Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen klar Logo

Radioaktive Rückstände aus der Erdöl- und Erdgasproduktion

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 01.07.2011 - TOP 41. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE)


Der Abgeordneten Stefan Wenzel (GRÜNE) hatte gefragt:

In der Strahlenschutzverordnung vom 20. Juli 2001 wurden erstmals Regelungen zum Schutz von Beschäftigten und der Bevölkerung vor erhöhten Strahlenexpositionen durch radioaktive Stoffe getroffen, die nicht wegen ihrer Eignung als Kernbrennstoff oder sonstiger radioaktiver Eigenschaften Verwendung finden, sondern die aufgrund anderer industrieller Prozesse im Produktionsverfahren angereichert werden. Betroffen sind dabei insbesondere Rohstoffe, die erhöhte Radioaktivitätsgehalte aufweisen. Diese Rückstände werden als „Naturally Occurring Radioactive Materials“ (NORM) bezeichnet. In Niedersachsen treten solche Rückstände im Lagerstättenwasser bei der Erdöl- und Erdgasproduktion auf. Sie werden von den eigentlichen Produkten in Trockenanlagen abgeschieden und separat beseitigt oder treten als Ablagerungen in Förderrohren oder Lagerstättenwasserleitungen auf.

Orientiert an einem Dosiswert von 1 Millisievert pro Jahr, wurden dabei überwachungsbedürftige Rückstände festgelegt, bei deren Beseitigung oder Verwertung besondere Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Beschäftigten erforderlich sind. Der Gesetzgeber hat auf den im Strahlenschutz üblichen Genehmigungsvorbehalt verzichtet und den betroffenen Betrieben die Umsetzung in Eigenverantwortung überlassen. Die Ergebnisse von Prüfungen müssen der für Strahlenschutz zuständigen Behörde des zuständigen Bundeslandes mitgeteilt werden. Diese können Auflagen erteilen oder Kontrollen vornehmen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Bei welchen Unternehmen fallen in Niedersachsen NORM-Rückstände an?
  2. Wie hoch war das angefallene radioaktive Inventar in den Jahren 2010, 2009 und 2008 bei den Unternehmen jeweils (Angaben in Bequerel für alle niedersächsischen Produktionsstätten)?
  3. In welchen Fällen und in welchem Umfang wurden die Freigabewerte nach Tabelle 1 im Anhang der Strahlenschutzverordnung für die Freigabe von Flüssigkeiten nach Spalte 5 oder die Werte für Flüssigkeiten zur Beseitigung nach Spalte 9 für Cäsium 137 oder für andere Radionuklide in den o. g. Jahren überschritten?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Im Zusammenhang mit der Gewinnung von Erdöl und Erdgas in Niedersachsen fallen Rückstände an, die natürliche radioaktive Stoffe enthalten können. Diese Stoffe werden durch Lösungsvorgänge im Untergrund freigesetzt und gelangen gemeinsam mit dem Lagerstättenwasser an die Erdoberfläche. Die Konzentration der natürlichen radioaktiven Stoffe im Lagerstättenwasser ist so gering, dass sich die von ihnen ausgehende radioaktive Strahlung kaum von der überall vorkommenden Umgebungsstrahlung abhebt. An bestimmten Stellen in den ober- oder unterirdischen Produktionsanlagen kann es jedoch zu Ablagerungen und damit zu einer Anreicherung dieser Stoffe in fester oder schlammiger Form (NORM-Rückstände) kommen. Diese radioaktiven Rückstände werden – anders als radioaktive Abfälle – nicht nach Maßgabe von § 29 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) aus der strahlenschutzrechtlichen Überwachung freigegeben, sondern können nach § 98 StrlSchV bei Sicherstellung der dort genannten Randbedingungen aus der strahlenschutzrechtlichen Überwachung entlassen werden.

Mitteilungs- und Meldepflichten über radioaktive Rückstände bestehen für die niedersächsischen Erdöl- und Erdgasunternehmen nicht, da die hierfür in der StrlSchV vorgesehene Mengenschwelle von über 2000 t Material pro Jahr in keinem der Betriebe erreicht wird. Informationen über Art und Menge der anfallenden Rückstände ergeben sich im Falle der Entlassung von überwachungsbedürftigen Rückständen aus der Überwachung auf der Grundlage des § 98 StrlSchV.

Das Nuklid Cäsium-137 gehört nicht zu den natürlichen Radionukliden, die in Rückständen aus der Erdöl- und Erdgasgewinnung anzutreffen sind.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
NORM-Rückstände fallen in Niedersachsen bei der ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG), der GDF SUEZ E&P Deutschland GmbH (GDF SUEZ), der RWE Dea AG (RWE) und der Wintershall Holding GmbH (WIHO) an.

Zu 2.:
Entsprechend den Bescheiden des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie zur Entlassung von überwachungsbedürftigen Rückständen aus der strahlenschutzrechtlichen Überwachung haben die unter 1. aufgeführten Unternehmen in den vergangenen drei Jahren Rückstände mit den in nachstehender Tabelle genannten Aktivitäten nach § 98 StrlSchV entsorgt:


RWE

EMPG

WIHO

GDF SUEZ

2008

201,7 MBq

1340,1 MBq

176,5 MBq

126,4 MBq

2009

1272,4 MBq

2483,0 MBq

174,1 MBq

280,2 MBq

2010

852,8 MBq

3521,0 MBq

656,8 MBq

264,7 MBq

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 3.:
Der mit der Frage hergestellte Zusammenhang zwischen NORM-Rückständen und der Tabelle 1 der Anlage III StrlSchV ergibt sich in der Praxis nicht, da diese Tabelle nicht für NORM-Rückstände anwendbar ist. Darüber hinaus fallen diese Rückstände nicht in flüssiger Form an.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Logo Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.07.2011

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln