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Plenum 18. August 2016 - Mündliche Anfragen

Frage 20


Wird die Landesregierung Probebohrungen für unkonventionelles Fracking in Niedersachsen zulassen?

Abgeordneter Thomas Adasch (CDU)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung des Abgeordneten

Am 24. Juni 2016 hat der Deutsche Bundestag das „Gesetz zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking-Technologie“ beschlossen. Das Gesetz sieht bis 2021 vier Bohrungen zur wissenschaftlichen Erprobung unkonventionellen Frackings vor. In der Erdölzulieferindustrie in Celle als Zentrum der Bohrservicebranche in Deutschland besteht ein hohes Interesse an einer solchen Erprobung, um sich technologisch weiterzuentwickeln. Allerdings sind Probebohrungen nur dort möglich, wo die jeweils zuständige Landesregierung zustimmt.

Vorbemerkung der Landesregierung

Mit einer umfangreichen Bundesratsinitiative zur Weiterentwicklung der berg-, wasser- und naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Fracking-Thematik im Jahr 2014 hat die Landesregierung den Gesetzgebungsprozess auf Bundesebene geprägt. Die aktuell vom Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetzes- und Verordnungsentwürfe zur Änderung von berg-, wasser- und naturschutzrechtlichen Bestimmungen orientieren sich klar an den von Niedersachsen erarbeiteten Vorschlägen. Vor allem im Interesse eines umfassenden Umweltschutzes, so etwa hinsichtlich Auswirkungen auf das Grundwasser und den tiefen Untergrund, Böden, Umwelt und Natur, einschließlich möglicher Folgen für den ländlichen Raum und die Lebensumwelt der Bürgerinnen und Bürger, aber auch aus arbeitsmarktpolitischen und wirtschaftlichen Erwägungen hat die Landesregierung mit Nachdruck und großem Engagement den Entscheidungsprozess auf Bundesebene aktiv begleitet.

So enthalten die neugefassten Regelungen ein grundsätzliches Verbot von Fracking-Maßnahmen in Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein sowie in Kohleflözgestein (sogenannte unkonventionelle Lagerstätten). In Ausnahme zu diesem Verbot dürfen insgesamt 4 Erprobungsmaßnahmen zum Zwecke der wissenschaftlichen Erforschung von Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, erlaubt werden. Eine solche Erlaubnis bedarf jedoch der Zustimmung der Landesregierung.

Gleichzeitig wurde ein zeitgemäßer Rechtsrahmen für den Einsatz der Frac-Technologie in tief liegenden Sandsteinlagerstätten (sogenannte konventionelle Lagerstätten) und für die Versenkung von Lagerstättenwasser geschaffen, der künftig höchste Sicherheits- und Umweltstandards, mehr Transparenz im Genehmigungsverfahren sowie die Einbindung der Öffentlichkeit in den Genehmigungsprozess vorschreibt.

1. Wie ist die Haltung der Landesregierung beim Thema „unkonventionelles Fracking“, und würde die Landesregierung einem Antrag auf Erprobung in Niedersachsen stattgeben?

Die Niedersächsische Landesregierung hat bereits bei der Verabschiedung des Regelungspaketes klargestellt, dass sie den Einsatz der Fracking-Technologie in unkonventionellen Lagerstätten unter den gegebenen Bedingungen ablehnt und hält an dieser Auffassung weiterhin fest. Damit folgt die Landesregierung dem Beschluss des Landtages „Fracking - Sicherheit für Mensch und Umwelt geht vor!“ vom 16.07.2015 (Drs. 17/3932), der zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Unverantwortbarkeit der Gasförderung aus unkonventionellen Lagerstätten festgestellt hat. Dabei umschließt diese Feststellung auch die Durchführung von Probebohrungen. Ergänzend dazu wird auf die Unterrichtung der Landesregierung zum o.g. Beschluss (siehe Drs. 17/5078 vom 02.02.2016) hingewiesen.

Ausschlaggebend für diese Entscheidung sind vor allem die Aussagen unterschiedlicher wissenschaftlicher Gutachten zum Thema Fracking in unkonventionellen Lagerstätten. Weiterführend wird auf die Antwort der Landesregierung zur Mündlichen Anfrage Nr. 62 „Nach welchen Kriterien verwendet die Landesregierung wissenschaftliche Erkenntnisse?“ vom 19.02.2016 (Drs. 17/5210) verwiesen.

2. Zieht die Landesregierung eine finanzielle Förderung von Probebohrungen in Erwägung?

Nein.

3. Welche konkrete kurzfristige Unterstützung plant die Landesregierung für die in Celle ansässige Bohrindustrie?

Wie einleitend beschrieben hat sich die Landesregierung inzwischen erfolgreich dafür eingesetzt, einen verlässlichen und rechtssicheren Rahmen für die Erschließung von Erdgasvorkommen aus konventionellen Lagerstätten mit Hilfe der Frac-Technologie zu schaffen. Aus Sicht der Landesregierung wurden damit die Beweggründe zur Aufrechterhaltung des industrieseitig beschlossenen Frac-Moratoriums beseitigt. Zurückgestellte Projekte können nunmehr beantragt und bei Erfüllung der neugefassten gesetzlichen Anforderungen auch umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund erwartet die Landesregierung eine Belebung der Aktivitäten der Erdöl- und Erdgasindustrie, die sich positiv auf die Entwicklung der angeschlossenen Service- und Zulieferbetriebe auswirken kann.

Auf den internationalen Verfall des Rohölpreises sowie das Ausmaß und die Dauer der EU-Sanktionen gegen Russland kann die Landesregierung keinen Einfluss nehmen. Beide Faktoren sind maßgeblich für die derzeit sehr angespannte Auftrags- und Geschäftslage bei der Erdöl- und Erdgasindustrie und den angeschlossenen Service- und Zulieferbetrieben verantwortlich. Da ein Großteil der in Celle angesiedelten Service- und Zulieferbetriebe international agiert, leiden diese besonders unter den aktuellen Entwicklungen.

Um die Unternehmen der Service- und Zulieferindustrie bei der Entwicklung neuer Technologien zu unterstützen, wurden im Zeitraum von 2013 bis 2016 rund 8 Mio. Euro aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bereitgestellt.

Darüber hinaus sieht die Landesregierung in der Erschließung tiefengeothermischer regenerativer Energiequellen einen zukunftsweisenden Markt, der langfristig eine Anschlussperspektive für die Unternehmen der Service- und Zulieferindustrie in der Region Celle bieten kann. So wurde der Aufbau des Vereins GeoEnergy Celle e.V., einem Kompetenzzentrum zur technologischen Entwicklung von Standards und Infrastrukturen, um die Energieträger Erdöl, Erdgas und Erdwärme möglichst effizient gewinnen und nutzen zu können, vom Land Niedersachsen mit rund 400.000 Euro aus EFRE-Mitteln gefördert. Im Übrigen hat die Landesregierung die Erstellung von insgesamt 7 Machbarkeitsstudien für unterschiedliche Tiefengeothermieprojekte in Niedersachen gefördert (Gesamtfördersumme betrug rund 1,55 Mio. Euro), im Ergebnis dessen einzelne geeignete Projekte weiter entwickelt und vorangetrieben werden können.

Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass bereits in der Vergangenheit erhebliche Schwankungen, vor allem der Rohölpreise, Einschnitte bei den Unternehmen der Erdöl- und Erdgasindustrie sowie der angeschlossenen Service- und Zulieferbetriebe nach sich gezogen haben. Um tragfähige Lösungen für den Fortbestand der Unternehmen in Niedersachsen zu erarbeiten, befindet sich die Landesregierung bereits seit Monaten gemeinsam mit der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie im wiederkehrenden Austausch mit Vertretern und Betriebsräten der Erdöl- und Erdgasproduzenten sowie der Service- und Zulieferindustrie.
Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.08.2016

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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