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Maßnahmen der Landesregierung zur Sicherung des Automobilstandortes Osnabrück

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 02.07.2008 - TOP 14


Antwort von Wirtschaftsminister Walter Hirche auf die Dringliche Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

gerade 4 Wochen ist es her, dass wir in der Aktuellen Stunde des Plenums ausführlich die Situation Karmanns erörtert haben. Es scheint zum Lieblingsthema der Linken zu avancieren. Ich gehe davon aus, dass der Sachverhalt in Sachen Karmann - ergänzt um bekannte Presseberichte über die Prüfung aller strategischen Optionen für die Zukunftssicherung - noch präsent ist und werde daher direkt zur Beantwortung der Fragen kommen:

Zu 1.:

Eines ist - trotz der bestehenden Auftragsprobleme - unbestritten: Die Referenzen von Karmann sind hervorragend. Das ist das Ergebnis bestens qualifizierter und motivierter Mitarbeiter. Karmann hat immer vom Prinzip Leistung und Qualität gelebt. Dies gilt sowohl für den Fahrzeugbau, als auch für die weiteren florierenden Geschäftsfelder Karmanns. Diese Bereiche können aber nicht kurzfristig alle freiwerdenden Fachkräfte des Fahrzeugbaus aufnehmen. Dennoch gilt: In der heutigen Zeit, da es überall an Fachkräften mangelt, muss die technologische Kompetenz der Mitarbeiter in der Firma gehalten werden.

Die Möglichkeiten der Landesregierung, Karmann als Hochtechnologie-Zulieferfirma in ihren Umstrukturierungsbemühungen zu unterstützen und damit verbunden qualifizierte Arbeitsplätze zu erhalten werden durch das strenge europäische Beihilferegime bestimmt. Damit ist die Förderung investiver Maßnahmen bei Karmann verwehrt. Wir unterstützen Karmann bei der Durchführung von Forschungsprojekten, insbesondere, um die Spezialisierung auf neue Antriebskonzepte für Wasserstoff- oder Hybrid-Fahrzeuge zu begleiten. Aktuell engagieren wir uns mit Fördermitteln in der Entwicklung eines Prototypen für eine neuartige Hochtemperatur-Brennstoffzelle und haben hierfür 580.000 € bereitgestellt. Für weitere Projekte stehen wir einer Förderung positiv gegenüber. Diese können jedoch nicht vom Land initiiert werden, sondern müssen aus dem Unternehmen kommen.

Natürlich kommt auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt als potenzieller Fördergeber grundsätzlich in Betracht. Das ist bei Karmann auch bekannt. Doch dass die dort zur Verfügung stehenden Fördermöglichkeiten – die im Übrigen vorrangig für KMU vorgesehen sind – geeignet sind, die Probleme bei Karmann zu lösen, ist zu bezweifeln. Im Übrigen gilt: Die Zurverfügungstellung von Forschungsgeldern wird nie verhindern, dass auch qualifizierte Mitarbeiter abwandern. Häufig passiert das schon, wenn sich in einem Unternehmen die Zahlen negativ entwickeln. Qualifizierte Mitarbeiter kennen heute ihren Wert und sind auch mobil. Letztendlich ist entscheidend, welche Perspektiven sie selbst für das Unternehmen sehen. Dafür wird jedoch nicht der Handlungswille der Landesregierung, sondern das Vertrauen in die Geschäftsführung den Ausschlag geben. Und daher die schon mehrfach von mir vorgetragene Bitte: halten sie das Thema Karmann raus aus ihren parteipolitischen Profilierungsversuchen!

Zu 2.:

Seit der Gründung Karmanns im Jahr 1901 ist das Unternehmen im Familienbesitz. Familienunternehmen wie Karmann sind Synonym für nachhaltige Unternehmensplanung, vorausschauendes Handeln und verantwortlichen Umgang mit den Mitarbeitern. Familienunternehmer, die mit ihrem Vermögen haften und dem Standort treu bleiben – das wünschen sich Staat und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wenn ein Unternehmen 107 Jahre im Familienbesitz gehalten wird, dann ist das doch wohl ein Paradebeispiel für den Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes "Eigentum verpflichtet". Sie unterstellen den Karmann-Gesellschaftern, Kasse machen zu wollen – dafür hätte es weitaus bessere Zeiten gegeben. Auch Loslassen kann in diesem Fall eine Form der Eigentumsverpflichtung sein, wenn sich das als das Beste für das Unternehmen und seine Mitarbeiter herausstellt.

Die Landesregierung jedenfalls unterstellt den Eigentümerfamilien, dass ihnen die Zukunftssicherung des Unternehmens und der Mitarbeiter am Herzen liegt und dass für dieses Ziel auch gegebenenfalls ein – sicher für die Gesellschafter nicht leichter - Teil- oder Gesamtverkauf in Betracht gezogen werden muss. Auch die Gewerkschaften sehen in einem möglichen Verkauf von Karmann für sich genommen kein Desaster, wenn durch einen finanzstarken Investor die Arbeitsplätze gesichert wären.

Natürlich – das möchte ich hier klarstellen – sind für die Landesregierung der Verbleib im Familienbesitz oder eine strategische Partnerschaft mit einem Autohersteller die wünschenswerteren Alternativen. Dafür werden wir uns einsetzen.

Zu 3.:

Die Linke hat offenbar Schwierigkeiten mit dem Aktienrecht und seinen rechtlichen Abgrenzungen zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Anteilseignern. Das operative Geschäft ist ausschließlich Sache des Vorstands. Die Arbeitsplatzgarantien bei VW – Ergebnis von Verhandlungen zwischen Vorstand und Betriebsrat – bedeuten, dass bisher outgesourcte Arbeitspakete nicht mehr nach außen vergeben werden. Angesichts aktuell rückläufiger Verkaufszahlen und tendenziellen Überkapazitäten bei Volkswagen und den damit verbundenen Interessen der Betriebsräte steht ein ablehnendes Votum doch schon vorher fest.

Ihre Idee der Verstaatlichung von Karmann passt natürlich in ihre sozialistische Denkschablone. Mit dieser Art Wirtschaftskompetenz wurde schon die DDR wie alle sozialistischen Staaten wirtschaftlich zu Grunde gerichtet. Das war und ist arbeitnehmerfeindlich und unsozial. Der Wohlstand in Deutschland beruht auf dem Erfolg der sozialen Marktwirtschaft, dem Gegenteil staatlicher Murkswirtschaft.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
02.07.2008
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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