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Wie sieht die Zukunft der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) aus?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.06.2014 - TOP 31. Antwort vom Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Gerd Ludwig Will (SPD)


Der Abgeordnete Gerd Ludwig Will (SPD) hatte gefragt:

Vor wenigen Tagen ließ das Wirtschaftsministerium vermelden, dass erneut gewerbliche Investitionen und Investitionen in die kommunale wirtschaftsnahe Infrastruktur mit rund 44 Millionen Euro aus GRW-Mitteln gefördert werden. Damit werden in strukturschwachen Bereichen Niedersachsens Arbeitsplätze geschaffen und wird nachhaltig in das Wachstum von Wirtschaft und den Ausbau von Infrastruktur investiert. Beispielsweise wurde in der vergangenen Förderentscheidung ein Schwerpunkt auf die Förderung des touristischen Standortes Niedersachsen gelegt, um diesen für Niedersachsen wesentlichen Wirtschaftszweig (ca. 39 000 000 Übernachtungen 2013) noch weiter ausbauen zu können.

In Zeiten harter Standortkonkurrenz ist es wichtig, dass auch in Niedersachsen die Schaffung von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Regionen in Zukunft weiter gefördert werden kann. Nach Auffassung der Landesregierung ist gegenwärtig sichergestellt, dass gerade auch kleine und mittlere Unternehmen von der GRW-Förderung profitieren. Sie haben oft nicht die Finanzkraft, ihre Investitionen aus eigenen Mitteln zu finanzieren.

Die aktuelle GRW-Förderperiode läuft zum 30. Juni 2014 aus, und derzeit ist nicht öffentlich bekannt, wie die Zukunft dieses Wirtschaftsförderinstruments aussehen kann.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der GRW-Förderkulisse ab dem 1. Juli 2014 in den niedersächsischen Regionen zu?
  2. Welche Qualitätskriterien wird das Wirtschaftsministerium in der kommenden Förderperiode für die einzelbetriebliche Investitionsförderung vor dem Hintergrund geänderter Förderkriterien und Fördertatbeständen zugrunde legen?
  3. Gibt es wesentliche Einschränkungen durch das EU-Beihilferecht?

Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist ein Instrument, mit dem Bund und Länder strukturschwachen Regionen durch den Ausgleich ihrer Standortnachteile Anschluss an die allgemeine Wirtschaftsentwicklung ermöglichen. Sie trägt zu einer ausgewogenen regionalen Entwicklung bei und hat zur Stabilisierung vieler Regionen Deutschlands beigetragen.

Der Bund finanziert 50 % der GRW-Förderung und die Länder sind zur 50%igen Kofinanzierung verpflichtet.

Die GRW ist ein klassisches Investitionsförderinstrument. Das Hauptziel ist die Unterstützung von gewerblichen Investitionen zur Schaffung bzw. Sicherung von dauerhaft wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen.

Die Förderprogramme setzen sich aus der einzelbetrieblichen Investitionsförderung sowie der wirtschaftsnahen Infrastrukturförderung zusammen. Zu den förderfähigen Infrastrukturmaßnahmen zählen beispielsweise Industrie- und Gewerbegelände, touristische Infrastruktur oder Gewerbezentren wie z.B. Technologie- und Gründerzentren.

Die detaillierten Förderrahmenregelungen finden sich im sogenannten GRW-Koordinierungsrahmen wieder, der gemeinsam von Vertretern des Bundes und der Länder verabschiedet wird.

Dabei hat der Bund die Koordinierungsaufgabe und die Länder sind ganz im Sinne der Subsidiarität für die Schwerpunktsetzung und die Durchführung der Förderung verantwortlich. In diesem Rahmen hat die Landesregierung seit ihrem Antritt verstärkt soziale Kriterien rund um das Thema „Gute Arbeit“ in die GRW einfließen lassen.

Zum 01.07.2013 wurden entsprechende Kriterien in die einzelbetriebliche Investitionsförderung aufgenommen. Es wurde festgelegt, dass nur Unternehmen gefördert werden, die in der zu fördernden Betriebsstätte die neu geschaffenen Arbeitsplätze ausschließlich mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten besetzen.

Darüber hinaus wurde eine maximale Leiharbeitsquote für zu fördernde Unternehmen von 15 % eingeführt. Damit gehen wir in diesen Bereichen über die Rahmenregelungen des Koordinierungsrahmens hinaus.

Mit Blick auf die neue Förderperiode ab 01.07.2014 hat sich der GRW-Unterausschuss Anfang Juni in Berlin auf einen neuen GRW-Koordinierungsrahmen verständigt. Unter der Voraussetzung, dass alle Bundesländer in dem derzeit laufenden Umlaufverfahren zustimmen, tritt dieser neue Koordinierungsrahmen zum 01.07.2014 in Kraft.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Die GRW-Förderkulisse ist neben dem GRW-Koordinierungsrahmen und den Verfahrensregelungen eine wesentliche Rahmenbedingung der Förderung.

Die Festlegungen, welche Regionen als förderfähig erachtet werden, erfolgt mit Hilfe einer vergleichenden gesamtdeutschen Bewertung der 257 Arbeitsmarktregionen. Die Fördergebietskarte, die sich auf Basis dieses statistischen Regionalindikatorenmodells ergibt, wurde am 09.03.2014 von der EU-Kommission genehmigt und stellt somit eine wesentliche Grundlage für die künftige Förderung dar. Im Vergleich zur vorangegangenen Förderperiode ergeben sich für Niedersachsen ab 01.07.2014 größere Veränderungen:

  • 9 Landkreise fallen gänzlich aus der Förderkulisse heraus (Grafschaft Bentheim, Cloppenburg, Ammerland, Wesermarsch, Gifhorn, Rotenburg, Stadt Braunschweig, Peine, Wolfenbüttel)
  • 8 Landkreise werden von C- auf D-Fördergebiet herabgestuft (Aurich, Stadt Emden, Leer, Hameln-Pyrmont, Göttingen, Lüneburg, Celle, Northeim)
  • 2 Landkreise werden von D- auf C-Fördergebiet heraufgestuft (Schaumburg, Heidekreis)
  • 3 Landkreise kommen als D-Fördergebiet neu in die Förderkulisse herein (Hildesheim, Osterholz, Stadt Delmenhorst)

Der Wegfall bzw. die Herabstufung der o.g. Fördergebiete spiegelt deren gestiegene wirtschaftliche Leistungskraft und verbesserte Arbeitsmarktsituation wider. Die Landesregierung ist überzeugt, dass auch die GRW-Förderung zu dieser positiven Entwicklung beigetragen hat.

Die Landesregierung sieht die wesentliche Bedeutung der GRW-Förderkulisse darin, dass durch sie Unternehmen und Kommunen in ausgewiesen strukturschwachen und damit in der Regel finanzschwachen Landkreisen in die Lage versetzt werden, mit Investitionen die regionale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und zu stärken. Insbesondere ist dies in Regionen von Bedeutung, die unmittelbar an Bundesländer angrenzen, in denen höhere GRW- und EU-Fördersätze möglich sind. Dies betrifft in Niedersachsen vor allem den Harz und Lüchow-Dannenberg. Das Fördergefälle zu den angrenzenden Bundesländern wird damit abgemildert.

Zu 2.:
Die Mittel werden auch in der neuen Förderperiode anhand eines Scoringverfahrens vergeben werden. Als Qualitätskriterien für die einzelbetriebliche Investitionsförderung werden in der neuen Förderperiode zugrunde gelegt:

1) die Unternehmensgröße, dabei erhalten kleine Unternehmen eine höhere Priorität.
2) die Anzahl der neuen sozialversicherungspflichtigen Dauerarbeitsplätze,
3) die möglichst geringen förderfähigen Investitionskosten je Dauerarbeitplatz, um einen weiteren Anreiz für mehr Arbeitsplätze zu schaffen.
4) ob ein Unternehmen an einen Tarifvertrag im Sinne des TarifvertragsG gebunden ist, 5) ob die Arbeitsplätze in besonderer Weise geeignet sind, Familie und Beruf zu verbinden,
6) ob die Investition von besonderer regionalpolitischer Bedeutung ist,
7) ob das Unternehmen bzw. Vorhaben einen innovativen Charakter hat,
8) ob es sich um eine nachhaltige bzw. umweltbezogene Investition oder Maßnahme handelt.

Zu 3.:
In niedersächsischen Regionen, die nicht Teil der Förderkulisse sind, ist eine GRW-Förderung nicht möglich.

Darüber hinaus ist die Förderung von Großunternehmen nach der von der EU-Kommission erlassenen Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) nur sehr eingeschränkt bei Erstinvestitionen, die neue Wirtschaftstätigkeiten in die Region bringen, zulässig. Dies bedeutet, dass die wirtschaftliche Tätigkeit unter eine andere Klasse (vierstelliger numerischer Code) der Statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Rev. 2 fallen muss.

Zudem können Großunternehmen in D-Fördergebieten nur nach der De-Minimis-Verordnung der EU gefördert werden, was die Höhe des Zuschusses auf max. € 200.000,- begrenzt. Bei entsprechend hohen Investitionssummen ergeben sich hieraus sehr geringe Förderquoten, was den Verdacht des Mitnahmeeffektes erweckt, und eine Förderung de facto ausschließt.

Im Bereich der Infrastrukturmaßnahmen ist die Förderung von Regionalflughäfen künftig ausgeschlossen. Der Ausbau von Häfen muss einzeln bei der EU-Kommission notifiziert werden, was eine Bearbeitungszeit von mind. 6 Monaten bedeutet.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
27.06.2014

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

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