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Erdgas in Niedersachsen

Der Abgeordnete Stefan Wenzel (GRÜNE) hatte gefragt:

  • Als unkonventionelles oder nichtkonventionelles Erdgas wird Erdgas bezeichnet, das gebunden in tiefen Gesteinsschichten vorkommt. Dazu zählt Erdgas aus Tonsteinen (sogenanntes Shale Gas, Schiedergas), auch aus Sand- und Kalkstein, Kohleflözen, Aquiferen und Gashydraten. Neuartige Bohrmethoden machen die Förderung dieses Erdgases offenbar möglich und angeblich auch rentabel. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt die weltweiten Reserven auf über 900 Billionen m³, was dem Fünffachen der in den konventionellen Reservoirs lagernden Mengen entspricht. In den USA macht die Förderung von unkonventionellem Erdgas heute schon mehr als 40 % der Gesamtförderung an Erdgas aus. Von dort kommen jedoch auch Berichte über erhebliche Umweltbelastungen, die mit der Förderung verbunden sind - wie erhebliche Verunreinigungen des Grundwassers und an die Oberfläche gelangende Giftstoffe wie Arsen und radioaktive Stoffe.

    Auch in Europa werden große Vorkommen an unkonventionellem Erdgas vermutet. Die Bundesregierung hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) damit beauftragt, das Ressourcenpotenzial von Shale Gas in Deutschland abzuschätzen. Medienberichten zufolge hat sich Ministerpräsident Wulff bereits im letzten Jahr bei seinem Besuch in Houston, Texas, darüber informieren lassen, und der Konzern ExxonMobil sucht an zehn Förderorten in Niedersachsen nach unkonventionellem Erdgas.

    Ich frage die Landesregierung:

    1. Welche Unternehmen haben beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) eine Genehmigung zur Durchführung von Probebohrungen nach unkonventionellem Erdgas beantragt, und wo sollen diese Bohrungen stattfinden (bitte jeweils auflisten)?
    2. Wurde in Niedersachsen bereits die Durchführung von Probebohrungen nach unkonventionellem Erdgas genehmigt bzw. abgelehnt? Wenn ja, für wen, wann und an welchen Orten?
    3. Haben in Niedersachsen schon Probebohrungen stattgefunden? Wenn ja, von wem, wann und an welchen Orten?
    4. Sind schon Förderlizenzen vergeben worden? Wenn ja, für welche Unternehmen, wann und für welche Orte?
    5. Welche Kenntnisse über den Umfang der Vorkommen von unkonventionellem Erdgas in Niedersachsen liegen der Landesregierung vor, bzw. liegen Studien vor, die eine Abschätzung dieser Vorkommen enthalten? Wenn ja, auf welchen Umfang werden die Vorkommen in Niedersachsen geschätzt?
    6. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über mögliche Umweltschäden vor, die bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas auftreten?
    7. Sind niedersächsische Universitäten oder Energieforschungsstellen an Forschungsvorhaben beteiligt, die sich mit unkonventionellem Erdgas beschäftigen?
    8. Welche Einnahmen verspricht sich die Landesregierung von der Vergabe von Förderlizenzen für unkonventionelles Erdgas und der Förderung der Stoffe selbst?
  • Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 19.07.2010 wie folgt:

    Nach der Definition der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover zählen zum unkonventionellen Erdgas die Vorkommen, bei denen das Gas einer Förderbohrung nicht ohne weitere technische Maßnahmen in ausreichender Menge zuströmt, weil es entweder nicht in freier Gasphase im Gestein vorkommt oder das Speichergestein nicht ausreichend durchlässig ist. Dies sind Vorkommen in dichten Gesteinen, Kohleflözen, Aquiferen und Gashydraten. Bei den Erdgasvorkommen in dichten Gesteinen wird wiederum zwischen Vorkommen in sehr geringdurchlässigen Gesteinen (Tight Gas) und extrem geringdurchlässigen Tonsteinen (Shale Gas) unterschieden. In Niedersachsen findet gegenwärtig keine Gewinnung von Shale Gas sowie von Erdgas aus Kohleflözen, Aquiferen oder Gashydraten statt. Tight Gas wird in Niedersachsen seit mehreren Jahren ohne besondere Vorkommnisse gefördert, so zum Beispiel in den Regionen um die Ortschaften Leer und Söhlingen.

    Da der Begriff Probebohrungen nicht näher erläutert ist, wird der Beantwortung der Fragen der in der deutschen Klassifikation von Erdöl- und Erdgasbohrungen verwendete Begriff Aufschlussbohrungen zugrunde gelegt. Hierbei handelt es sich um Bohrungen, die das Ziel haben, neue Lagerstätten zu finden.

    Dieses vorausgeschickt, wird die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

    Zu 1.:
    Die konkreten Ziele von Aufschlussbohrungen unterliegen als Betriebsgeheimnisse grundsätzlich der Vertraulichkeit.
    Aus Veröffentlichungen ist bekannt, dass die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG), Hannover, für die Suche nach unkonventionellem Erdgas mehrere Aufschlussbohrungen plant bzw. schon erstellt hat. Hierzu wurden beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) folgende Aufschlussbohrungen beantragt und genehmigt:

    Name der Bohrung

    Bohrung genehmigt am

    Genehmigungs-inhaber

    Bohrung erstellt in

    Damme 2 und 3

    15. Februar 2008

    EMPG

    2008

    Lünne 1

    14. August 2009

    EMPG

    (geplant 2010)

    Niedernwöhren 1

    05. Mai 2009

    EMPG

    2009

    Nöpke 2

    05. Mai 2009

    EMPG

    -

    Schlahe 1

    22. Mai 2009

    EMPG

    2009

    Die Lage dieser Bohrungen ergibt sich aus dem jeweiligen Bohrungsnamen, der die nächstgelegene Ortschaft bezeichnet.

    Zu 2.:
    Siehe Antwort zu Frage 1.

    Zu 3.:
    Siehe Antwort zu Frage 1.

    Zu 4.:
    Nach Bergrecht wird Erdgas ebenso wie Erdöl einheitlich als Bodenschatz Kohlen-wasserstoff definiert. Dieser Definition folgend sind in Niedersachsen derzeit rund 200 Bewilligungen zur Gewinnung von Kohlenwasserstoffen vergeben, wobei nicht zwischen konventionellem und unkonventionellem Erdgas unterschieden wird. Die Lage der in Niedersachsen vergebenen Bewilligungen zur Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, deren Befristung und die Namen der jeweiligen Inhaber sind auf dem Kartenserver des LBEG (www.lbeg.niedersachsen.de) veröffentlicht.

    Zu 5.:
    Der Landesregierung liegen keine Kenntnisse über den Umfang der Vorkommen von unkonventionellem Erdgas in Niedersachsen und keine Studien, die eine Abschätzung dieser Vorkommen enthalten, vor.

    Zu 6.:
    Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Gemäß der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Ingrid Nestle, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/1676 des Deutschen Bundestages – zum aktuellen Stand der Förderung von unkonventionellem Erdgas in Deutschland weisen Erfahrungen aus den USA darauf hin, dass die Erschließung von Shale Gas Lagerstätten ein Aufbrechen der Tonsteine erfordert, wodurch ein gegenüber konventionellen Lagerstätten erhöhter Wasserverbrauch und zusätzlicher Energiebedarf anfällt. Die Landesregierung geht ebenso wie die Bundesregierung davon aus, dass bei Beachtung der geltenden technischen und Umweltstandards keine grundsätzlichen Unterschiede zur Förderung von konventionellem Erdgas bestehen.

    Zu 7.:
    Ja. Insbesondere die Technische Universität Clausthal hat sich an Forschungsvorhaben zu dem Aufschluss und der Gewinnung von unkonventionellem Erdgas beteiligt bzw. diese durchgeführt. Weitere Forschungsvorhaben zu diesem Thema sind dort geplant.

    Zu 8.:
    Da die wirtschaftlich gewinnbaren Mengen an unkonventionellem Erdgas und die Ausdehnung von potenziellen Lagerstätten nicht abschätzbar sind, ist eine Beantwortung dieser Frage zurzeit nicht möglich.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
18.08.2010

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