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Straßenbegleitgrün

Der Abgeordnete Frank Oesterhelweg (CDU) hatte gefragt:

Der Informationsdienst wolfenbüttelheute.de schreibt am 25.06.2013 unter der Überschrift „Wolfenbüttel: Grüne fordern mehr Bäume an Straßen“, dass sich die Fraktion Bündnis 90/DieGrünen im Stadtrat Wolfenbüttel solidarisch erkläre mit der Gruppe „Initiative Pro Baum 13“. Die entsprechende Initiative hatte ohne Absprache mit dem Grundeigentümer bzw. dem Straßenbaulastträger Laubbäume an einer Landesstraße gepflanzt. Diese nicht abgesprochenen bzw. nicht genehmigten Pflanzungen mussten rückgängig gemacht bzw. entfernt werden. Die Wolfenbütteler Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen solidarisierte sich mit der Initiative und erklärte sich „spontan bereit, sich an den angedrohten Kosten für die vorgenommene Entfernung der Neupflanzungen zu beteiligen und entsprechende Petitionen in Hannover einzureichen“.

Straßenbegleitgrün ist ökologisch wertvoll und landschaftspflegerisch von besonderer Bedeutung. Allerdings kann ein Baumbestand an bestimmten Unfallschwerpunkten die Folgen von Verkehrsunfällen wesentlich verschlimmern. Sachkundige Bürger weisen darauf hin, dass anstelle der im Laufe der Zeit einen starken Stamm entwickelnden Laubbäume auch Feldgehölze als Hecken gepflanzt werden könnten. Diese sind ökologisch und landschaftspflegerisch ebenso sinnvoll. Zudem bremst eine geeignete Bepflanzung von der Fahrbahn geratene Fahrzeuge sanft ab und kann dadurch sogar zu einer Abmilderung von Schäden beitragen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Wolfenbüttel und der „Initiative Pro Baum 13“, dass jeder ohne Anfrage und ohne Genehmigung auf öffentlichem Grund und Boden direkt an Kreis- oder Landesstraßen Bäume pflanzen darf?
  2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Mittel einer Ratsfraktion - hier der Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Wolfenbüttel - für eine Kostenbeteiligung an der vorgenommenen Entfernung der Neupflanzungen rechtlich korrekt eingesetzt werden?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung den Hinweis, dass an Unfallschwerpunkten anstelle einzelner und im Laufe der Zeit starke Stämme entwickelnder Laubbäume Hecken- und Feldgehölze angelegt werden könnten, um Unfallfolgen abzumildern?

Verkehrsminister Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 05.09.2013 wie folgt:

Straßenbegleitende Baum- und Strauchbestände gehören zum historischen und regionaltypischen Landschaftsbild Niedersachsens. Sie erfüllen verkehrstechnische, landschaftsgestalterische sowie landschaftsökologische Funktionen. Die Verkehrssicherheit darf allerdings durch ihren Erhaltungs- bzw. Pflegezustand sowie durch ihren Standort nicht beeinträchtigt werden.

Aus Gründen der Verkehrssicherheit hatte der Geschäftsbereich der niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr einige Bäume an der L 627 zwischen Schöppenstedt und Bansleben gefällt. Dies war Anlass für die Initiative „Pro Baum 13“ ohne Absprache mit dem Baulastträger Nachpflanzungen dort vorzunehmen, wo ursprünglich Bäume gestanden hatten. Daraufhin forderte die NLStBV die Initiative „Pro Baum 13“ auf, die von ihr initiierte Nachpflanzung auf eigene Kosten zu entfernen. Unterstützung erhielt „Pro Baum 13“ von der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ aus dem Rat der Stadt Wolfenbüttel.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:
Ohne Zustimmung des Straßenbaulastträgers ist die private Pflanzaktion der Initiative „Pro Baum 13“ rechtlich als Eingriff in fremdes Eigentum anzusehen und somit rechtswidrig.

Zu 2:
Nach § 57 Abs. 3 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes kann eine Kommune den Fraktionen und Gruppen der Vertretung Zuwendungen zu den Sach- und Personalkosten für die Geschäftsführung gewähren. Nach dem Gesetz gehören zu diesen Kosten auch Aufwendungen aus einer öffentlichen Darstellung der Auffassungen der Fraktionen und Gruppen in den Angelegenheiten der Kommune. Es ist in dem konkreten Fall nicht erforderlich zu überprüfen, ob von der Stadt Wolfenbüttel gewährte Fraktionszuwendungen zum Ausgleich der Kosten für die Entfernung von Neupflanzungen an einer Landesstraße eingesetzt werden dürfen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Wolfenbüttel hat auf Nachfrage erklärt, keine Fraktionszuwendungen für diesen Zweck einsetzen zu wollen.

Zu 3:
Nach §§ 13 ff BNatSchG sind erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vom Verursacher vorrangig zu vermeiden. Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch Ersatz in Geld zu kompensieren. Die Art der Gestaltung des Straßenbegleitgrüns ist nicht frei wählbar, sondern orientiert sich am Bestand bzw. am konkret vor Ort angetroffenen Landschaftsbild. Bei Maßnahmen im Bestand oder bei Neubaumaßnahmen als Ausgleich oder Ersatz für Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes ist in der Regel eine landschaftsgerechte Wiederherstellung oder Neugestaltung zu leisten und diese zu erhalten.

Unter Feldhecken und Feldgehölzen sind nach fachlicher Definition kleinflächige oder linienhafte Pflanzungen mehrreihigen und stufigen Aufbaus zu verstehen. Sie setzen sich aus Bäumen und Sträuchern verschiedener Arten zusammen. Die baumartigen Gehölze (z. B. Feldahorn, Vogelbeere, Hainbuche, Erle, Zitterpappel etc.) entwickeln sich ohne regelmäßiges Herunterschneiden oft auch zu beträchtlich starken Baumstämmen und wären dann ebenso als Hindernis für abirrende Fahrzeuge am Straßenrand wirksam. Ungeachtet dessen benötigen diese landschaftsgestaltenden Elemente erhebliche Grundflächen, die in der Regel im Bestandsstraßennetz nicht zur Verfügung stehen. Niedrigwachsende gestrüpp- bzw. buschartige Gehölze, z. B. Brombeergebüsche wie sie vielerorts an Wirtschaftswegen durchaus anzutreffen sind oder gärtnerisch gepflegte Schnitthecken erfüllen in der Regel die naturschutzrechtlichen Anforderungen im Rahmen der Eingriffsregelung nicht. Zudem würden durch solche Vegetationselemente Tiere an den Straßenrandbereich gelockt – dies trifft bei Baumpflanzungen nicht zu.

Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit von Fahrzeuginsassen können durchaus so gestaltet werden, dass auch dem Bestand von Alleen und damit verbunden dem Landschaftsbild Rechnung getragen wird. Eine Verpflichtung, Alleen bzw. Bäume generell zu fällen, um bestimmte Abstände von der Straße einzuhalten, besteht nicht. Die technischen Regelwerke in Verbindung mit den naturschutzrechtlichen Anforderungen erlauben durchaus flexible, ortsbezogene Lösungsmöglichkeiten. Das Entfernen der Bäume ist als letzte Möglichkeit anzusehen, aber nicht immer zu vermeiden. Die Beseitigung der Bäume kann ebenfalls einen Eingriff im Sinne § 14 BNatSchG darstellen, auch dann, wenn sie aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht erforderlich ist. Der Eingriff ist im Rahmen der Unterhaltungspflicht gem. § 3 FStrG / § 9 NStrG gerechtfertigt und muss entsprechend seiner Wertigkeit kompensiert werden. Die Entscheidungen über erforderliche Maßnahmen sind von der NLStBV (Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr) im Benehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde zu treffen. Nicht immer kann der Ersatz an Ort und Stelle erfolgen; die Funktion des Baumes für den Naturhaushalt ist aber auch ortsnah gegeben.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
27.09.2013
zuletzt aktualisiert am:
24.10.2013

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

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