Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen klar Logo

Plenum 2. Februar 2017 - Mündliche Anfragen

Frage 5


Wie steht es um die Innovationskraft niedersächsischer Unternehmen?

Abgeordnete Dr. Gabriele Andretta (SPD)

Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Innovationsausgaben der deutschen Wirtschaft sind laut einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 8,8 % auf rund 157 Milliarden Euro deutlich gestiegen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) legen mit einem Plus von 9,9 % überdurchschnittlich zu. Gleichzeitig geht der Anteil der innovationsaktiven Unternehmen jedoch weiter zurück: Lag er im Jahr 2010 noch bei 57,5 %, so ist er auf nur noch 43,6 % gesunken.

Innovationskraft ist eine wichtige Voraussetzung, um die großen Zukunftsherausforderungen bewältigen zu können.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die zitierten Daten beziehen sich auf einen Bericht des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) aus dem Januar 2017, dem Daten bis zum Erhebungsjahr 2015 zugrunde liegen. In diesem Bericht sind ausschließlich Daten auf Bundesebene veröffentlicht. Eine Erhebung auf Ebene der einzelnen Bundesländer ist nicht erfolgt, und somit liegen entsprechende Vergleichszahlen für das Land Niedersachsen nicht vor.

Grundlage der Beantwortung sind deswegen Zahlen des Stifterverbandes, die 2016 veröffentlicht wurden und denen Daten bis zum Jahr 2013 zugrunde liegen. Die Daten sind im Rahmen einer Sonderauswertung für den Mittelstandsbericht 2017 auch für Niedersachsen ermittelt worden.

1. Wie haben sich die Innovationsausgaben und die Innovationsintensität (Anteil der Innovationsausgaben am Umsatz) niedersächsischer Unternehmen im Vergleich zum Bundestrend entwickelt, differenziert nach Unternehmensgröße (größer und kleiner 500 Beschäftigte)?

Die regionalen und sektoralen Unterschiede beim Einsatz finanzieller und personeller Ressourcen für FuE klaffen in Deutschland tendenziell immer stärker auseinander. Den Ausschlag dafür gibt die räumliche Verteilung der FuE-Kapazitäten der Wirtschaft, mit Schwerpunkten in den drei süddeutschen Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern und Hessen) und vereinzelten Brennpunkten im Norden (Ost-Niedersachsen), Westen (Rheinschiene) und Osten (Berlin, Sachsen-Dreieck und Thüringer Städtekette). In den Stadtstaaten und in Ostdeutschland wird ein überdurchschnittlich hoher Anteil der finanziellen Mittel und des Personals für FuE in Hochschulen und staatlichen Forschungsinstituten eingesetzt, wodurch die Defizite in der Industrieforschung jedoch nur teilweise kompensiert werden können.

Niedersachsen (Wirtschaft, Staat und Hochschulen) konnte die schrumpfenden FuE-Anteile der Wirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch massive Erhöhungen der öffentlichen FuE-Ausgaben auffangen und liegt mit 2,89 Prozent im Bundesdurchschnitt (2,83 Prozent).

Innovationsausgaben der Unternehmen umfassen Ausgaben für laufende, abgeschlossene und abgebrochene Innovationsprojekte. Sie setzen sich zusammen aus laufenden Aufwendungen (Personal- und Sachleistungen) und Ausgaben für Investitionen in Sachanlagen und immaterielle Wirtschaftsgüter. Neben den Ausgaben für den Erwerb von Maschinen, Anlagen, Software, etc. beinhalten sie auch alle internen und externen Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE).

Die Innovationsintensität, abgeleitet aus der FuE-Intensität, zeigt für Niedersachsen eine besonders starke FuE-Intensität bei den forschenden KMU mit weniger als 100 Beschäftigten. Hier liegen die niedersächsischen KMU knapp über dem bundesweiten Durchschnitt. Den Zahlen liegt eine Sonderauswertung des Stifterverbandes aus 2016 zugrunde, die aktuell Zahlen bis 2013 berücksichtigt.

FuE-Intensität der forschenden Unternehmen nach Beschäftigtengrößenklassen in der Wirtschaft 2009 – 2013 (Verteilung nach Hauptsitz)

Beschäftigtengrößenklassen

Anteil der internen FuE-Aufwendungen am Umsatz in %

Niedersachsen

Deutschland

2009

2011

2013

2009

2011

2013

unter 100 Beschäftigte

6,4

5,8

5,9

6,2

5,9

5,7

100 bis 249 Beschäftigte

2,8

2,6

2,6

3,6

3,6

3,2

250 bis 499 Beschäftigte

1,7

1,7

1,3

2,9

2,8

3,1

500 und mehr Beschäftigte

3,1

2,9

2,8

3,5

2,6

2,6

insgesamt

3,0

2,8

2,7

3,5

2,7

2,7









Quelle: Stifterverband (2016): Sonderauswertung

2. Wie hat sich der Anteil der KMU an den gesamten Innovationsausgaben der niedersächsischen Wirtschaft entwickelt, und wie bewertet die Landesregierung diese Entwicklung?

Zahlen zu den Innovationsausgaben liegen auf Ebene der Bundesländer nicht vor (siehe Vorbemerkung). Daten können nur für das FuE-Personal vorgelegt werden.

Der Anteil von KMU am gesamten FuE-Personal der FuE-affinen Wirtschaft in Niedersachsen steigt seit 2009 leicht an. Im Jahr 2013 lag der Anteil bei 12,5 % und damit deutlich unter dem Umsatz- und Beschäftigtenanteil der KMU.

Vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen wie z.B. der Digitalisierung wäre es begrüßenswert, wenn die Innovationsausgaben bei KMU steigen.

3. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Basis des forschenden Mittelstandes zu verbreitern und die Innovationskraft von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu steigern?

Die Landesregierung hat eine erfolgreiche Initiative in den Bundesrat eingebracht, die genau die Ziele hat, die in der Frage genannt werden. Auf Initiative Niedersachsens schlägt der Bundesrat die Einführung einer Forschungsprämie für Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten vor. Der Fördersatz sollte zehn Prozent der gesamten FuE-Personalaufwendungen (Bruttolöhne) betragen, um einerseits substanzielle Innovationsanreize auf Seiten der Unternehmen zu entfalten und anderseits die fiskalischen Kosten zu begrenzen.

Strukturell notwendige Maßnahmen zur Stärkung der mittelständischen Wirtschaft dürfen gerade mit Blick auf die Herausforderungen der Industrie 4.0 auch angesichts der Bewältigung anderer dringender Probleme in Deutschland nicht vernachlässigt werden. Indem die Forschungsprämie auf die FuE-Personalaufwendungen im Mittelstand beschränkt wird, wird die Wissensintensivierung der Beschäftigten verbessert, die Wettbewerbsfähigkeit von KMU bei der Suche nach qualifiziertem Personal gestärkt, Anreize für mehr Weiterbildungsaktivitäten gesetzt und dem Fachkräftemangel im Mittelstand entgegengewirkt.

Daneben fördert die Landesregierung Innovationen im Mittelstand durch im Wesentlichen drei Richtlinien für niedrigschwellige Investitionen in KMU und Handwerksbetrieben, für Forschung und Entwicklung in Unternehmen (IFP) und für den Aufbau von Innovationsnetzwerken.

Das beim Innovationszentrum Niedersachsen angesiedelte Innovationsnetzwerk unterstützt KMU durch Informationsveranstaltungen und vor allem Vorstellung von Best Practice Beispielen von mittelständischen Unternehmen, die mit ihren innovativen Ansätzen ihren Geschäftserfolg wesentlich steigern konnten.

Die immer stärker voranschreitende Digitalisierung verändert Innovationsmodelle in Unternehmen. Hier müssen optimale Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Forschergeist und Innovationskraft sich entfalten können.

Um kleinere und mittlere Unternehmen an das Thema Digitalisierung heranzuführen, sind auch in Niedersachsen Kompetenzzentren für den Mittelstand und das Handwerk aktiv. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum „Mit uns digital! Das Zentrum für Niedersachsen und Bremen" ist am Produktionstechnischen Zentrum (PZH) der Leibniz Universität angesiedelt. Dort und in der Generalfabrik 4.0 auf dem Messegelände werden kleine und mittelständische Unternehmen bei ihren Schritten zur Digitalisierung durch Beratung und Anschauungsmöglichkeiten begleitet und unterstützt. Bis Ende 2016 konnten bereits rund 35 Schulungen, 15 Informationsveranstaltungen und 30 Vor-Ort-Gespräche bei Unternehmen zur Umsetzung von Digitalisierungsstrategien durchgeführt werden. Darüber hinaus demonstriert der Digital-Truck Industrie 4.0-Anwendungen und besucht Unternehmen in Niedersachsen und Bremen direkt vor der Haustür.

Für den speziellen Transfer in die Handwerksbetriebe ist darüber hinaus ein Kompetenzzentrum Digitales Handwerk ins Leben gerufen worden. Um Betriebe dabei zu unterstützen, auch zukünftig am Markt bestehen zu können, informiert das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk Unternehmer, Unternehmerinnen und Führungskräfte aus dem Handwerk über die betrieblichen Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien und leistet Hilfestellung bei der praktischen Umsetzung in den Betrieben.

Darüber hinaus bündelt das vom niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Mitte 2015 gegründete Netzwerk Industrie 4.0 Niedersachsen niedersächsische Aktivitäten im Bereich Industrie 4.0 mit Aktivitäten auf Bundesebene und vernetzt niedersächsische Unternehmen, Forscherinnen und Forscher, Wirtschaftsverbände, Wirtschaftsförderer, Kammern und Gewerkschaften. Das Netzwerk ist am Innovationszentrum Niedersachsen angesiedelt und initiiert, koordiniert und unterstützt im Rahmen seiner Tätigkeit Innovationsprozesse im Bereich Industrie 4.0.

Ganz entscheidend ist eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft, und zwar auch von Wissenschaft und KMU, wenn wir unsere großen Chancen bestmöglich nutzen wollen. Unter anderem deshalb haben wir gerade das OFFIS-Institut in Oldenburg mit einer Million im Jahr 2016 unterstützt. Das OFFIS wird damit seine bereits jetzt hervorragenden Forschungen an der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft gerade bei der Architektur von Industrie 4.0 noch „industrienäher“ gestalten. Ziel ist u.a. die Konstruktion einer „Lernumgebung“, in der KMU ihre geplanten 4.0-Aktivitäten simulieren und damit auf Funktionsfähigkeit überprüfen können.

Wir fördern mit ebenfalls einer Million 4 Pilot-Berufsschulen, damit diese ihre bereits gute Ausstattung um wesentliche Komponenten für 4.0 ergänzen können. Ohne gute Facharbeiter und Techniker sind unsere KMU dem weltweiten Wettbewerb auf Dauer nicht gewachsen, mit ihnen können wir unseren Vorsprung vor allem im Maschinen – und Anlagenbau halten. Genau deshalb startet an der Hochschule Weserbergland im Jahr 2017 der Weiterbildungsstudiengang „Management digitaler Geschäftsmodelle und -prozesse“.

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.02.2017

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln