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Breitbandversorgung im ländlichen Raum

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 06.06.2008 - TOP 26


Antwort von Wirtschaftsminister Walter Hirche auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Möhrmann (SPD)

Es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Die HAZ berichtete am 15. Mai 2005 unter der Überschrift "Fast jede fünfte Kommune ist abgehängt" über die verheerenden Auswirkungen des Fehlens einer schnellen Breitbandverbindung auf die wirtschaftliche Entwicklung dieser Gemeinden.

In einer Antwort auf eine Kleine Mündliche Anfrage im April-Plenum weist die Landesregierung darauf hin, dass mittelfristig nur ein funktionierender innovationsorientierter Wettbewerb dafür Sorge trägt, dass eine hochwertige Kommunikationsinfrastruktur künftig überall verfügbar sein wird.

Als bisherige Maßnahmen zur Verbesserung der Breitbandversorgung in der Fläche wird auf die Einflussnahme bei der Bundesnetzagentur hingewiesen, um mithilfe des Wettbewerbs Chancengleichheit zwischen Ballungsräumen und ländlichen Räumen zu erreichen. Außerdem sollen als "Hilfe zur Selbsthilfe" Mittel aus der EU-Förderperiode 2007 bis 2013 eingesetzt werden, um die Marktmängel in ländlichen und abgelegenen Räumen zu korrigieren. Es wird auch ein Breitbandkompetenzzentrum in Osterholz-Scharmbeck ins Leben gerufen. Auch plane das ML eine eigene Förderrichtlinie, die aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe finanziert werden solle.

Alle diese "Aktivitäten" und "verbalen Unterstützungen" helfen, wie von den beiden fragenden FDP-Kollegen, Jörg Bode und Jan-Christoph Oetjen, in der Einleitung der Anfrage formuliert, einem konkret betroffenen Unternehmensstandort oder einer Neuansiedlung ohne Breitbandver-sorgung kaum.

Ich frage die Landesregierung:

  1. An wie vielen Standorten in Niedersachsen insgesamt und an welchen konkreten Standorten im Landkreis Soltau-Fallingbostel (Kommunen bzw. Ortsteile von Kommunen) gab es beim ersten Erscheinen des Breitbandatlasses der Bundesregierung keine oder eine unzureichende Breitbandversorgung, und mit welcher Art konkreter Maßnahmen seitens der Kommunen oder des Landes wurden wie viele davon seit 2006 geschlossen?
  2. An welchen Stellen in Niedersachsen hat bisher ein innovationsorientierter Wettbewerb dafür Sorge getragen, die Mängel in der Breitbandversorgung abzubauen, und welche Maßnahmen oder konkreten Schritte schlägt die Landesregierung den Marktteilnehmern auf der Nachfrageseite vor, damit eine hochwertige Kommunikationsinfrastruktur künftig überall verfügbar sein wird?
  3. Nach welchen konkreten Kriterien und mit welchem Finanzvolumen sollen als Ultima Ratio Versorgungslücken mit öffentlichem Geld (EU-Strukturförderperiode 2007 bis 2013 oder Landesmittel) geschlossen werden, nach welchen Bedingungen sind dafür alternativ nur die regionalisierten Teilbudgets (ebenfalls aus europäischen Mitteln) der Landkreise einzusetzen, oder ist dies eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge?

Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortete namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:

Anrede,

Das Ungleichgewicht im Ausbau der Breitbandinfrastruktur zwischen den Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum darf nicht hingenommen werden. In der Programmplanung der aktuellen Strukturfondsförderperiode der Europäischen Union für die Jahre 2007 bis 2013 hat die Niedersächsische Landesregierung diesem Umstand Rechnung getragen und Mittel für den Lückenschluss in der Breitbandanbindung beantragt. Eine entsprechend notwendige "Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung breitbandiger elektronischer Kommunikation" des MW befindet sich derzeit im Notifizierungsverfahren der Europäischen Kommission. Über das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erhält Niedersachsen weitere Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe, die durch das ML umgesetzt werden. Die erforderliche "Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Breitbandversorgung ländlicher Räume" befindet sich in der Ressortmitzeichnung. Beide Ressorts stimmen ihr Vorgehen eng miteinander ab.

Die Landesregierung nutzt darüber hinaus die ihr zur Verfügung stehenden Mittel der politischen Einflussnahme über die gesetzgebenden Körperschaften und andere Gremien wie beispielsweise über den Beirat bei der Bundesnetzagentur mit dem Ziel, wettbewerbsfördernde Bedingungen zu schaffen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Möhrmann im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Die Informationen aus dem Breitbandatlas der Bundesregierung geben nur grobe Anhaltspunkte für die Breitbanderschließung. Die Informationsbasis des Atlasses sind freiwillige Informationen der mitwirkenden Unternehmen und können deshalb keinen vollständigen Marktüberblick bieten. Darüber hinaus werden für die einzelnen Gemeinden nur Durchschnittswerte angegeben, die topografische oder infrastrukturelle Gegebenheiten nicht berücksichtigen.

Der Breitbandatlas der Bundesregierung ist aktuell in der dritten Auflage verfügbar. Aussagen über die Breitbandverfügbarkeit im Jahre 2006 für das Land Niedersachsen im Allgemeinen und Standorte im Landkreis Soltau-Fallingbostel im Speziellen können rückwirkend nicht getroffen. Hinsichtlich der erfolgreichen Schließung von Lücken können von Seiten der Landesregierung ebenfalls keine Aussagen getroffen werden, da hierüber keinerlei Meldepflichten bestehen.

Zu 2.:
Wie bereits in der Beantwortung der ersten Frage dargestellt, verfügt die Landesregierung nicht über umfassende Informationen hinsichtlich der Schließung von Lücken in der Breitbandanbindung. Unsystematisch erhalten wir Informationen über einzelne Lückenschlüsse.

Im Übrigen vertritt die Landesregierung gegenüber den Marktteilnehmern eine strikt wettbewerbs- und technologieneutrale Position.

Sie ist davon überzeugt, dass das Engagement unter dem Motto "Hilfe zur Selbsthilfe" zu zukunftsfähigen Telekommunikationsinfrastrukturlösungen führt. Durch die Gründung des Breitbandkompetenzzentrums in Osterholz-Scharmbeck wird den niedersächsischen Kommunen die Möglichkeit eröffnet, sich Unterstützung zu holen, um der Herausforderung Lückenschluss in der Breitbandanbindung zu begegnen.

Zu 3.:
Die "Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung breitbandiger elektronischer Kommunikation" sieht vor, dass Projekte gefördert werden, die der Schaffung oder Verbesserung eines Zugangs zu einer breitbandigen elektronischen Kommunikation in solchen Gebieten dienen, die wegen unzureichender kommerzieller Anreize unberücksichtigt geblieben sind. Des Weiteren muss ein tragfähiges und nachhaltiges Betreiberkonzept nachgewiesen werden. Dieses soll den Wettbewerb anregen und zugleich einen kostendeckenden Betrieb der Infrastruktur ermöglichen. Zur Beurteilung der einzelnen Projektanträge werden die folgenden Qualitätskriterien geprüft:

  1. Einbettung des Vorhabens in eine regionale Strategie
  2. Auswirkungen der Breitbanderschließung auf die regionale Wirtschaftsentwicklung
  3. Regionale Partnerschaften bei der Erschließung des unversorgten bzw. unterversorgten Bereiches
  4. Regionale und geografische Besonderheiten
  5. Erläuterungen zum nachgewiesenen Bedarf einer Erschließung
  6. Erwartete Anzahl neuer Breitbandanschlüsse
  7. Konkretisierungsgrad der Planung und des Ausbauvorhabens
  8. Kennzahlen zur Erschließungswirkung der eingesetzten Förderung
  9. Besonderheiten beim Betreiberkonzept
  10. Darstellung der vorgesehenen Tarifmodelle
  11. Welche Dienste / Dienstleistungen bietet der Betreiber im Erschließungsgebiet?
  12. Leistungskennziffern der Breitbandversorgung
  13. Darlegung eines Businessplans für drei Jahre

Im Förderzeitraum stehen dafür EFRE-Mittel in Höhe von insgesamt 10,5 Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus steht den Landkreisen die Finanzierung von Breitbandprojekten über die Regionalisierten Teilbudgets grundsätzlich offen, sofern die Projekte nach der "Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der breitbandigen elektronischen Kommunkation" grundsätzlich förderfähig sind. Die Schließung von Lücken in der Breitbandanbindung ist keine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge.

Mit der "Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Breitbandversorgung ländlicher Räume" können durch ML Projekte gefördert werden, die die Schaffung einer zuverlässigen, erschwinglichen und hochwertigen Breitbandinfrastruktur die Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie in bislang aufgrund wirtschaftlicher Erwägungen oder technologischer Restriktionen unterversorgten ländlichen Gebiete zu ermöglichen, und damit insbesondere land- und forstwirtschaftliche Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Auch Beratungsleistungen sind förderbar.

Zur Beurteilung und Auswahl der einzelnen Förderanträge werden die folgenden Qualitätskriterien geprüft:

  1. den Nachweis der fehlenden oder unzureichenden Breitbandversorgung im zu versorgenden Gebiet (genaue Abgrenzung) unter Berücksichtigung von Ausbauabsichten der Netzbetreiber;
  2. Vorlage der Stellungnahme eines Netzbetreibers, dass er sich ohne eine Beteiligung Dritter nicht in der Lage sieht, eine bedarfsgerechte Breitbandversorgung zu marktüblichen Bedingungen herstellen zu können;
  3. eine nachvollziehbare Darstellung des ermittelten und den aus Erschließungsstrategien prognostizierten Bedarfs an Breitbandanschlüssen (bezogen auf Haushalte) im zu versorgenden Gebiet durch schriftliche Bekundungen der zukünftigen Nutzer gegenüber der Gemeinde;
  4. Der Bedarf ist nach beruflicher, unternehmerischer und privater Nutzung aufzuschlüsseln und sollte mindestens 50 Anschlüsse umfassen;
  5. Die Anzahl der land- und forstwirtschaftlichen Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe (einschließlich Gärtnereien) im zu versorgenden Gebiet;
  6. Die Anzahl aller Haushalte im zu versorgenden Gebiet;
  7. Regionale und geografische Besonderheiten (z. B. Topographie, Naturschutzgebiete), die ggf. bestimmte Techniken für die Breitbandversorgung erfordern;
  8. Vorlage einer Konzeptbeschreibung und der Anforderungen an das Netz;
  9. Konkretisierungsgrad der Planung und des Ausbauvorhabens (z. B. Kontakte zu Telekommunikationsanbietern;
  10. Darstellung der vorgesehenen Tarifmodelle.

Für die Jahre 2008 bis 2010 stehen dafür GAK-Mittel von insgesamt 7,5 Millionen Euro zur Verfügung.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
06.06.2008
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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