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Welchen Stellenwert hat die Luft- und Raumfahrtindustrie in Niedersachsen?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.07.2012 - TOP 40. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU)


Der Abgeordnete Axel Miesner (CDU) hatte gefragt:

„Niedersachsen ist ein international beachteter Luft- und Raumfahrtstandort“, so die Aussage von Wirtschaftsstaatssekretär Dr. Oliver Liersch anlässlich der Luftfahrtmesse AERO in Friedrichshafen vom 25. April 2012. Die Luft- und Raumfahrtindustrie, die von vielen Experten als „Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet wird, umfasst mit den Bereichen Elektronik, Robotik, Mess-, Steuer-, Werkstoff- und Regeltechniken nahezu alle Hochtechnologien des Informationszeitalters. In den letzten Jahren steigerte die Luft- und Raumfahrtbranche in Deutschland ihren Jahresumsatz und schaffte neue und qualifizierte Arbeitsplätze.

Auch in Niedersachsen beschäftigen sich zahlreiche Institutionen und Unternehmen mit den Themen der Luft- und Raumfahrt. Zu nennen wäre hier beispielsweise die Firma Airbus in Stade und Buxtehude, Premium AEROTEC in Nordenham, das CFK-Valley in Stade sowie die Technologiezentren in Nordenham und Varel, der Forschungsflughafen Braunschweig oder das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau. Experten sind sich einig, dass die Luft- und Raumfahrtindustrie ein wichtiger Technologie- und Wachstumstreiber für die Zukunft sein wird. Insgesamt sind in Niedersachsen mehr als 30 000 Menschen in der Luft- und Raumfahrtindustrie tätig.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der Luft- und Raumfahrtindustrie in Niedersachsen bei?
  2. Welche wichtigen Projekte hat die Landesregierung seit 2003 finanziell unterstützt, und wie viele, Arbeitsplätze und Unternehmen wurden seitdem geschaffen?
  3. Welche Schritte plant die Landesregierung, um die Bedeutung der Luft- und Raumfahrtbranche für Niedersachsen zu erhalten bzw. weiter zu steigern?

Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Niedersachsen ist einer der wenigen Luftfahrtstandorte in Europa, die die gesamte Wertschöpfungskette von der Planung bis zum Bau von Flugzeugen abbildet. Die niedersächsische Luftfahrtindustrie ist geprägt durch einen starken Fokus auf Airbus und seine Zulieferkette. Zahlreiche, meist mittelständische Unternehmen, sind in der Zulieferkette für die Airbus-Werke und die in 2008 gegründete Premium Aerotec aktiv. Ein räumlicher Schwerpunkt liegt im Norden Niedersachsens, im Umfeld der Airbus-Werke in Hamburg, Stade, Buxtehude und Bremen sowie der Premium Aerotec Werke in Varel, Nordenham und Bremen. Weiterer Schwerpunkt ist der Forschungsflughafen Braunschweig mit verschiedenen Bundesanstalten, dem DLR, der TU und einer Reihe mittelständischer Firmen.

Die LuR-Industrie in Niedersachsen steht einer ganzen Reihe von Herausforderungen gegenüber, die es zu meistern gilt. Es sind vorrangig:

  • Personalknappheit - insbesondere an Peripheren-Standorten (z.B. Varel) bei gleichzeitig steigenden Personalkosten
  • zunehmender Automatisierungsdruck in der Fertigung,
  • die Verteuerung von Rohstoffen und Energie,
  • die steigende Bedeutung von Recycling als wichtiger Faktor der Ressourcengewinnung.

Die Ursache liegt im globalen Konkurrenz- und Innovationsdruck, der verstärkt wird durch neue Wettbewerber (z.B. China, Russland).

Dies führt zu Umstrukturierungen der Zulieferketten und ist daher zurzeit ein wesentlicher Treiber in der LuR-Industrie. Es bedeutet die Reduzierung bzw. Konzentration von Lieferanten (v.a. KMU) und damit die verstärkte Auslagerung von Prozessen und Risiken an Zulieferer seitens der großen Flugzeugbauer.

Ein Schlüsselthema sind für die betroffenen Unternehmen die notwendigen technologische Neuentwicklungen (Innovationen), insbesondere auf den Feldern: Einsatz neuer Materialien (z.B. CFK, Titan), Entwicklung neuer Antriebe (BioFuel, Triebwerkskonzepte) und dem Air Traffic Management, neue Anflugverfahren (z.B. GBAS).

Im Bereich der Leichtbauwerkstoffe, allen voran CFK, ist Niedersachsen allein durch das Excellenzzentrum Stade sowie dem Technologiezentrum Nordenham hervorragend aufgestellt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Die Luft- und Raumfahrtindustrie (LuR-Industrie) ist eine Schlüsselbranche für den Hochtechnologiestandort Niedersachsen. Als Treiber für Innovationen und Motor der Globalisierung ist die LuR-Industrie durch internationale Wertschöpfungsketten und eine hohe F&E-Investitionsrate (ca. 15% des Umsatzes) gekennzeichnet.

Neben der zivilen Luftfahrt hat die militärische Luftfahrt für Niedersachsen ebenfalls eine große Bedeutung. Im Luftfahrtbereich ist Niedersachsen einer der wichtigsten Standorte der Bundeswehr in Deutschland. Mit weit über 14.000 luftfahrt-affinen Dienstposten bei der Marine, der Luftwaffe und den Heeresfliegern ist die Bundeswehr der wichtigste Arbeitgeber der Branche in Niedersachsen.

Zu 2.:
Seit 2003 hat die Landesregierung erhebliche Mittel in Infrastruktur- sowie Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten investiert.

Am Forschungsflughafen Braunschweig ist durch den Ausbau des AVIONIK Clusters die bis dato erfolgreiche Strategie verstetigt worden. Hier gab es Ansiedelungen von KMUs, teilweise als Ausgründungen aus den vor Ort aktiven Forschungseinrichtungen wie der TU Braunschweig und dem DLR.

Seit 2008 existiert ein Sonderprogramm für die Luft- und Raumfahrt in einem Umfang von rd. 130 Mio. EUR. Mit Hilfe dieses Programms sind Technologiezentren in Stade, Nordenham und Varel entstanden, die den oben unter 1. geschilderten Herausforderungen begegnen. Hier können Zulieferer in Forschungspartnerschaften die Technologien entwickeln, die sie im Wettbewerb stärken und fit machen für die Zukunft. Auch die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften findet hier in neuer Qualität statt.

Im CFK Valley in Stade ist ein Kraftzentrum gebildet worden, das im Bereich Leichtbauwerkstoffe von der Facharbeiterausbildung über Studiengänge, von der Erforschung von Produktionsprozessen bis hin zum Recycling die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich des CFK abbildet.

Die genaue Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze lässt sich allein aufgrund der Maßnahmen des Landes Niedersachsen nicht exakt ermitteln. Jedoch kann festgehalten werden, dass allein in den neu errichteten Technologiezentren Stade, Nordenham und Varel, seit 2010 über 200 hochwertige, wissenschaftliche Arbeitsplätze geschaffen worden sind.

Zu 3.:
Forschung und Industrie, vor allem aber die kleinen und mittelständischen Entwicklungspartner, benötigen im schwierigen internationalen Wettbewerbsumfeld weitere Unterstützung bei der Forschung und Entwicklung der identifizierten Technologiefelder. AIRBUS erwartet Engagement und Eigenbeteiligung seiner Zulieferer. Dies ist für die Zulieferer angesichts der Forschungsrisiken oftmals nicht darstellbar, daher muss bei der Förderung von F+E-Aktivitäten die Zielrichtung auf den mittelständischen Zulieferern liegen. Nach der Sicherung der Produktionsstandorte ist nun die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Zuliefererstruktur von hoher Bedeutung.

Hierzu gehört auch die Förderung von Querschnittstechnologien, die den Anwendungstransfer von der Luftfahrtindustrie in andere Industriebereiche gewährleisten, sei es Windkraft, Maritime Wirtschaft oder der Automobilbau.

Die Raumfahrtindustrie ist in Niedersachsen noch nicht besonders ausgeprägt, Schwerpunkte existieren jedoch in einer sehr wettbewerbsfähigen und international gut vernetzten Forschungslandschaft. Es gibt aber gute Ansätze, das Raumfahrtthema stärker in Niedersachsen zu entwickeln, dieses gilt vor allem in Verbindung mit der zukünftigen Entwicklung des Standortes Trauen mit EADS Astrium und dem DLR Trauen.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
20.07.2012

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