Messestandort Hannover / Bettensteuer
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 24.02.2012 - TOP 29. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Dirk Toepffer und Axel Miesner (CDU)
Die Abgeordneten Dirk Toepffer und Axel Miesner (CDU) hatten gefragt:
Die rot-grüne Mehrheit im Rat der Stadt Hannover einigte sich im Januar 2012 auf die Einführung einer Hotelübernachtungssteuer in Höhe von 2,50 Euro ab dem Jahr 2014. Dies geschah in erster Linie, um den Stadtetat zu sanieren. Sowohl der Landesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes als auch die Industrie- und Handelskammer in Hannover äußerten bereits Kritik an der Einführung einer vielfach auch als „Bettensteuer“ bezeichneten Abgabe, da diese dem Messestandort Hannover und den vom Tourismus lebenden Betrieben in der Landeshauptstadt schade.
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie wird sich die Einführung einer „Bettensteuer“ nach Ansicht der Landesregierung auf den Messe- und Tourismusstandort Hannover auswirken?
- Welche Erfahrungen wurden in anderen niedersächsischen Kommunen nach Einführung einer „Bettensteuer“ in Bezug auf die Entwicklung der Übernachtungszahlen gemacht?
- Teilt die Landesregierung Bedenken, wonach die Einführung einer „Bettensteuer“ einen ungerechtfertigten Eingriff in den Wettbewerb in der Hotellerie darstellt?
Der Tourismus, der sich auch in Zeiten einer weltweiten Wirtschaftskrise als äußerst robust erwiesen hat, nimmt in Niedersachsen als Wirtschaftsfaktor eine sehr wichtige Schlüsselposition ein. Er ist Standortfaktor, Beschäftigungs-Motor, Imageträger und Stabilisierungsfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region zugleich. In Niedersachsen belegen über 38 Mio. Übernachtungen den hohen Stellenwert des Tourismus, der zudem rund 340.000 Erwerbstätigen einen Arbeitsplatz sichert und einen Umsatz von gut 15 Mrd. Euro generiert. Auch die Landeshauptstadt Hannover hat von dem Aufwärtstrend stark profitieren können. Mit Stand November 2011 weisen die statistischen Erhebungen eine Steigerung der Übernachtungszahlen gegenüber dem Vorjahr von 9,7 % aus.
Die Rahmenbedingungen für den Tourismus haben sich allerdings nicht nur zum Positiven verändert und stellen die Tourismusbranche und ihre Akteure vor neue Herausforderungen, für die alle in dieser Branche engagierten Ebenen (Land und Kommunen) Lösungsansätze finden müssen.
Insbesondere die niedersächsischen Städte und Kommunen geraten bei der Finanzierung touristischer Aufgaben, die kommunalrechtlich den freiwilligen Aufgaben zugeordnet werden, zunehmend unter Druck. Die eigenen finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten im Tourismus müssen von den Kommunen eigenverantwortlich geprüft und bewertet werden, vorhandene Finanzierungsinstrumente (Kurtaxe und/oder Fremdenverkehrsabgabe) ausgeschöpft und zukunftsfeste Finanzierungsalternativen in Erwägung gezogen werden.
Unabhängig von den aktuellen Gerichtsentscheidungen des OVG Koblenz bzw. des VG Köln zur Rechtmäßigkeit einer Kulturförderabgabe oder sogenannten Bettensteuer könnte die Einführung dieser kommunalen Bagatellsteuer aus Sicht der Landesregierung dem Ziel, den Tagungs- und Tourismusstandort Hannover zu fördern, entgegenarbeiten.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Einführung der „Bettensteuer“ wird sich nicht direkt auf den Messestandort auswirken. Gleichwohl könnte die Hotellerie in Hannover sie als ein falsches Signal ansehen, da, sie in der Vergangenheit stets um moderate Preiszuschläge während der Messezeiten bemüht war.
Wie der Unternehmer die Aufwendungen für die Bettensteuer zu tragen hat, liegt in der Ausgestaltung der Steuersatzung. Negative Entwicklungen könnte die Folge sein.
Zu 2.:Verlässliche Erfahrungswerte nach Einführung der „Bettensteuer“ liegen noch nicht vor. In Osnabrück waren seit Einführung am 01.01.2011 keine Rückgänge bei den Übernachtungszahlen zu verzeichnen. Mit Stand November 2011 wurden für die Stadt Osnabrück rund 285.000 Übernachtungen statistisch registriert. Im Vergleichszeitraum 2010 lag das Übernachtungsvolumen bei 275.830.
Aussagekräftige Daten aus Göttingen, wo die „Bettensteuer“ am 01.07.2011 eingeführt wurde und auch aus den Städten Hildesheim und Oldenburg (Einführung am 01.01.2012), sind derzeit noch nicht verfügbar.
Zu 3.:
Bei der sog. „Bettensteuer“ handelt es sich nach den – allerdings noch nicht rechtskräftigen – Urteilen des OVG Koblenz vom 17.05.2011, AZ: 6 C 11337/10.OVG, sowie des VG Köln vom 21.07.2011, AZ: 24K 6736/10, um eine nach Kommunalabgabengesetz zulässige „örtliche Aufwandssteuer“. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) findet auf den vorliegenden Sachverhalt daher keine Anwendung. Ein unzulässiger Eingriff in den Wettbewerb der Hotellerie ist somit zumindest auf Grundlage des GWB nicht feststellbar.
Dennoch darf nicht verkannt werden, dass die Erhebung von örtlichen Aufwandsteuern auf Übernachtungen einen weiteren Kostenfaktor darstellt, der die Übernachtungen verteuert. Damit verschlechtert sich die Wettbewerbslage des belasteten Unternehmers gegenüber anderen, die diese Abgabe nicht einzupreisen haben und beeinflusst die Liquidität des Betriebes. Die Sonderbelastung der Beherbergungsbetriebe im Stadtgebiet Hannover ist nicht nachvollziehbar, weil das Beherbergungsgewerbe weder mehr Leistungen der Stadt in Anspruch nimmt als andere Branchen, noch nennenswerte Steuerausfälle durch die am 01.01.2010 eingeführte Mehrwertsteuersenkung nachweisbar sind.
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erstellt am:
24.02.2012