Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen klar Logo

Welche Zukunft hat der Moorexpress?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.06.2014 - TOP 31. Antwort vom Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU)


Der Abgeordnete Axel Miesner (CDU) hatte gefragt:

Das Projekt „Reaktivierung von Bahnstrecken“ hat im Landkreis Osterholz und hier vor allem in der Kreisstadt Osterholz-Scharmbeck und in der Gemeinde Worpswede Hoffnungen auf die Reaktivierung der Strecke zwischen den Hansestädten Bremen und Stade geweckt. Die drei Mittelzentren Stade, Bremervörde und Osterholz-Scharmbeck sollten mit dem Oberzentrum Bremen mit einem attraktiven und umsteigefreien SPNV-Angebot verbunden werden. Der Kreistag des Landkreises Osterholz hat sich zuletzt mit einer einstimmig beschlossenen Resolution am 12. März 2014 für die Reaktivierung eingesetzt.

Nun stellt sich heraus, dass die Strecke Bremervörde–Osterholz-Scharmbeck auf Platz 24 und die Strecke Stade–Osterholz-Scharmbeck auf Platz 25 von insgesamt 28 Plätzen rangiert, obwohl die Strecken vor Ort parteiübergreifend gefordert wurden.

In der von der CDU-Landtagsfraktion beantragten Unterrichtung über das Reaktivierungsverfahren im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wurde dem Ausschuss in öffentlicher Sitzung am 9. Mai 2014 auf Nachfrage jedoch mitgeteilt, dass für die Platzierung im „Ranking“ die Anbindung der Strecke an den Hauptbahnhof im Oberzentrum Bremen nicht berücksichtigt wurde.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Warum wurde nicht die gesamte Moorexpress-Strecke von Bremen bis Stade bei der Untersuchung berücksichtigt?
  2. Welche Maßnahmen werden erfolgen, um die Strecke auch zukünftig für touristische Bahnverkehre mit dem Moorexpress zu nutzen?
  3. Wird es eine sogenannte „zweite Runde“ geben, die - mit neuen Kriterien versehen - zu neuen Ergebnissen führt, und, wenn ja, wann beginnt diese?

Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Bei der oftmals als „Moorexpress“ bezeichneten Strecke handelt es sich um die Strecken Bremervörde – Osterholz-Scharmbeck und Bremervörde – Hesedorf – Stade der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe Weser GmbH (EVB). Das unter der Markenbezeichnung „Moorexpress“ bekannte touristische Verkehrsangebot befährt beide Stre­cken.

Die Relation Stade – Bremervörde – Osterholz-Scharmbeck konnte in der zweiten Stufe der Reaktivierungsuntersuchung mit 3,40 Punkten nur Rangstufe 25 von 28 untersuchten Strecken erreichen. Hauptursache hierfür ist das für ein stündliches Angebot im Schienenpersonennah­verkehr zu geringe Verkehrspotential entlang der Strecke. Selbst unter günstigsten Annahmen reichte die prognostizierte Nachfrage nicht aus, um die Verbindung auf einer günstigeren Rangstufe zu positionieren. Unter diesen Prämissen ist die Wiederaufnahme des Schienenper­sonnahverkehrs auf diesen Strecken nicht zu rechtfertigen. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachen mbH hat in Abstimmung mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr das Ergebnis der Nutzwertanalyse Vertretern des Verkehrsclub Deutschland e.V., des Fahrgastverbandes ProBahn e.V. sowie des Sozialverband Deutschland e.V. erläutert. Diese haben das Ergebnis der Untersuchung im Grundsatz akzeptiert.

Über den Fortbestand und den Nutzen eines touristischen Verkehrs auf den genannten Stre­cken wurden im Rahmen der Untersuchung keine Aussagen getroffen. Allerdings darf aus der dem Vernehmen nach guten Auslastung des Touristikangebots „Moorexpress“ nicht der Rückschluss gezogen werden, dass dieses Nachfragepotenzial ein reguläres Schie­nenpersonennahverkehrsangebot tragen könnte. Vielmehr ist dieses touristische Saisonange­bot auf die speziellen Bedürfnisse der angesprochenen Zielgruppen ausgerichtet und entspricht weder in Quantität noch in Qualität den Anforderungen eines modernen Personennahverkehrs.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Da es sich um zwei Strecken handelt, wurden diese in der Streckenliste auch jeweils gesondert genannt. Allerdings enthält die Aufstellung der in der zweiten Untersuchungsstufe zu untersuchenden Strecken den Hinweis, dass die Strecke Bremervörde – Hesedorf – Stade in Zusammenhang mit der Strecke Bremervörde – Osterholz-Scharmbeck betrachtet wird. In der zweiten Stufe der Untersuchung – der sog. Nutzwertanalyse – wurde der gesamte Streckenzug zwi­schen Stade über Bremervörde und Osterholz-Scharmbeck mit Weiterführung der Verkehre nach Bremen untersucht. Dies ist auch der veröffentlichten Rangliste zu entnehmen. Dort wird die Gesamtstrecke auf Rangstufe 25 aufge­listet.

Alternativ wurde jedoch auch die alleinige Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs zwischen Bremervörde und Osterholz-Scharmbeck ebenfalls mit Weiterführung der Verkehre nach Bremen bewertet. Im Hinblick auf die Verkehrsbeziehun­gen zwischen Bremervörde und dem Ballungsraum Bremen bestand die Möglichkeit, dass die isolierte Bewertung dieser Verbindung ein günstigeres Ergebnis erbringt, als die Untersuchung der Gesamtstrecke zwischen Stade über Bremervörde und Osterholz-Scharmbeck nach Bremen. Aber selbst diese Betrach­tung führte aufgrund des anzunehmenden Nachfragepotenzials nicht zu einem wesentlichen günstigeren Ergebnis.

Zu 2.:
Die vom „Moorexpress“ befahrenen Strecken werden auch vom Schienengüterverkehr genutzt. Die EVB hat daher in der Vergangenheit mit finanzieller Hilfe des Landes Investitio­nen in den Erhalt der Anlagen getätigt. Aus Sicht der Landesregierung spricht nichts dagegen, wenn das touristische Angebot des „Moorexpress“ davon profitieren kann. Im Übrigen liegt die Entscheidung über die Fortführung dieses Angebots bei der EVB als dem durchführenden Eisenbahnverkehrsunternehmen und den regionalen Akteuren der Tourismuswirtschaft, die dieses gemeinsam planen, abwickeln und finanzieren. Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass aktuell die Einstellung dieses touristischen Angebots diskutiert wird.

Zu 3.:
Vorrangig gilt es, die laufende Reaktivierungsuntersuchung abzuschließen und die sich daraus ergebenden Erkenntnisse umzusetzen. Erst nach deren Abschluss ist ein weiteres Untersuchungsverfahren sinnvoll und zielführend. Die angewandten Bewertungskriterien wurden in einem transparenten und offenen Verfahren mit den maßgeblichen Akteuren, zu denen auch Vertreter aller niedersächsischen Landtagsfraktionen gehörten, erarbeitet. Sie wurden allgemein als geeignet angesehen, die Sinnhaftigkeit einer Wiederaufnahme des Schienenpersonennahverkehrs zu untersuchen. Es wäre daher wenig sinnvoll, die vorgenommene Bewertung mit anderen Kriterien erneut durchzuführen.

Um jedoch die Option für eine mögliche Reaktivierung des Schienenpersonennahverkehrs zu erhalten und im Hinblick auf eine touristische Nutzung sowie für die mögliche künftige Bedeutung im Schienengüterverkehr, sollte versucht werden, die untersuchten und derzeit im Schienengüterverkehr genutzten Strecken vor einer etwaigen Stilllegung zu bewahren. Den damit verbundenen Verlust an ggf. künftig bedeutsamen Strecken gilt es im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten vielmehr zu vermeiden. Die Landesregierung hat die vor Ort politisch Verantwortlichen daher ausdrücklich ermuntert, sich auch bei den nun nicht mehr im Verfahren betrachteten Strecken für den Erhalt des jetzigen Zustandes der Gleise einzusetzen und diese so für die Zukunft zu sichern. Die Landesregierung leistet ihren Beitrag dazu. Sie setzt sich weiterhin mit eigenen Finanzmitteln dafür ein, dass notwendige Bestandsinvestitionen an diesen Strecken durchgeführt werden können. Außerdem finanziert die Landesregierung die Eigenanteile der nichtbundeseigenen Eisenbahnen für die Bundesförderung von Schienengüterverkehrsstrecken nach dem Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetz mit. Mit diesen Finanzierungsinstrumenten leistet sie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der bestehenden Eisenbahninfrastruktur in Niedersachsen. Andere Bundesländer sind diesem Beispiel bisher noch nicht gefolgt.

Logo Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.06.2014

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln