Flächendeckend in Nieders. Qualität und angemessene Versorgung mit Postdienstleistungen erhalten?
Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortet die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Enno Hagenah (GRÜNE)
Es gilt das gesprochene Wort!
Der Abgeordnete hatte gefragt:
Die Deutsche Post AG hat verkündet, bis zum Jahr 2011 bundesweit 700 ihrer 800 Postfilialen zu schließen und sie durch Postagenturen oder Postpoints zu ersetzen. In Niedersachsen will die Post rund 80 ihrer Filialen aufgeben. Laut Konzernsprecher Heinz-Jürgen Thomeczek seien zumeist kleinere Filialen mit ein bis zwei Mitarbeitern betroffen. Tatsächlich sind von der geplanten Schließung aber auch größere Filialen mit mehr als zwei Mitarbeitern und mit einem hohen Kundenaufkommen betroffen, die zudem gewinnbringend wirtschaften. Aus einer Umfrage des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes geht hervor, dass die bisherigen Umstrukturierungen der Post bereits zu erheblichen Problemen in Städten und Gemeinden geführt haben. Unter anderem sei das Leistungsangebot ausgedünnt worden. Oftmals würde kein Postbankservice mehr angeboten werden. Viele Betreiber von Postagenturen beschwerten sich, dass die Vergütungszahlungen nicht ausreichten, um den Betrieb zu sichern. Meist sei der Raum in Postagenturen oder den Postpoints beengt, sodass der herkömmliche Service nur unzureichend angeboten werden könne. Die befragten Gemeinden und Städte gaben zudem an, dass oft die Postagenturen nicht in der Nähe zur ehemaligen Postfiliale angesiedelt würden. Die Wege für die Bürger würden damit länger. Auch die Leerung der Briefkästen erfolge zum Teil nicht zufrieden stellend. Laut Postgesetz (PostG) ist aber eine "flächendeckende Grundversorgung mit Postdienstleistungen" sicherzustellen.
Ich frage die Landesregierung:
- Welche Kenntnisse hat sie über die aktuelle Qualität der postalischen Versorgung in Niedersachsen, und teilt sie die Einschätzung vieler Gemeinden und Städte, dass sich durch die bisherige Umstrukturierung der Post der Service bereits verschlechtert hat?
- Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die bisherige Qualität und das herkömmliche Angebot bei der Versorgung mit Postdienstleistungen flächendeckend in Niedersachsen zu erhalten?
- Wenn das globale Unternehmen Post sein Filialnetz mit den jetzt geplanten Maßnahmen nahezu aufgibt und sich damit als lokaler Dienstleister zurückzieht, ist diese Entwicklung mit den Vorgaben des § 2 Abs. 2 Nummern 1 bis 5 PostG zu vereinbaren?
Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortete Namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:
Mit dem Ende der Exklusivlizenz zum 31.12.2007 in Deutschland sind seit Anfang dieses Jahres die Postmärkte für den Wettbewerb freigegeben. Damit ist auch die gesetzliche Verpflichtung der Deutschen Post AG (DP AG) zur Erbringung des Universaldienstes ausgelaufen.
Die Universaldienstleistungen werden seit dem 01.01.2008 gemäß Artikel 87 f Grundgesetz vielmehr von der DP AG und den Wettbewerbern erbracht. Ein Universaldienst-Defizit ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass die DP AG gegenüber der Bundesregierung zugesagt hat, den Universaldienst weiterhin zu erbringen, derzeit nicht zu erwarten. Falls die Marktmechanismen dennoch versagen sollten, stehen mit den §§ 12 bis 17 Postgesetz gesetzliche Instrumente zur Verfügung, um die Grundversorgung mit Postdienstleistungen weiterhin zu gewährleisten.
Dieses vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Trotz der durch die Umstrukturierungsmaßnahmen beim Filialnetz der DP AG aufgetretenen Probleme hat die Umfrage des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes auch ergeben, dass die Umwandlung der bisher posteigenen Filialen zu rund 60 % positiv bei der Bevölkerung angenommen wurde. Die Gründe dafür liegen darin, dass die Postagenturbetreiber im Regelfall das gleiche Leistungsangebot vorhalten, das auch von den posteigenen Filialen angeboten wurde und dazu verlängerte Öffnungszeiten anbieten. Zudem sind die meisten Postagenturen auch weiterhin in den örtlichen Zentren präsent.
Im Übrigen ist der Umfang des Universaldienstes in der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) festgelegt. Damit ist der Grundversorgungsanspruch der Bevölkerung bezüglich des Angebots an Postdienstleistungen, der Qualität der Erbringung, des vorzuhaltenden Filialnetzes, der Briefkastendichte und der einzuhaltenden Laufzeiten bei der Brief- und Paketbeförderung definiert. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird durch die Bundesnetzagentur überwacht.
Zu 2.:
Die Öffnung des Briefmarktes zum 01.01.2008 hat bereits im Vorfeld für positive Entwicklungen gesorgt. Private Anbieter haben eigene flächendeckende Netze von Annahmestellen aufgebaut. In naher Zukunft könnten den Postkunden vielfältige Postdienstleistungen angeboten werden. Voraussetzung dafür ist, dass faire Wettbewerbsbedingungen bei den Marktteilnehmern herrschen. Davon ist der Postmarkt allerdings noch weit entfernt. Insbesondere der Erhalt der Mehrwertsteuerbefreiung für die DP AG und die Einführung des Mindestlohns im Briefmarkt erschweren die weitere Marktöffnung erheblich.
Sowohl in Bezug auf die PUDLV als auch das Postgesetz besteht ein Anpassungsbedarf, der den geänderten Rahmenbedingungen in einem wettbewerblichen Umfeld Rechnung trägt. Die Bundesnetzagentur hat hierzu bereits vor zwei Jahren Anpassungsvorschläge unterbreitet, die sowohl vom Bundesrat als auch von der Bundesregierung weitgehend positiv aufgenommen wurden.
Hieran anknüpfend hat der Bundesrat am 14. März dieses Jahres (BR-Drs. 944/07 Beschluss) erneut darauf hingewiesen, dass er Handlungsbedarf in Bezug auf die Weiterentwicklung des Universaldienstes im Postbereich sieht und die Einleitung entsprechender Schritte der Bundesregierung angemahnt.
Unabhängig davon wird sich der politische Beirat der Bundesnetzagentur - in dem auch die Landesregierung vertreten ist - in seiner nächsten Sitzung am 26.05.2008 dem Schwerpunktthema Post widmen. Dabei ist der Beirat ebenso wie die Landesregierung der Auffassung, dass die postalische Grundversorgung der Bevölkerung bürger- und servicefreundlich zu gestalten ist.
Im Rahmen der anstehenden Novellierungen wird sich die Landesregierung daher auch weiterhin für chancengleiche Rahmenbedingungen auf den Postmärkten einsetzen, damit Privatkunden und Kleingewerbetreibende vom Wettbewerb im Briefmarkt stärker profitieren.
Zu 3.:
Auf die Antworten zu Frage 1 und 2 wird verwiesen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
09.05.2008
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010
Ansprechpartner/in:
Christian Budde
Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
Friedrichswall 1
30159 Hannover
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