VW-Krise: Größte Bewährungsprobe der Unternehmensgeschichte?
Plenum 15. Oktober 2015 - Mündliche Anfragen
Abgeordnete Björn Försterling, Gabriela König und Jörg Bode (FDP)
Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung
Vorbemerkung der Abgeordneten
Das Land Niedersachsen ist mit 59 Millionen Stammaktien Großaktionär bei VW und im Aufsichtsrat und im Präsidium des Aufsichtsrates dauerhaft vertreten. Während VW-Chef Müller von der größten Bewährungsprobe des Unternehmens spricht und der Kursverlust der Aktie aktuell über 40 Prozent (http://boersen.manager-magazin.de/mm/kurse_einzelkurs_uebersicht.htn?i=110067) beträgt, Millionen Kunden sich betrogen fühlen, 600 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sich Sorgen um ihre Zukunft machen, weltweite Rückrufaktion eingeleitet werden, in zahlreichen Staaten die Justiz Prüfungen eingeleitet hat, Klagen von Kunden und Kapitalgebern eingereicht werden und ein unüberschaubarer Imageverlust mit unabsehbaren Konsequenzen droht, erklärte Finanzminister Schneider bereits am 22. September 2015, dass der Kursrutsch der VW-Aktien praktisch ohne Auswirkungen für das Land sei (http://www.ad-hoc-news.de/hannover-niedersachsens-finanzminister-peter-juergen--/de/News/46019431). Inzwischen gibt das Unternehmen eine Gewinnwarnung heraus und macht milliardenschwere Rückstellungen, der Gesamtschaden durch Rückrufe, Reparaturen, Klagen und Strafzahlungen ist derzeit nicht zu beziffern. Die Preisentwicklung bei sogenannten Credit Default Swaps (CDS) für VW hat sich um mehr als 70 % verteuert, damit gilt VW als Pleitekandidat im DAX (http://boerse.ard.de/aktien/vw-aktie-im-dauerstress100.html). In ersten Werken von VW wird die Produktion zurückgefahren, Leiharbeiter werden nicht weiterbeschäftigt, Einstellungsstopps sind ausgerufen, und die betroffenen Kommunen haben Haushaltssperren verhängt (http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-09/vw-affaere-niedersachsen/seite-2). Währenddessen ruft Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsratsmitglied Lies mit der Botschaft „Keep calm and love VW“ auf seinem WhatsApp-Konto zur Bewahrung von Ruhe auf.
1. Wie schätzt die Landesregierung die finanziellen Auswirkungen der VW-Krise für das Land, für die jeweiligen Kommunen und die Wirtschaft in Niedersachsen ein?
Das Land Niedersachsen besitzt mittelbar über die HanBG 59.021.870 Stück Stammaktien der Volkswagen AG, davon sind 30.234.600 Stück Stammaktien mit Rechten der VolkswagenStiftung auf Zahlung einer Als-Ob-Dividende belastet. Die aktuellen Kursverluste haben keine direkten Auswirkungen auf die HanBG oder den Landeshaushalt, da ein Verkauf der Aktien derzeit nicht ansteht, so dass eine Realisierung der Verluste nicht erfolgt.
Bei einem Rückgang der Dividendenzahlungen wäre der Landeshaushalt mittelbar betroffen:
Die Einnahmen aus der Volkswagen-Dividende machen derzeit den wesentlichen Ertragsblock der HanBG aus. Sollte es im Jahr 2016 keine oder nur eine sehr niedrige Dividende geben, würde die HanBG unter Umständen ein negatives Ergebnis ausweisen. Zudem würden die Zahlungen an die VolkswagenStiftung, die sich aus den Dividendenzahlungen ergeben, entsprechend reduziert werden.
Insgesamt bestehen aber derzeit keine ernsthaften Risiken für den Landeshaushalt aufgrund der aktuellen Situation bei der Volkswagen AG.
2. Wird die VW-Krise Auswirkungen auf den kommunalen Finanzausgleich nach sich ziehen und, wenn ja, welche?
Die VW-Krise wird sich wohl auf die Steuereinnahmesituation des Landes auswirken. In welcher Form und in welcher Größenordnung dies erfolgt, ist nach aktuellem Stand nicht absehbar.
Insbesondere die Wirkungen aufgrund der – je nach Steuerart – unterschiedlichen Regelungen zur vertikalen und horizontalen Ertragshoheit und die Wirkungen im bundesstaatlichen Finanzausgleich sind derzeit nicht zu beziffern.
Gleiches gilt somit auch für die Auswirkungen auf den kommunalen Finanzausgleich. Sollte es zu einer Veränderung der Steuereinnahmen im Land Niedersachsen insgesamt kommen, partizipieren die Kommunen – wie sonst auch – über den kommunalen Finanzausgleich entsprechend. Zu der Frage, inwieweit einzelne Kommunen infolge der VW-Krise veränderte Gewerbesteuereinnahmen zu erwarten haben, liegen der Landesregierung aktuell keine Erkenntnisse vor.“
3. Plant die Landesregierung als Großaktionär Änderungen bei der Wahrnehmung und Betreuung ihrer Aufsichtsratstätigkeit bei VW und, wenn ja, welche?
Ministerpräsident Weil und Minister Lies nahmen und nehmen ihre Aufsichtsratstätigkeit sehr ernst und sehr intensiv wahr. Dies werden Sie auch weiterhin tun.