Welche wirtschaftliche Entwicklung verzeichnete Niedersachsen unter der schwarz-gelben Landesregierung?
Der Abgeordnete Dirk Toepffer (CDU) hatte gefragt:
Die IHK-Konjunkturumfrage für Niedersachsen aus dem April 2012 belegt eine hohe Zufriedenheit sowie eine gute Auftragslage in vielen Wirtschaftsbranchen. Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sich aus der Geschäftslage und den Erwartungen der befragten Unternehmen zusammensetzt, ist erstmals seit rund einem Jahr wieder gestiegen und befindet sich damit auf dem Niveau des Aufschwungs der Jahre 2006 und 2007. Ende des 1. Quartals 2012 beurteilen über 90 % der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder zumindest befriedigend. Auch die Konjunkturklimaindizes des niedersächsischen Handwerks und des NIHK konnten in den vergangenen Monaten mit konstant hohen Werten aufwarten.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
- Wie stark ist das niedersächsische Bruttoinlandsprodukt zwischen 2003 und 2011 gewachsen?
- Wie stark wuchs das niedersächsische BIP zwischen 1994 und 2002?
- Wie viele Unternehmen wurden zwischen 2003 und 2011 in Niedersachsen neu gegründet?
- Wie viele Unternehmensgründungen gab es zwischen 1994 und 2002?
- Wie hat sich die Zahl der Selbstständigen seit dem Jahr 2003 entwickelt?
- Wie entwickelte sich die Zahl der Selbstständigen in Niedersachsen zwischen 1994 und 2012?
- Wie hat sich die niedersächsische Exportquote seit dem Jahr 2003 entwickelt?
- Wie entwickelte sich die Exportquote von 1994 bis 2002?
- Welche Entwicklung nahm die Beschäftigtenzahl im niedersächsischen Handwerk zwischen 2003 und 2011?
- Wie sah die Entwicklung zwischen 1994 und 2002 aus?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 20.06.2012 wie folgt:
Die niedersächsische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren sehr erfreulich entwickelt.
Das niedersächsische Bruttoinlandsprodukt ist trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 bereits in den acht Jahren zwischen 2003 und 2010 um 27 Prozent stärker gewachsen als in den neun Jahren zuvor. 2011 lag das Wachstum des niedersächsischen Bruttoinlandsproduktes mit preisbereinigten 3,2 Prozent sogar oberhalb der deutschlandweiten Wachstumsrate von 3,0 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit fast 20 Jahren. Auch der Außenhandel entwickelte sich positiv. Die Exportquote lag 2010 um 11 Prozent höher als noch 2003.
Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Eine verkettete Darstellung des Zeitraums 2003 bis 2011 wird voraussichtlich erst ab September 2012 verfügbar sein. Die unrevidierte Zeitreihe ergibt ein preisbereinigtes Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 2003 bis einschließlich 2010 von 8,9 Prozent. Das bereits revidierte preisbereinigte Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 2011 gegenüber 2010 beträgt 3,2 Prozent. Revisionsbedingt sind diese Zeitreihen nur sehr eingeschränkt zu vergleichen, jedoch auf keinen Fall zu verketten.
Zu 2.:
Die unrevidierte Zeitreihe zeigt ein preisbereinigtes Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 1994 bis einschließlich 2002 in Höhe von 7,0 Prozent. Damit ist die niedersächsische Wirtschaft in diesen Jahren insgesamt um 27 Prozent weniger gewachsen als während der acht Jahre danach. Das Wirtschaftswachstum der einzelnen Jahre von 1994 bis 2010 ist in der folgenden Tabelle dargestellt:
Tabelle 1: Bruttoinlandsprodukt, preisbereinigt, verkettet, 1994-2010
Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %
Jahr |
Niedersachsen |
alte Bundesländer |
neue Bundesländer |
Deutschland |
1994 |
2,1 |
1,7 |
8,8 |
2,7 |
1995 |
- 0,4 |
1,3 |
5,1 |
1,9 |
1996 |
0,3 |
0,9 |
1,6 |
1,0 |
1997 |
1,7 |
2,0 |
0,9 |
1,8 |
1998 |
2,5 |
2,3 |
0,5 |
2,0 |
1999 |
1,4 |
2,0 |
1,9 |
2,0 |
2000 |
2,8 |
3,5 |
1,4 |
3,2 |
2001 |
- 0,7 |
1,4 |
0,4 |
1,2 |
2002 |
- 0,7 |
- 0,1 |
0,5 |
0,0 |
2003 |
0,2 |
- 0,3 |
0,0 |
- 0,2 |
2004 |
1,2 |
1,3 |
0,8 |
1,2 |
2005 |
2,2 |
0,8 |
0,6 |
0,8 |
2006 |
3,1 |
3,3 |
3,5 |
3,4 |
2007 |
2,0 |
2,7 |
2,5 |
2,7 |
2008 |
1,3 |
1,0 |
1,1 |
1,0 |
2009 |
- 4,4 |
- 5,1 |
- 2,6 |
- 4,7 |
2010 |
3,4 |
3,9 |
2,2 |
3,6 |
Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder
Zu 3.:
Die Ermittlung von verlässlichen Zahlen im Gründungsbereich ist durch verschiedene Datenquellen und unterschiedliche Ausgangsdatenlagen differenziert zu sehen. Im Folgenden werden für die Entwicklung auf Bundesebene die Erhebungen des Institutes für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) herangezogen, die ihrerseits auf Meldungen der einzelnen Bundesländer basieren. Für die Entwicklung in Niedersachsen werden die Daten des Nds. Landesbetriebs für Statistik und Kommunikationstechnologie (LSKN) zu Grunde gelegt.
In den Jahren 2003 bis 2011 erfolgten in Niedersachsen 674.492 Gewerbeanmeldungen. Diese Zahlen umfassen allerdings auch sogenannte "unechte" Gewerbeanmeldungen wie u. a. die Ummeldung oder den Zuzug eines bereits bestehenden Betriebes oder die Gründung einer unselbständigen Zweitniederlassung. Hierum bereinigt gab es in diesem Zeitraum insgesamt 341.570 echte Neugründungen. Seit 2008 stagniert die Anzahl der Existenzgründungen in Niedersachsen auf einem nur wenig veränderten Niveau, folgt hierbei aber dem Bundestrend. Die Entwicklung für Niedersachsen in den einzelnen Jahren kann der folgenden Tabelle entnommen werden.
Tabelle 2: Gewerbeanmeldungen/Existenzgründungen 2003 -2011
Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %
Jahr |
GA |
prozentual |
hiervon Neugrüdungen |
prozentual |
2003 |
72.099 |
43.919 |
||
2004 |
84.472 |
17,1 |
49.978 |
13,8 |
2005 |
77.461 |
- 8,3 |
42.121 |
- 15,7 |
2006 |
76.736 |
- 0,9 |
38.938 |
- 7,6 |
2007 |
73.703 |
- 4,0 |
35.332 |
- 9,3 |
2008 |
70.636 |
- 4,2 |
32.588 |
- 7, 8 |
2009 |
74.910 |
6,1 |
33.455 |
2,7 |
2010 |
74.805 |
- 0,1 |
32.887 |
- 1,7 |
2011 |
69.670 |
-6,9 |
32.352 |
- 1,6 |
Gesamt |
674.492 |
341.570 |
Quelle: LSKN/IfM Bonn
Zu 4.:
Laut Aussage des LSKN liegen belastbare Daten für die Jahre 1994 und 1995 kurzfristig nicht vor, da hierfür umfangreiche Sonderprogrammierungen erforderlich sind. In den Jahren 1996 bis 2002 erfolgten in Niedersachsen nach Erhebungen des LSKN 446.029 Gewerbeanmeldungen. Hierunter waren 279.638 echte Neugründungen.
Die Zahlen schlüsseln sich wie folgt auf:
Tabelle 3: Gewerbeanmeldungen/Existenzgründungen 1996-2002
Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %
Jahr |
GA |
prozentual |
hiervon Neugründungen |
prozentual |
1996 |
60.581 |
38.414 |
||
1997 |
62.315 |
2,8 |
39.048 |
1,7 |
1998 |
66.750 |
7,1 |
41.759 |
6,9 |
1999 |
67.437 |
1,0 |
42.551 |
1,9 |
2000 |
64.700 |
- 4,1 |
40.544 |
- 4,7 |
2001 |
62.214 |
- 3,8 |
38.786 |
- 4,3 |
2002 |
62.032 |
- 0,3 |
38.536 |
- 0,6 |
Gesamt |
446.029 |
279.638 |
Quelle: LSKN/IfM Bonn
Zu 5.:
Nach Aussage des LSKN liegt eine revidierte Zeitreihe für eine belastbare Aussage zu der Zahl der Selbstständigen nur für den Zeitraum von 2008 bis 2011 vor. Danach hat sich die Zahl der Selbstständigen und Mithelfenden Familienangehörigen von 2008 bis 2011 um 0,9 Prozent erhöht. Ab dem 28.06.2012 soll die gewünschte Zeitreihe verfügbar sein. Daneben liegt aus vormaligen Berechnungen eine unrevidierte Zeitreihe von 2003 bis 2010 vor. Danach stieg die Zahl der Selbstständigen und Mithelfenden Familienangehörigen von 2003 bis 2010 um 5,6 Prozent. Revisionsbedingt sind diese Zeitreihen jedoch nur sehr eingeschränkt zu vergleichen.
Zu 6.:
Für den Zeitraum von 1994 bis 2012 liegt ebenfalls nur die unrevidierte Zeitreihe bis 2010 vor. Danach stieg die Zahl der Selbstständigen und Mithelfenden Familienangehörigen von 1994 bis 2010 um 10,3 Prozent.
Im Vergleichszeitraum von 1994 bis 2002 stieg die Zahl der Selbstständigen und Mithelfenden Familienangehörigen um 2,4 Prozent.
Zu 7:
2003 betrug die Exportquote 21,2 Prozent der Lieferungen und Leistungen. Bis zum aktuellsten Wert des Jahres 2010 stieg die Exportquote um 11 Prozent auf 23,6 Prozent der Lieferungen und Leistungen. Ihren bisherigen Höhepunkt erreichte die Exportquote im Boomjahr 2007 mit 24,8 Prozent. Der folgende Rückgang ist auf den weltwirtschaftlichen Einbruch infolge der Immobilien- und Finanzkrise der USA zurück zu führen.
Zu 8.:
Vergleichbare Daten zur Exportquote stehen nach Auskunft des Landesbetriebs für Statistik und Kommunikationstechnologie für Niedersachsen erst ab dem Jahr 2000 zur Verfügung. Im Jahr 2000 betrug die niedersächsische Exportquote 19,6 Prozent der Lieferungen und Leistungen. Bis zum Jahr 2002 stieg die Exportquote um knapp fünf Prozent auf 20,7 Prozent der Lieferungen und Leistungen.
Die verfügbare Zeitreihe ist in folgender Tabelle dargestellt:
Tabelle 4: Lieferungen und Leistungen, Niedersachsen, 2000-2010
Steuerjahr |
Lieferungen |
darunter |
Anteil der Exporte insgesamt an den Lieferungen und Leistungen insgesamt in % |
|||
Exporte |
Exporte in |
Exporte in |
||||
EF71 |
EF28+29+30 |
EF28+29 |
EF30 |
|||
2000 |
356 300 514 |
70 002 897 |
35 550 980 |
34 451 917 |
19,6 |
|
2001 |
371 713 304 |
75 295 983 |
37 901 979 |
37 394 004 |
20,3 |
|
2002 |
372 022 155 |
77 109 311 |
38 403 610 |
38 705 701 |
20,7 |
|
2003 |
378 467 103 |
80 070 847 |
38 309 420 |
41 761 427 |
21,2 |
|
2004 |
391 422 831 |
86 120 957 |
51 004 548 |
35 116 409 |
22,0 |
|
2005 |
403 528 802 |
94 275 109 |
55 370 717 |
38 904 392 |
23,4 |
|
2006 |
431 604 345 |
101 617 715 |
61 451 812 |
40 165 903 |
23,5 |
|
2007 |
453 812 672 |
112 575 944 |
69 203 311 |
43 372 633 |
24,8 |
|
2008 |
481 307 879 |
117 336 262 |
70 393 607 |
46 942 655 |
24,4 |
|
2009 |
427 211 016 |
90 059 985 |
52 803 514 |
37 256 471 |
21,1 |
|
2010 |
455 688 373 |
107 557 038 |
59 281 381 |
48 275 657 |
23,6 |
Quelle: LSKN 2012
Zu 9. und 10.:
Eine Erhebung der Beschäftigtenzahl im Handwerk gibt es bundes- und niedersachsenweit nicht. Hilfsweise kann auf die statistische Erfassung der im Handwerk tätigen Personen (einschließlich der Selbständigen, der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und geringfügig Beschäftigten) zurückgegriffen werden.
Die derzeit aktuellste, verfügbare Handwerkszählung stammt aus dem Jahr 2008, die vorige aus dem Jahr 1995. Dazwischen liegen nur Indexzahlen auf der Basis von Stichprobenerhebungen vor, die die tatsächliche Entwicklung jedoch nicht zuverlässig abbilden. So lag die tatsächliche Zahl der im Handwerk tätigen Personen im Jahr 2008 deutlich höher als bis dahin auf Indexbasis geschätzt.
Die Handwerkszählung 2008 basiert auf dem Unternehmensregister, das auf Daten basiert, die von den statistischen Ämtern, von den Handwerkskammern, der Bundesagentur für Arbeit und den Finanzämtern zugeliefert werden. Dabei werden nur die zulassungspflichtigen Handwerke (Anlage A der Handwerksordnung) und die zulassungsfreien Handwerke (Anlage B1 der Handwerksordnung) erfasst. Das handwerksähnliche Gewerbe (Anlage B2 der Handwerksordnung) und die handwerklichen Nebenbetriebe werden nicht erfasst. Im Gegensatz zu den frühren Handwerkszählungen sind Handwerksunternehmen mit weniger als 17.500 Euro Jahresumsatz (aktuelle Grenze für die Umsatzsteuerpflicht) ebenfalls nicht erfasst. Deshalb sind die Daten der Handwerkszählung von 2008 mit früheren Daten nicht direkt vergleichbar.
Laut Handwerkszählung 1995 gab es im Jahr 1995 in Niedersachsen 528.664 im Handwerk tätige Personen. Bei der Handwerkszählung 2008 wurden 468.741 tätige Personen im Handwerk gezählt. Dies entspricht einem Rückgang um rund 12 Prozent. Auch die vierteljährlichen Erhebungen der Beschäftigtenzahl im Handwerk auf Stichprobenbasis zeigen für diese Zeit einen kontinuierlichen Rückgang der Beschäftigtenzahl sowie seit 2009 wieder einen leichten Beschäftigungsanstieg.
Die Handwerkszählung auf Verwaltungsdatenbasis wird inzwischen jährlich durchgeführt, die Ergebnisse liegen allerdings nur mit erheblicher Zeitverzögerung vor. Das Ergebnis der Handwerkszählung 2009 wird für Juli 2012 erwartet.
Artikel-Informationen
erstellt am:
20.07.2012