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Beteiligung der Volkswagen AG an Dead Sea Magnesium in Israel

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.02.2009 - TOP 29


Der Abgeordnete Gerd Ludwig Will (SPD) hatte gefragt:

Im Jahre 1996 gründeten die Volkswagen AG und das israelische Unternehmen Israel Chemicals Ltd. als Joint Venture die Dead Sea Magnesium Ltd. Die Anteile an der Firma mit Sitz in Beer Sheva (Israel) hielten VW mit 35 % und Israel Chemicals Ltd. mit 65 %.

Unternehmensgegenstand der Firma Dead Sea Magnesium Ltd. ist die Förderung von Magnesium im Toten Meer. Die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens erfolgte in Anwesenheit und unter Schirmherrschaft des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl und des damaligen israelischen Premierministers Jitzchak Rabin und galt als Meilenstein der israelisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen.

Der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens litt in jüngster Zeit massiv unter den in Anbetracht der stark angestiegenen Magnesiumproduktion in China gefallenen Weltmarktpreisen.

Am 1. Dezember 2008 hat Volkswagen das Joint Venture aufgekündigt und das Aktienpaket dem bisherigen Partner Israel Chemicals Ltd. angedient und sogleich die Überweisung des Gegenwertes verlangt.

Dies ist vom israelischen Partner abgelehnt worden. Nach Auffassung der Israelis verstößt das Vorgehen von VW gegen die vertraglichen Vereinbarungen. Gleichzeitig ist Volkswagen von den kreditierenden israelischen Banken aufgefordert worden, zu seinen Verpflichtungen zu stehen. Das Gemeinschaftsunternehmen soll Bankverbindlichkeiten im Gegenwert von ca. 176 Millionen US-Dollar haben, von denen ein erheblicher Teil am 31. Dezember 2008 fällig war und nun von den Banken gestundet wurde. Gleichzeitig sollen Cashflowdefizite in Höhe von 30 Millionen US-Dollar aufgelaufen sein. Der von Volkswagen zu tragende Anteil an den Verbindlichkeiten des Unternehmens soll ca. 80 Millionen US Dollar betragen.

Versuche der Israelis zu einer einvernehmlichen Einigung sollen gescheitert sein. Auch ein Anschreiben der Israel Chemicals Ltd. an den Niedersächsischen Ministerpräsidenten in seiner Eigenschaft als Mitglied des Aufsichtsrates der Volkswagen AG mit der Bitte um Unterstützung hat augenscheinlich zu keiner Lösung ge-führt.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, drohen die Insolvenz des bisherigen Gemeinschaftsunternehmens und der Verlust von 400 direkt betroffenen Arbeitsplätzen sowie der Wegfall von 1 000 weiteren Arbeitsplätzen in der weiterverarbeitenden Industrie in Israel. Pressemeldungen zufolge drohen der Volkswagen AG in Israel nun gerichtliche Forderungen in Millionenhöhe.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die geschilderten Ereignisse um den Ausstieg der Volkswagen AG aus dem Joint Venture in Israel?
  2. Wie bewertete die Landesregierung die Auswirkungen auf die deutsch-israelischen Beziehungen?
  3. Was hat die Landesregierung unternommen und gedenkt sie in der nächsten Zukunft zu unternehmen, um Schaden von den Betroffenen abzuwenden?

Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

In den zurückliegenden zwölf Jahren hat Volkswagen im Rahmen des Joint Ventures mit der Israel Chemicals Ltd. (ICL) mit insgesamt 200 Mio. US-Dollar einen großen Beitrag für dieses deutsch-israelische Projekt geleistet. Dieser signifikante Beitrag hat erheblich dazu beigetragen, dass Dead Sea Magnesium Ltd. sich zu einem weltweit operierenden Magnesium-Produzenten entwickeln konnte. Eigenständige Pläne des Unternehmens Israel Chemicals Ltd. für den Abbau von Magnesium im Toten Meer (dem größten Magnesium-Abbaugebiet der Welt) bestanden bereits Jahre vor der Gründung des Joint Ventures Dead Sea Magnesium. Volkswage hat hierzu mitgeteilt, dass das Vorhaben nicht auf die Initiative der VW AG zurückzuführen ist, sondern höchstwahrscheinlich auch ohne Volkswagen gestartet wäre. Es war von Anfang an Vertragsbestandteil und damit Konsens der Parteien, dass sich Volkswagen durchaus zu gegebener Zeit aus dem Unternehmen zurückziehen kann. Deshalb sieht die im Jahre 1995 zwischen den Partnern getroffene Vereinbarung für diesen Fall vor, dass Volkswagen seine Anteile an einen Dritten oder an Israel Chemicals Ltd. übertragen kann.

Die Volkswagen AG hat nunmehr von diesem Recht Gebrauch gemacht, um angesichts der derzeitigen Wirtschafts- und insbesondere Automobilkrise ihre Ressourcen auf das Kerngeschäft der Volkswagen AG, den Automobilbau, zu konzentrieren. Die kontinuierliche Überprüfung von Unternehmens-Beteiligungen aus strategischer und wirtschaftlicher Sicht und daraus resultierende Entscheidungen stellen für Großunternehmen – nicht nur in Krisenzeiten, aber vor allem in diesen Zeiten – keinen ungewöhnlichen Vorgang dar, sondern sind sogar ein wesentlicher Bestandteil der Verantwortung des Managements für die Arbeitsplätze ihres Unternehmens – und damit für die Arbeitsplätze bei VW in Niedersachsen. Unternehmen müssen dies – auch wenn es für die betroffenen Vertragspartner im konkreten Einzelfall mit negativen Implikationen verbunden sein mag – tun. Vor diesem Hintergrund respektiert die Landesregierung diese Entscheidung des VW-Managements.

Nach den der Landesregierung vorliegenden Informationen ist das Weiterbestehen des Unternehmens Dead Sea Magnesium Ltd. nicht zwingend von der Beteiligung des Volkswagen-Konzerns abhängig. Der Hauptgesellschafter, die Israel Chemicals Ltd., ist ein Konzern mit zahlreichen Tochterunternehmen. Im Übrigen gehört ICL überwiegend der Israel Corporation, der größten israelischen Beteiligungsgesellschaft mit einem Jahresumsatz 2008 von 16,4 Mrd. Euro. Wenn also die Gesellschafter von einer positiven wirtschaftlichen Zukunft der Dead Sea Magnesium Ltd. überzeugt sind, stehen in Anbetracht dieser Informationen genügend finanzielle Ressourcen zur Verfügung, die eine Insolvenz verhindern könnten.

Der Landesregierung liegen weiterhin keine Informationen darüber vor, dass sich die Volkswagen AG in diesem Fall vertragswidrig verhält. VW hat von seinem vertraglich eingeräumten Recht auf Kündigung Gebrauch gemacht.

Zu 2:

Die Landesregierung erkennt die besondere Bedeutung der deutsch-israelischen Wirtschaftszusammenarbeit einschließlich des Joint Ventures mit Volkswagen - sichtbar auch an der Teilnahme vom damaligen Bundeskanzler Kohl und dem damaligen israelischen Premierminister Rabin bei der Gründung des Joint Venture an. Hiervon unabhängig gilt es, die Eigenständigkeit unternehmerischer Entscheidungen der Volkswagen AG von politischen Einflüssen zu respektieren. Dies wurde auch von einer israelischen Delegation der betroffenen israelischen Unternehmen nicht in Abrede gestellt, die im Bundeswirtschaftsministerium über diese Angelegenheit vor kurzem Gespräche geführt haben. Negative Auswirkungen auf die deutsch-israelischen Beziehungen sieht die Landesregierung unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Zusammenhänge nicht.

Zu 3.:

Die Landesregierung äußert Verständnis für die israelischen Unternehmen, stellt aber auch die Bedeutung des beträchtlichen Beitrags der Volkswagen AG zum Aufbau der Dead Sea Magnesium Ltd. heraus. Dieser Bedeutung sollten beide Seiten auch bei der Beilegung unterschiedlicher Auffassungen Rechnung tragen. Ministerpräsident Wulff hat in mehreren Schreiben u. a. an die Vorstände der ICL und der Dead Sea Magnesium sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass die auf Grundlage der Verträge getroffene Entscheidung der VW AG abgelehnt wird und zudem um Verständnis auf Seiten der israelischen Unternehmen gebeten, dass die Landesregierung diese ausschließlich auf wirtschaftlichen Erwägungen basierende unabhängige Entscheidung des VW-Managements respektiert und hierauf keinerlei Einfluss nehmen kann.

Die Landesregierung ist zuversichtlich, dass ein von beiderseitigem Verständnis geprägter Abschluss dieses Projekts zwischen den Beteiligten gefunden wird, der Raum für mögliche künftige Kooperationen lässt. Der Landesregierung liegen keinerlei Informationen vor, dass sich die Volkswagen AG weiteren Gesprächen verschließt.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
20.02.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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