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RWE Dea unter Druck - Wohin mit dem Lagerstättenwasser?

Der Abgeordnete Stefan Wenzel (GRÜNE) hatte gefragt:

Der Energiekonzern RWE Dea plant, im Landkreis Verden (Aller) die ausgeförderte Erdgasförderbohrung Völkersen Z3 Nord künftig für die Verpressung von Lagerstättenwasser aus der Erdgasproduktion zu nutzen. Laut einem Bericht der Kreiszeitung vom 13. September 2012 soll an der Bohrstelle Z3 zunächst eine Probeverpressung von 10 000 m³ Lagerstättenwasser in 5 000 m Tiefe erfolgen. Das Genehmigungsverfahren für dieses Vorhaben läuft beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Die Zeitung berichtet weiter: „Verläuft die Probe erfolgreich und gibt es die Genehmigung, wolle RWE in Zukunft 120 m³ Lagerstättenwasser täglich in Völkersen verpressen.“

Bereits im März dieses Jahres war die örtliche Bürgerinitiative „No Fracking Völkersen“ durch einen anonymen Hinweis auf die Absicht des Konzerns aufmerksam geworden, an der Bohrung Z3 künftig Lagerstättenwasser verpressen zu wollen. Die Anwohner verfolgen diese Aktivitäten mit großer Sorge, weil es erst im vergangenen Jahr durch Undichtigkeiten an 13 km einer Lagerstättenwasserleitung des Konzerns zu einer Verseuchung des Bodens in der Umgebung der Leitungstrasse gekommen war. Über diese Leitung wurde jahrelang Produktionsabwasser aus Förderstellen bei Völkersen zu einer Versenkbohrung in der Gemeinde Scharnhorst befördert und dort verpresst. Insgesamt sind 287 000 m³ dieses schadstoffhaltigen Lagerstättenwassers in unmittelbarer Nähe des Trinkwassergewinnungsgebietes des Wasserwerkes Panzenberg in nur 1 000 m Tiefe verpresst worden. Es war seit längerer Zeit absehbar, dass die für den Standort Scharnhorst genehmigte Höchstmenge an Lagerstättenwasser, das dort entsorgt werden durfte, ausgeschöpft sein wird.

Ich frage die Landesregierung:

  1. In welcher Weise hat RWE Dea gegenüber der Genehmigungsbehörde LBEG nachgewiesen, dass für die kommenden zwei Jahre ausreichende Möglichkeiten zur Entsorgung des bei der Erdgasförderung anfallenden schadstoffbelasteten Lagerstättenwassers vorhanden sind bzw. dass durch umfangreiche probeweise Verpressungen von Lagerstättenwasser in der Bohrung Völkersen Z3 Nord kein aktuell bestehender Engpass bei der Lagerstättenwasserentsorgung überbrückt werden soll?
  2. In welcher Weise stellt das LBEG im - laut Presse - laufenden Genehmigungsverfahren sicher, dass eine mögliche Beeinträchtigung der Umwelt, insbesondere von Boden und Wasser, durch die Verpressung schadstoffbelasteter Lagerstättenwässer verhindert wird, und werden in diesem Zusammenhang auch Alternativen zur Verpressung des Lagerstättenwassers geprüft?
  3. In welcher Weise wird bzw. ist beabsichtigt, die Öffentlichkeit in diesem Genehmigungsverfahren zu beteiligen bzw. die Bürgerinnen und Bürger über den gesetzlich vorgesehenen Umfang hinaus bei der Suche nach verträglichen Lösungen für die Beseitigung der Lagerstättenwässer in der betroffenen Region zu beteiligen?

Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die Erdgasförderung in Niedersachsen, die seit vielen Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland leistet, ist zwangsweise mit der Förderung von natürlich vorkommenden Tiefenwässern (Lagerstättenwasser) verbunden, die nach der Abtrennung vom gewonnenen Bodenschatz zu entsorgen sind. Beim Lagerstättenwasser handelt es sich um ein Gemisch aus Wasser, Salzen, Kohlenwasserstoffen und weiteren Stoffen, die im tiefen Untergrund natürlich vorkommen. Die Entsorgung des Lagerstättenwassers erfolgt im Regelfall über Tiefbohrungen, die entweder sekundären oder tertiären Fördermaßnahmen dienen (Einpressbohrung) oder zur sonstigen Einleitung von Stoffen in den Untergrund bestimmt sind (Versenkbohrung). Dabei gilt, dass der von der Biosphäre getrennte tiefe geologische Untergrund keine Einwirkungen auf nutzbare Grundwasserhorizonte bzw. Grundwasserkörper, die der Bewirtschaftung im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes zugänglich sind, erwarten lässt. Aufgrund der jahrzehntelangen Erdöl- und Erdgasgewinnung in Niedersachsen findet das Versenken von Lagerstättenwasser seit jeher statt, so dass auf umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit dieser Technologie zurückgegriffen werden kann.

Im September 2012 hat die RWE Dea AG beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) einen Antrag auf Versenkung von Lagerstättenwasser in der Bohrung Völkersen Nord Z3 eingereicht. Dieser Antrag wird derzeit auf Vollständigkeit geprüft. Ferner werden durch den Geologischen Landesdienst die erforderlichen geologischen und hydrogeologischen Informationen erarbeitet und bewertet. Anschließend wird das Beteiligungsverfahren für die beantragte Versenkmaßnahme eingeleitet. Im Rahmen dieses Beteiligungsverfahrens werden dem Landkreis Verden und damit der Unteren Wasserbehörde die für die Beurteilung der wasserwirtschaftlichen Belange notwendigen Informationen einschließlich einer Bewertung der geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse zur Verfügung gestellt. Auf dieser Grundlage kann der Landkreis prüfen, ob die Notwendigkeit einer wasserrechtlichen Erlaubnis besteht. Sofern die Notwendigkeit einer wasserrechtlichen Erlaubnis gesehen wird, hat das LBEG dann im Einvernehmen mit dem Landkreis über die Erteilung dieser Erlaubnis zu entscheiden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Das Lagerstättenwassermanagement der RWE Dea AG für das bei der Erdgasgewinnung anfallende Lagerstättenwasser sieht vor, dass dieses in die Versenkbohrung Wittorf Z1 und in konsortiale Versenkbohrungen eingebracht sowie an zugelassene Entsorgungsunternehmen abgegeben wird. Darüber hinaus untersucht das Unternehmen derzeit intensiv Verfahren zur zentralen und dezentralen Aufbereitung von Lagerstättenwasser sowie alternative Möglichkeiten der Verwertung oder Beseitigung des anfallenden Lagerstättenwassers, wie z. B. die Abgabe von Lagerstättenwasser an kommunale Abwasserentsorger.
Ergänzend dazu prüft das Unternehmen mögliche Versenkpotentiale in ausgeförderten Lagerstätten. Entsprechend soll die vom Unternehmen beantragte probeweise Einleitung von Lagerstättenwasser in der Bohrung Völkersen Nord Z3 Aufschluss darüber geben, ob und wie sich die Versenkung von Lagerstättenwasser in dieser ausgeförderten Erdgaslagerstätte umsetzen lässt.

Zu 2.:
Bei der behördlichen Entscheidung über die Genehmigung von Maßnahmen zur Versenkung von Lagerstättenwasser in den tiefen geologischen Untergrund - z. B. auch bei einer Umwidmung einer ehemaligen Förderbohrung in eine Einpressbohrung - sind stets die Belange des Grund- und Trinkwasserschutzes zu beachten und als öffentliches Interesse explizit zu prüfen. Grundlage hierfür sind die Regelungen des geltenden Bergrechts, nach denen die zuständige Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde die Auswirkungen von Einpress- und Versenkbohrungen auf Umwelt, Mensch sowie Kultur- und Sachgüter zu überprüfen hat. Aus diesem Grund stehen in Niedersachsen bereits heute neben der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger auch die Belange des Trinkwasserschutzes im Mittelpunkt der Entscheidungsfindung. Insbesondere stellt eine detaillierte Beurteilung möglicher Risiken im Genehmigungsverfahren anhand der Vorschriften des Umwelt- und Bergrechts darauf ab, dem vorsorgenden Trinkwasserschutz stets Vorrang vor den Maßnahmen der Erdgasgewinnung einzuräumen.
Darüber hinaus wurde bereits im Rahmen des ursprünglichen Genehmigungsverfahrens für die Förderbohrung der Betriebsplatz so gebaut, dass beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen eine negative Beeinträchtigung der genannten Schutzgüter nicht zu besorgen ist. Alle Angaben im Betriebsplan, die Integrität der Lagerstätte sowie der Schutz des Grundwassers werden durch zwei Fachabteilungen des LBEG geprüft, während die technischen Komponenten des Antrags durch eine weitere Fachabteilung geprüft werden.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Zu 3.:
Das LBEG ist grundsätzlich bereit, an öffentlichen Informationsveranstaltungen der Gemeinde oder des Landkreises teilzunehmen und darzustellen, welchen Prüfungen ein entsprechender Antrag unterzogen wird und welche genehmigungsrechtlichen Vorrausetzungen erfüllt sein müssen, damit über die beantragte Maßnahme entschieden werden kann.
Die Erstellung von Konzepten zum Umgang mit Lagerstättenwasser obliegt den erdgasfördernden Unternehmen und nicht der Genehmigungsbehörde. Das LBEG prüft dann im Genehmigungsverfahren, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
09.11.2012

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