Welche Bedeutung hat das Tourismusgewerbe für Niedersachsen?
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.07.2012 - TOP 40. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU)
Der Abgeordneten Axel Miesner (CDU) hatte gefragt:
Nach einer aktuellen IHK-Saisonumfrage vom Juni 2012 rechnet die niedersächsische Tourismusbranche mit einem guten Sommergeschäft im laufenden Jahr. Aktuelle Zahlen der TourismusMarketing Niedersachsen belegen, dass Niedersachsen mit rund 40 Millionen Übernachtungen das beliebteste Reiseziel in Norddeutschland ist. Der Tourismusstandort Niedersachsen, welcher nach Branchenangaben mehr als 340 000 Beschäftigten Arbeit verschafft und für einen jährlichen Umsatz von 15 Milliarden Euro steht, profitiert dabei auch von der Vielfältigkeit niedersächsischer Regionen.
Von der touristischen Angebotspalette profitieren neben den Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben insbesondere die Dienstleistungsbranche und der Einzelhandel. Angesichts der aktuellen Prognosen für das Tourismusgeschäft in Niedersachsen kommen Investitionen in diesem Bereich Einheimischen und Urlaubern gleichermaßen zugute.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie entwickelten sich Urlauber-, Übernachtungs- und Umsatzzahlen der niedersächsischen Tourismusbranche zwischen 2003 und 2011?
- Welche bedeutenden touristischen Projekte förderte die Landesregierung im gleichen Zeitraum?
- Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Tourismusgewerbe in Niedersachsen in den kommenden Jahren zu?
Die niedersächsische Tourismusbranche konnte 2011 ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr verzeichnen. Landesweit wurde im vergangenen Jahr mit rd. 39,4 Mio. Übernachtungen sogar erstmalig das Ergebnis des Expo-Jahres 2000 übertroffen. Damit belegt Niedersachsen im Vergleich der Bundesländer weiterhin den vierten Platz hinter Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Der Incoming-Bereich, dass heißt Reisen aus dem Ausland nach Niedersachsen, konnte sein Wachstum fortsetzen. Die Zahl der Gäste aus dem Ausland stieg auf gut 1,4 Mio. (+5,2%), die Übernachtungen auf 3,4 Millionen (+8,5%). Getragen wird diese Entwicklung insbesondere durch die Quellmärkte Niederlande und Dänemark, die alleine ca. 41% des Gesamtmarktes ausmachen. Die niedersächsischen Städte konnten ebenfalls sowohl bei den Ankünften (+5,0%) als auch bei den Übernachtungen (+6,8%) deutlich zulegen.
Der bislang statistisch ausgewertete Zeitraum von Januar – April des Jahres 2012 zeigt mit 9.608.105 Übernachtungen für ganz Niedersachsen gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine Steigerungsrate von 5,4 %. Es gibt somit positive Signale für ein erfolgreiches Tourismusjahr 2012 in Niedersachsen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Jahr |
Ankünfte |
VÄ ggü. Vorjahr |
Übernachtungen |
VÄ ggü. Vorjahr |
2003 |
10.274.506 |
+ 0,9 % |
35.439.695 |
- 1,3 % |
2004 |
10.073.894 |
- 2,0 % |
34.489.435 |
- 2,7 % |
2005 |
10.220.762 |
+ 1,5% |
34.284.556 |
- 0,6 % |
2006 |
10.570.487 |
+ 3,4 % |
34.884.824 |
+ 1,8 % |
2007 |
10.933.441 |
+ 3,4 % |
35.883.807 |
+ 2,9 % |
2008 |
11.374.755 |
+ 4,0 % |
36.901.588 |
+ 2,9 % |
2009 |
11.599.516 |
+ 2,0 % |
37.591.201 |
+ 1,9 % |
2010 |
12.050.555 |
+ 3,9 % |
38.478.945 |
+ 2,4 % |
2011 |
12.484.865 |
+ 3,6 % |
39.430.803 |
+ 2,5 % |
Auf der Grundlage des § 3 des Beherbergungsstatistikgesetzes (Bundesgesetz), welches am 23.11.2011 novelliert wurde, sind Beherbergungsbetriebe mit mindestens 10 Betten (bis 31.12.2011 lag die Abschneidegrenze bei 9 Betten) verpflichtet, statistische Erhebungen durchzuführen. Erfasst werden müssen u.a. die Ankünfte und Übernachtungen von Gästen.
Unter Ankünften versteht man die Zahl der gemeldeten Gäste in einem Beherbergungsbetrieb innerhalb des Berichtszeitraums, die zum vorübergehenden Aufenthalt eine Schlafgelegenheit belegten. Das Erhebungsmerkmal Übernachtung erfasst die Zahl der Übernachtungen von Gästen, die im Berichtszeitraum in einem Beherbergungsbetrieb ankamen.
Nicht statistisch erfasst werden Urlauber- und Umsatzzahlen. Zu deren Quantifizierung müssten umfangreiche und kostenintensive Primärerhebungen vor Ort durchgeführt werden.
Kennzahlen zu wirtschaftlichen Effekten des Tourismus sind bislang nur unregelmäßig durch Studien erhoben worden. Die aktuellsten, in der Anfrage zitierten, Zahlen für das Reiseland Niedersachsen stammen aus der Studie „Touristische Entwicklungsstrategie Niedersachsen 2015“ der Deloitte&Touche GmbH und basieren auf der Datenbasis von 2009.
Um eine kontinuierliche Marktbeobachtung der wirtschaftlichen Effekte gewährleisten zu können, beteiligt sich die Tourismus Marketing Niedersachsen an dem Marktforschungsinstrument GfK/IMT DestinationMonitor. Zukünftig werden dadurch Kennzahlen zu Umsatzvolumen, Wertschöpfung und rechnerischem Beschäftigungsäquivalenz der Tourismusbranche für das Reiseland zur Verfügung stehen. Die ersten Ergebnisse der Datenerhebungen werden Ende 2012 erwartet.
Zu 2.:
Die Landesregierung hat mit der touristischen Infrastrukturförderung und der einzelbetrieblichen Beherbergungsförderung im Rahmen der jeweils geltenden Tourismusförderichtlinien ab 2003 die niedersächsischen Reiseregionen bei der Weiterentwicklung der touristischen Infrastruktur und der Schaffung neuer Angebote unterstützt. Die Förderung des Landes deckte dabei alle marktrelevanten Bereiche, wie den Natur- und Aktivtourismus, den Gesundheitstourismus, den Kulturtourismus und den Städtetourismus ab.
Beispielhaft können genannt werden:
- die Schaffung neuer, attraktiver Themenwelten in den Zoos Hannover („Yukon Bay“) und Osnabrück („Takamanda“),
- Investitionen in die Infrastruktur der niedersächsischen Kurorte und Heilbäder, wie die Schaffung neuer, innovativer Angebote im Bäderbereich wie das „bade:haus“ auf Norderney, die Jod-Sole Therme in Bad Bevensen, die Gesundheitstherme in Bad Rothenfelde oder die Kuranlagen Seepark-West in Dornum und der Kur- und Solepark in Bad Essen,
- die Stärkung der touristischen Vermarktung der UNESCO-Welterbestätten z.B. durch das neue Höhleninformationszentrum Bad Grund, den touristischen Ausbau der Klosters Walkenried und durch Investitionen in das Weltkulturerbe Rammelsberg,
- die Förderung der kulturtouristischen Netzwerkprojekte „Abenteuer Wirklichkeit“ und „Land der Entdeckungen“ in Ostfriesland,
- der weitere Ausbau des landesweiten touristischen Radwegnetzes (N-Netz) etwa durch Maßnahmen am Weserradweg oder am Europaradweg R 1/D-Route 3,
- die Entwicklung neuer attraktiver Premium-Wanderwege wie des Harzer Hexenstieg, des Weserberglandwanderweges und des Heidschnuckenweges in der Lüneburger Heide,
- der Ausbau des wassertouristischen Angebotes, beispielsweise durch die Förderung weiterer „Paddel & Pedal“ - Stationen in Ostfriesland.
- Übernahme eines von Stilllegung bedrohten Hotels in Northeim durch die Hardenberg Burghotel Hotelbetriebsgesellschaft mbH und Neuerrichtung des 4-Sterne-Hotels Freigeist
- Übernahme eines von Stilllegung bedrohten Hotels auf Norderney durch die Gebrüder Brune und Neuerrichtung des 3 –Sterne-Superior Hotels Insellofts
- Neuerrichtung eines 4-Sterne FerienresortsTorfhaus-Lodge in Altenau OT Torhaus durch die Torfhaus-Verwaltungs GmbH
Zu 3.:
Die Landesregierung sieht den Tourismus auch in den kommenden Jahren als einen zentralen Wirtschaftsfaktor für Niedersachsen an. Mit einem Beschäftigungsäquivalent von rund 340.000 Beschäftigten und einem Wertschöpfungsbeitrag von mehr als 15 Mrd. Euro besitzt der Tourismus für Niedersachsen eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Die Tourismusbranche ist ein wichtiger Treiber für Wachstum und Beschäftigung in der Dienstleistungswirtschaft und damit eine zentrale Säule der Politik der Landesregierung. Die mittelständisch geprägte Tourismusbranche leistet einen erheblichen Beitrag zum Erhalt und zur Schaffung von überwiegend standortgebundenen Arbeitsplätzen.
Die touristische Entwicklung in Niedersachsen weist seit 2005 einen ungebrochenen Wachstumstrend auf. Nach den Ergebnissen der GfK Konsumklimastudie für Juni 2012 entwickelt sich das Konsumklima in Deutschland trotz einer Verschärfung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter stabil. Die Grundvoraussetzungen für eine positive Entwicklung sind somit gegeben. Durch weitere Einflussfaktoren wie z.B. eine hohe Witterungsabhängigkeit vieler niedersächsischer Reisegebiete und den demographischen Wandel ergeben sich sowohl besondere Herausforderungen auf der Angebotsseite als auch zusätzliche Marktpotenziale.
Der immer größer werdende Wettbewerbsdruck auf nationaler und internationaler Ebene zwingt die Akteure in den Tourismusregionen des Landes, sich durch konsequente Kundenorientierung zu profilieren. Die Branche muss Produkte bieten, die sich den wandelnden Kundenwünschen anpassen. Gefragt sind fortlaufende Investitionen in Angebotsqualität und Service. Bei den erforderlichen Investitionen unterstützen wir die Unternehmen und die Kommunen mit den Instrumenten unserer Tourismusförderung. Allein seit 2007 haben wir 133 Förderprojekte zur Aufwertung der touristischen Infrastruktur und zur Schaffung neuer touristischer Kernanziehungspunkte umgesetzt. Mit einem Zuschussvolumen von rd. 109 Mio. Euro (finanziert aus Mitteln des EFRE, der GRW und Wirtschaftsförderfonds) wird ein Investitionsvolumen von rd. 244 Mio. Euro ausgelöst. Im gleichen Zeitraum wurden unter Anwendung der Kriterien für einzelbetriebliche Vorhaben des Beherbergungsgewerbes insgesamt 70 Vorhaben mit einem Gesamtzuschussvolumen von rd. 42 Mio. Euro gefördert. Dadurch werden Gesamtinvestitionen in Höhe von rd. 208 Mio. Euro ausgelöst und insgesamt 641 Dauerarbeitsplätze, davon 187 Ausbildungsplätze, geschaffen. Vor dem Hintergrund dieser großen Anstrengungen sehen wir das Reiseland Niedersachsen als gut gerüstet für den touristischen Wettbewerb an.
Artikel-Informationen
erstellt am:
20.07.2012