Sitzung des Niedersächsischen Landtages im Mai 2015
Mündliche Anfragen
62. Verkehrschaos an der A 1 Abfahrt Rade - Wer hat Schuld?
Abgeordneter Heiner Schönecke (CDU)
Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung
Vorbemerkung des Abgeordneten
Die Gemeinde Neu Wulmstorf sucht nach Lösungen für den Dauerstau an der A 1 und auf der B 3.
Weil es in den Verkehrsspitzen an der Autobahnabfahrt Rade in Richtung Bremen regelmäßig zu gefährlichen Rückstaus auf der A 1 kommt und die Verkehrssituation auf der B 3 in Mienenbüttel und Rade aus Sicht der Anwohner teilweise unerträglich wird, haben Vertreter der Gemeinde Neu Wulmstorf bei der zuständigen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Verden die Möglichkeit des Baus einer zweiten Autobahnabfahrt direkt ins Gewerbegebiet Mienenbüttel abgefragt. Das Anliegen wurde abgelehnt.
Die Behörde ist nämlich der Auffassung, dass die Gemeinde Verbesserungen an der Verkehrssituation in Rade/Mienenbüttel aus eigener Tasche zahlen müsse, solange davon auszugehen sei, dass die Zunahme des Verkehrs im Zusammenhang mit dem Gewerbegebiet Mienenbüttel zu sehen sei.
Die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr beruft sich auf eine mit der Gemeinde 2008 getroffene Vereinbarung, nach der die Gemeinde alle Maßnahmen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Knotenpunkts allein zu tragen habe, wenn sich herausstelle, dass der Verkehrszuwachs durch das Gewerbegebiet verursacht werde. So zu lesen im Buxtehuder Tageblatt vom 20. April 2015.
Die Verwaltung und damit die Ratsmitglieder verließen sich 2008 auf eine verkehrstechnische Untersuchung. Auf der Grundlage der sich ergebenden Verkehrsmengen und Verkehrsbeziehungen des Prognosezeitraums 2020 sollte für die Verknüpfungen des Gewerbebereiches und der K 63 mit der B 3 an den Rampen der BAB-AS-Rade die Leistungsfähigkeit und Verkehrsqualität ermittelt werden.
Gegenüber den Verkehrswerten des Jahres 2000 ergaben sich bei den Zählungen 2008 im Mittel ein Zuwachs von ca. 5 % im Kfz- und ca. 15 % im Lkw-Verkehr. Das Planungsbüro befasste sich bei seiner Prognose selbstverständlich auch mit der zukünftigen allgemeinen Entwicklung und kam zu dem Schluss, dass die Entwicklung der einzelnen Faktoren aus Sicht der Verkehrsplanung nicht abschließend beurteilt werden konnte. Auf Grundlage der bisherigen Entwicklung wurde aber dennoch davon ausgegangen, dass Verkehrsbelastungen weiter ansteigen würden.
Bei der Betrachtung der speziellen Entwicklung wurde deutlich, dass sich durch die Ausweisung von zwei Gewerbegebieten, Ixocon-Logistikpark mit 20 ha und Rade/Mienenbüttel mit 80 ha, ca. 8 500 Kfz-Zufahrten (davon ca. 25 % Lkw-Fahrten) und entsprechende Kfz-Abfahrten ergäben.
Bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit und Verkehrsqualität kam man zu dem Ergebnis, dass eine flexible Signalschaltung mit Stau- und Bemessungsschleifen ausreichen würden, um einen möglichen Rückstau bis auf die A 1 auch in Ausnahmesituationen auszuschließen. Durch aufeinander abgestimmte Umlaufzeiten an den Knoten sollte eine teilweise Koordinierung der Signalanlagen untereinander erreicht werden.
Ein Rückstau von einem der Knotenpunkte, der bis in den nächsten Knotenpunkt hineinreichen und diesen überstauen könnte, schloss das Planungsbüro rechnerisch aus.
Ein Kreisverkehr wurde für beide Knoten als nicht optimal erachtet. Bei dem einen Kreisverkehr wurde mit dem erheblichen Flächenverbrauch und einer unübersichtlichen Verkehrsführung argumentiert, der andere wurde grundsätzlich nicht für leistungsfähig erachtet.
Dieser Auffassung schloss sich die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vollumfänglich an und lehnte andere Verkehrsführungen einer zweiten Zufahrt kategorisch ab.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die Gemeinde Neu Wulmstorf hat das Gewerbegebiet Mienenbüttel geplant und als Grundlage hierfür im Jahre 2008 eine Verkehrstechnische Untersuchung mit Prognose zur zukünftigen Verkehrsentwicklung beauftragt. Nach dieser Untersuchung waren Anpassungen an der Anschlussstelle Rade erforderlich, die dann auch im Zuge der Gewerbegebietsentstehung umgesetzt wurden.
Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) hatte im Rahmen Ihrer Beteiligung keine Anhaltspunkte dafür gewinnen können, die von Seiten der Gemeinde vorgelegte Verkehrstechnische Untersuchung in Frage zu stellen. Die Annahmen erschienen plausibel, darüber hinaus wurde das Gutachten durch ein renommiertes Büro mit langjähriger Erfahrung verfasst. Prognosen stellen naturgemäß keine Garantie dafür dar, dass Entwicklungen zeitlich und inhaltlich genauso eintreffen. Die Verantwortung für mögliche nachteilige Auswirkungen, die sich in der realen Entwicklung ergeben können, kann letztlich nur derjenige übernehmen, der die Planung ausgelöst hat, in diesem Fall die Gemeinde Neu Wulmstorf.
Außerdem wurde von Seiten des Landes in der zugehörigen Vereinbarung Vorbehalte geltend gemacht, dass bei zusätzlich anfallenden Änderungen der ursprünglichen Verkehrsplanung die Gemeinde hierfür einzustehen hat, sofern diese Änderungen aus dem Bereich der gemeindlichen Planung und nicht aus der allgemeinen Verkehrsentwicklung resultieren. Dieses Vorgehen liegt im Übrigen bei sämtlichen zu schließenden Vereinbarungen mit planenden Kommunen zu Grunde und stellt insofern keine Ausnahme dar.
Die unzulängliche Verkehrssituation war im Februar 2015 Thema einer Besprechung zwischen der Gemeinde und der Straßenbauverwaltung. Dabei hat man sich unter Würdigung der abgeschlossenen Vereinbarung auf den weiteren Fortgang verständigt. Als nächster Arbeitsschritt ist eine Verkehrstechnische Untersuchung zu beauftragen, durch die geklärt werden soll, woher die verkehrlichen Unzulänglichkeiten resultieren.
1. Die oben dargestellte Verkehrsplanung ist von der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr genehmigt worden. Trägt sie damit auch die Verantwortung?
Die Verkehrsplanung ist nicht von der NLStBV genehmigt worden.
2. Wie bewertet die Landesregierung die momentane Verkehrssituation?
Die derzeitige Verkehrssituation im Bereich der Anschlussstelle Rade wird als unbefriedigend angesehen.
Nach Aussage der Gemeinde Neu Wulmstorf und der Polizei sowie Beobachtungen der Autobahnmeisterei Hittfeld kommt es regelmäßig während des Feierabendverkehrs zu langen Rückstaus auf der nördlichen Anschlussstellenrampe aus Richtung Hamburg kommend, die sich bis auf die BAB A 1 erstrecken. Infolgedessen wurde bereits durch die NLStBV die Verlängerung des Ausfädelungsstreifens um 400 m veranlasst.
Auch der aus Richtung Norden kommende Verkehr im Zuge der B 3 am nördlichen Knotenpunkt der Anschlussstelle über Mienenbüttel hinaus führt mehrfach zu einem Rückstau.
3. Wenn es zu Veränderungen kommen sollte, wer muss diese planen, und wer muss gegebenenfalls zu welchen Anteilen die Kosten dafür tragen?
Dies hängt vom Ergebnis der im den Vorbemerkungen angesprochenen Verkehrstechnischen Untersuchung ab.
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