Barrierefreiheit am Bahnhof Bad Gandersheim
Der Abgeordnete Uwe Schwarz (SPD) hatte gefragt:
Seit der Verbreiterung des Bahnsteiges, verbunden mit dem Rückbau von Gleis 1, auf dem Bad Gandersheimer Bahnhof ist ein barrierefreier Übergang zu Gleis 2 nicht mehr möglich. Vielmehr müssen Menschen mit Behinderungen und Handicaps die Unterführung benutzen.
Warum mit dem Rückbau vor Jahren der bis dahin vorhandene Übergang komplett abgeschafft wurde, ist nicht nachvollziehbar. Aufgrund der bekannten demografischen Entwicklung wird es bei den vorhandenen baulichen Anlagen für immer mehr Menschen zusehends beschwerlich bzw. unmöglich, Gleis 2 zu erreichen bzw., wenn man dort ankommt, ohne massive fremde Hilfe zum Ausgang zu gelangen.
Unter Bezugnahme auf das Antidiskriminierungsgesetz, das Niedersächsische Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen und die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen frage ich die Landesregierung:
- Ist die fehlende Barrierefreiheit ein weiterer Baustein im Rahmen der seit Jahren zu beobachtenden Serviceverschlechterung am Bahnhof, um eine Schließung voranzutreiben?
- Inwieweit steht die geschilderte Situation im Einklang mit den vorab genannten Gesetzen?
- Ist die Deutsche Bahn gesetzlich und/oder moralisch verpflichtet, einen barrierefreien Zugang zu ihren Verkehrsmitteln zu gewährleisten?
- Sind diesbezüglich bauliche Maßnahmen am Bahnhof Bad Gandersheim geplant, wenn ja, wann und mit welchem finanziellen Aufwand?
- Wie haben sich die Fahrgastzahlen in den vergangenen zehn Jahren am Bahnhof Bad Gandersheim entwickelt?
Die große Mehrzahl der Bahnhöfe in Niedersachsen, so auch die Station Bad Gandersheim, befindet sich an Schienenstrecken der Deutschen Bahn AG (DB AG). Deren Tochter DB Station&Service ist für die Unterhaltung und den Neu- und Ausbau zuständig. Die Finanzverantwortung für die Infrastrukturanlagen der DB AG liegt per Gesetz allein beim Bund. So entscheidet über die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit eines (barrierefreien) Ausbaus nicht die Aufgabenträger bzw. das Land Niedersachsen, sondern allein der Eigentümer bzw. Betreiber der Infrastruktur.
Trotzdem beteiligt sich Niedersachsen in vielen Fällen an der Modernisierung und barrierefreien Gestaltung von Bahnhöfen, da das Land als Besteller von Schienenpersonennahverkehrsleistungen an einer funktionierenden und modernen Infrastruktur interessiert ist. Aktuell werden beispielsweise 38 Stationen im Rahmen des Bahnhofsmodernisierungsprogramms „Niedersachsen ist am Zug II“ aufgewertet und in diesem Zuge meist auch barrierefrei umgestaltet.
Beim Ausbau der Haltepunkte spielen auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle. Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von Modernisierungsmaßnahmen hat die Zentrale des Eisenbahnbundesamtes 2003 auch vor dem Hintergrund des 2002 in Kraft getretenen Behindertengleichstellungsgesetzes ausdrücklich bekräftigt.
In der Folge ist nach den Kriterien des im Juli 2005 von der Bundesregierung und der Bahn beschlossenen Programms der DB AG zum Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) die schrittweise Herstellung von barrierefreien Zugängen zu Bahnsteigen grundsätzlich erst beim Um- und Neubau von Bahnhöfen mit mehr als 1.000 Reisenden pro Tag vorgesehen.Die Verkehrsnachfrage im Bahnhof Bad Gandersheim erreicht mit ca. 400 Kunden pro Tag diesen Grenzwert nicht. Aus diesem Grund planen die Verantwortlichen derzeit keinen entsprechenden Ausbau der Station Bad Gandersheim.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Der in der Vorbemerkung des Fragestellers zitierte Übergang war nie ein offizieller Übergang für die Fahrgäste, sondern ein interner Dienstweg für betriebliche Zwecke. Insofern ist durch die Aufgabe des Überwegs im Zuge des Rückbaus von Gleis 1 keine Verschlechterung der örtlichen Situation eingetreten. Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.
Zu 2. bis 4.:
Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.
zu 5.:
Die Fahrgastzahlen gingen von 433 pro Tag im Jahr 2001 auf 375 pro Tag im Jahr 2010 zurück. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass zum Fahrplan 2006 das Angebot umgestellt wurde. Die Zahl der werktäglich haltenden Züge reduzierte sich von 54 auf 36, da die bis 2006 zweistündlich zusätzlich zum Stundentakt Bad Harzburg – Kreiensen in Bad Gandersheim haltenden Züge der Linie Braunschweig – Salzgitter-Ringelheim – Kreiensen seit 2006 nach Herzberg gefahren werden, um auch auf der Strecke Seesen – Herzberg einen Stundentakt realisieren zu können.
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erstellt am:
24.02.2012