Pkw-Maut in Niedersachsen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 11.11.2011 - TOP 26. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Heiner Schönecke, Dirk Toepffer, Ernst-August Hoppenbrock, Reinhold Hilbers, Heinz Rolfes u. a. (CDU)
Die Abgeordneten Heiner Schönecke, Dirk Toepffer, Ernst-August Hoppenbrock, Reinhold Hilbers, Heinz Rolfes und Karsten Heineking (CDU) hatten gefragt:
Die Maut- und Kfz-Steuer-Diskussion für Pkws beschäftigt seit Monaten die Politik in Bund und Ländern. Auch Niedersachsen ist von der Unterfinanzierung des Verkehrshaushalts betroffen. Der Anteil von 5 % ausländischer Nutzer auf unseren Straßen führt regelmäßig zu der Frage: Kann eine Pkw-Maut zu einer Beteiligung ausländischer Nutzer an der Finanzierung der Autobahnen führen?
Bereits heute tragen deutsche und ausländische Lkw über die Maut zur Finanzierung der Straßen bei. Würde die Maut auch auf Pkw ausgedehnt werden, wären hiervon in erster Linie deutsche Pkw-Nutzer betroffen. Für diese könnte über eine allgemeine Senkung der Kfz-Steuer eine Kompensation eingeführt werden. Hierbei ist zu beachten, dass heute von der Kfz-Steuer viele Nutzergruppen ohnehin befreit sind: Fahrzeuge, die hoheitliche Aufgaben übernehmen, wie Feuerwehr oder Polizei, Fahrzeuge für den Wegebau und für die Straßenreinigung, Linienverkehr und landwirtschaftliche Fahrzeuge. Steuerermäßigt sind Oldtimer und Fahrzeuge mit roten Kennzeichen, Fahrzeuge von Schwerbehinderten und Elektroautos. Fahrzeuge, die einen Teil ihrer Strecken per Bahn zurücklegen, zahlen ab der 32. Fahrt weniger Kfz-Steuer. Befreit von der Kfz-Steuer sind auch Schausteller und Diplomaten.
Nach Ansicht von Fachleuten könnte die Pkw-Maut eine Möglichkeit darstellen, ein gerechteres, leistungsbezogenes Nutzersystem zu etablieren. Die Verwaltungskosten sind in Abhängigkeit von der gewählten Technik, der Differenzierung (Größe, Gewicht und eingebauter Technik oder auch soziale Aspekte) und vom Verbleib der Kfz-Steuer in die Gesamtbetrachtung der Pkw-Maut einzubeziehen.
Wir fragen die Landesregierung:
- Gibt es Berechnungen, wie hoch eine Pkw-Maut ausfallen müsste, damit auf die Kfz-Steuer verzichtet werden könnte?
- Sind Ansätze bekannt, wie die oben genannten steuerbefreiten Nutzergruppen auch bei einer Mautgebühr berücksichtigt werden können?
- Ist es heute bereits möglich, die elektronische Erfassung der Lkw-Maut bereits technisch auf Pkw und andere Verkehrsmittel zu erweitern?
Die aktuelle Diskussion zur Pkw-Maut wird angestoßen durch die Unterfinanzierung der Bundesfernstraßen. Motivation für eine Pkw-Maut kann einerseits der Wunsch nach einer gerechteren Kostenanlastung der Nutzer sein, als auch eine signifikante Erhöhung der Einnahmen, die zweckgebunden für Bau und Erhalt der Straßen verwendet wird. So kann die permanente Unterfinanzierung des Straßenbauetats vermindert oder aufgelöst werden. Die bislang von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in die Diskussion gebrachten Modelle orientieren sich auf eine pauschale Vignettenlösung sowie auf die Generierung von Mehreinnahmen bei gleichzeitig unterstelltem Ausgleich für die deutschen Autofahrer durch Senkung der Kraftfahrzeugsteuer. Ziel der Modelle soll die Generierung von Mehreinnahmen durch die Einbeziehung ausländischer Fahrzeuge bei gleichzeitiger Senkung der Kraftfahrzeugsteuer sein.
Bislang hat das BMVBS keine Details zu den möglichen Modellen veröffentlicht. Insofern kann auch nicht beurteilt werden, wie viel Mehreinnahmen durch die ausländischen Pkw nach Abzug des gesamten Systemaufwands wirklich zu erwarten ist. Es ist zu befürchten, dass nach Anrechnung der Kraftfahrzeugsteuersenkung, Aufwand für das System, Aufwand für Kontrolle und Abrechnung und Berücksichtigung ohnehin privilegierter Gruppen bei der Kraftfahrzeugsteuer keine Mehreinnahmen mehr übrig bleiben. Wenn dennoch Mehreinnahmen erzielt werden sollen, dann ist eine Mehrbelastung der deutschen Pkw-Nutzer zu erwarten.
Die durch BMVBS zugrunde gelegten Vignettenlösungen führen nicht zu einer größeren Nutzergerechtigkeit. Sie bestraft Wenigfahrer und belohnt Vielfahrer und ist deshalb nicht sinnvoll. Eine alternativ vorstellbare elektronische nutzungsabhängige Mauterhebung führt zu einer größeren Gerechtigkeit aber erfordert einen ungleich höheren System- und Abrechnungsaufwand.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Ja, laut BMVBS wäre in diesem Fall für eine Jahresvignette ein Preis von 365,- € zu entrichten.
Zu 2.:
Entsprechende Vorstellungen des Bundes sind nicht bekannt. Es ist auch nicht klar, ob diese Nutzergruppen in den Modellen des Bundes überhaupt Berücksichtigung finden.
Zu 3.:
Dies ist technisch möglich. Die hohe Zahl von zu berücksichtigenden über 40 Mio deutschen Pkw zzgl. ausländischer Fahrzeuge sprengen bei weitem die derzeitige bzw. zeitnahe zu realisierende Kapazität des derzeitigen Systems für Lkw-Maut. Dieses Lkw-System erfasst gegenwärtig weniger als 1 Mio. Fahrzeuge. Der Kontrollaufwand bei einer Ausweitung auf Pkw würde drastisch steigen. Schließlich sind eine Reihe ungelöster Datenschutzfragen zu klären, die für den Lkw-Verkehr gelöst sind.
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erstellt am:
11.11.2011