Regio-S-Bahnstrecke Bremen–Nordenham (RS 4)
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.12.2011 - TOP 24. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Ina Korter (GRÜNE)
Die Abgeordnete Ina Korter (GRÜNE) hatte gefragt:
Seit Dezember 2010 betreibt die NordWestBahn den Personennahverkehr auf der Regio-S-Bahnstrecke Bremen–Nordenham (RS4). Neben anfänglichen „Kinderkrankheiten“ (unpünktliche Züge, Probleme mit Fahrscheinautomaten, schlechte Fahrgastinformationen) hat es im Herbst dieses Jahres laut Presseberichten und Fahrgastbeschwerden eine regelrechte „Pannenserie“ gegeben. Etliche Züge auf dieser Strecke sollen ersatzlos ausgefallen sein. Die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) erklärte in der Nordwest-Zeitung, dass für die Ausfälle hauptsächlich ein Personalengpass verantwortlich sei.
Die LNVG als Bestellorganisation sieht im Personalmangel ein allgemeines Problem und spricht bei der NordWestBahn von einer fehlenden „Reserve in besonderen Situationen“. Nach Ausführungen des Geschäftsführers sollen bundesweit rund 800 Triebfahrzeugführer fehlen. Gleichzeitig antwortete der Geschäftsführer der LNVG in einem Antwortschreiben am 3. November 2011 auf meine Nachfragen zu wiederholten Zugausfällen, dass eine Häufung von Störungen auf dieser Strecke nicht festzustellen sei. Im Übrigen werde für ausgefallene Züge kein Zuschuss gezahlt. Das sei vertraglich geregelt.
Zahlreiche Reisende und Berufspendler haben sich bereits in der Presse und in Briefen an die LNVG und die NWB über die gehäuften Probleme bei der NWB beschwert. Sie erwarten, dass sich das Land und die LNVG deutlich für die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen durch die NWB einsetzen.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie viele Züge sind seit Übernahme der Strecke Bremen–Nordenham durch die NordWestBahn im Dezember 2010 ersatzlos ausgefallen (bitte aufgeschlüsselt nach Monaten)?
- Hat die Landesregierung darüber Kenntnis, wie die NordWestBahn ihren vertraglich vereinbarten Beförderungsauftrag wahren kann, wenn bei dem Unternehmen von einer fehlenden Reserve in der Personaldecke gesprochen wird?
- Was hat die Landesregierung unternommen, damit die NordWestBahn ihren vertraglichen Verpflichtungen auf der oben genannten Strecke nachkommt, und gibt es Überlegungen seitens der Landesregierung, den Vertrag mit der NordWestBahn wegen mangelnder Aufgabenwahrnehmung zu kündigen?
Auslöser für die zitierte Presseberichterstattung über Regio-S-Bahn Bremen / Niedersachsen war der Ausfall von vier Zügen am 25. September 2011 während des Rodenkirchener Marktes.
Auch wenn jeder einzelne ausgefallene Zug bedauerlich ist, so muss der Ausfall doch ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Züge gesetzt und die Ursachen betrachtet werden. Die Stabilität des Bahnfahrplans im täglichen Betrieb ist von vielen Faktoren abhängig, die die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) oftmals nicht zu verantworten haben und auch nicht beeinflussen können. Hierzu zählen in erster Linie Bauarbeiten und Störungen an Weichen, Signalen und Stellwerken oder beweglichen Brücken ebenso wie Unfälle an Bahnübergängen oder Witterungseinflüsse. Dies sind auch die wesentlichen Gründe für Zugausfälle. In letzter Zeit haben außerdem Diebstähle von Erdungskabeln an Oberleitungsanlagen den Betrieb auf vielen Strecken empfindlich gestört und den Ausfall von Zügen verursacht.
Insgesamt betrachtet ist eine signifikante Häufung von Zugausfällen weder auf der Linie RS4 Nordenham – Bremen noch im übrigen Netz der Regio-S-Bahn Bremen / Niedersachsen zu verzeichnen. Der Anteil der Züge, die ausfallen, liegt bei der NordWestBahn (NWB) und hier speziell im Netz der Regio-S-Bahn Bremen / Niedersachsen sogar unter den Vergleichswerten vieler Netze anderer SPNV-Unternehmen. Trotzdem hat das Land bzw. die Landesnahverkehrsgesellschaft in ihrer Funktion als Aufgabenträger ihre Bereitschaft erklärt mögliche Probleme und Irritationen gemeinsam mit den betroffenen Stellen zu besprechen.
Außerdem hat eine von einem unabhängigen Gutachter durchgeführte Kundenbefragung der Fahrgäste der Regio S-Bahn Bremen / Niedersachsen durchweg gute Noten ergeben, dies gilt insbesondere auch für die Linie RS4. Mehr als dreiviertel der Fahrgäste sind mit dem Gesamtangebot „sehr zufrieden“ (höchster Wert der Skala) oder „zufrieden“. Bedeutend ist in diesem Zusammenhang auch die Einschätzung von fast dreiviertel der Kunden, dass das Angebot der Regio-S-Bahn Bremen / Niedersachsen unter dem Betreiber NWB „deutlich besser“ (höchster Wert der Skala) oder „besser“ beurteilt wird als das der Deutschen Bahn AG (DB AG) bis zum Dezember 2010.
Zukünftig wird es bundesweit tatsächlich schwieriger junge Menschen für den Beruf des Lokführers zu gewinnen. Auf diese Entwicklung müssen sich die Unternehmen einstellen und ihre Ausbildungsbestrebungen verstärken. Nur so kann verhindert werden, dass in den kommenden Jahren ein Lokführermangel zu Problemen im Zugverkehr führt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
zu 1.:
Seit Betriebsstart der Regio-S-Bahn Bremen / Niedersachsen im Dezember 2010 bis zum 28. November 2011 sind auf der Linie RS4 0,41 % der Sollleistung gemessen in Zugkilometern ersatzlos ausgefallen. Bezogen auf die Zahl der für diesen Zeitraum bestellten Züge von über 13.000 sind 38 Züge zwischen Nordenham und Bremen und 59 Züge auf überwiegend kurzen Linienabschnitten nicht gefahren. Dies entspricht einem Anteil von 0,74 %. Die Zugausfälle sind wie folgt auf die einzelnen Monate seit der Betriebsaufnahme verteilt:
Dezember 2010: | 14 | Juni 2011: |
2 |
Januar 2011: |
4 | Juli 2011: |
6 |
Februar 2011: |
7 | August 2011: |
4 |
März 2011: |
2 | September 2011: |
7 |
April 2011: |
13 | Oktober 2011: |
7 |
Mai 2011: |
29 | November 2011: |
2 |
zu 2.:
Die Zugausfälle während des Rodenkirchener Marktes waren auf kurzfristige Krankmeldungen von mehreren Triebfahrzeugführern zurückzuführen, die so kurzzeitig von der NWB nicht durch an anderen Personalstandorten zur Verfügung stehende Fahrer ersetzt werden konnten.
Im Übrigen beträgt die personalbedingte Zugausfallquote im Netz der Regio-S-Bahn Bremen / Niedersachsen für den gesamten Zeitraum seit Dezember 2010 lediglich 0,05 %. Das Unternehmen bildet trotzdem verstärkt Triebfahrzeugführer aus, um gar nicht erst ein Problem entstehen zu lassen. Nach Auskunft des Unternehmens werden zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011 alle vorgesehenen Planstellen besetzt sein. Insofern ist davon auszugehen, dass die NWB ihre vertraglichen Verpflichtungen auch im Netz der Regio-S-Bahn Bremen / Niedersachsen weiterhin erfüllen wird.
zu 3.:
Die LNVG als Auftraggeber wendet die vertraglich vereinbarten Sanktionen an und behält die Zuschüsse für die ausgefallenen Züge ein.
Ein Verkehrsvertrag kann nur aus „wichtigem Grund“ gekündigt werden, für den das Eisenbahnverkehrsunternehmen die Verantwortung tragen muss. Für diesbezügliche Überlegungen besteht angesichts der geschilderten Sachlage kein Raum.
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erstellt am:
09.12.2011