsurkunden rechtzeitig nach Sachsen-Anhalt zu übersenden.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Regelungen in Schleswig-Holstein entfalten für Niedersachsen keine rechtliche Wirksamkeit. Die Gesetzgebungskompetenz des Schleswig-Holsteinischen Landtags beschränkt sich auf das Gebiet des Landes Schleswig-Holstein. Entsprechendes gilt grundsätzlich für die Verwaltungskompetenz. In Schleswig-Holstein erlaubte Glücksspiele sind in Niedersachsen ohne eine in Niedersachsen geltende Erlaubnis als unerlaubtes Glücksspiel zu untersagen.
Zu 2.:
Im Rahmen der Evaluation zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag sollen der EU-Kommission zu den noch offenen Fragen zu dem Sportwettenangebot und dem Verbot von Online-Casinospielen weitere Beurteilungsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden. Diese Abstimmung gilt es zunächst abzuwarten.
Zu 3.:
Soweit nach der ersten Evaluation des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags in zwei Jahren die Beurteilung der EU-Kommission Handlungsbedarf aufzeigt, werden sich die Vertragsländer dann über das weitere Vorgehen zu verständigen haben. Derzeit verbleibt es bei Pokerspielen trotz des zu verzeichnenden unregulierten Marktes im Internet wegen der hohen Manipulationsanfälligkeit, dem herausragenden Suchtpotential und der Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche bei der strengen Begrenzung des Angebots auf die vor Ort ansässigen Spielbanken. Nicht erlaubte Angebote im Internet sollen mit Nachdruck bekämpft werden, insbesondere auch durch Maßnahmen zur Unterbindung entsprechender Zahlungsströme.
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erstellt am:
22.06.2012