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Reform des GmbH-Rechts - Chancen für Existenzgründer in Zeiten der Finanzmarktkrise?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.02.2009 - TOP 29


Der Abgeordnete Dr. Bernd Althusmann (CDU) hatte gefragt:

Am 1. November 2008 ist das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) in Kraft getreten. Existenzgründern steht mit der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft zusätzlich eine Einstiegsvariante der GmbH zur Verfügung. Sie ermöglicht Unternehmern, die nicht genug Eigenkapital für eine GmbH haben, den Einstieg in eine berufliche Existenz als Selbstständiger - mit beschränkter Haftung. Das bedeutet, der Unternehmer haftet nicht mehr mit seinem Privatvermögen.

Bisher mussten Unternehmer für die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein Stammkapital von 25 000 Euro zusammenkriegen. Für die abgespeckte Form der GmbH genügt jetzt ein Stammkapital von 1 Euro.

Kritiker sehen in der beschränkten Haftung ein zu hohes Risiko für die Gläubiger. Für die Befürworter stellt die neue Gesellschaftsform eine echte Alternative zur Limited und eine gute Chance für Existenzgründer dar, ohne großes Eigenkapital eine Existenz aufzubauen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Erwartet die Landesregierung verstärkte Gründungsaktivitäten durch die Reform des GmbH-Rechts?
  2. Wie bewertet die Landesregierung die Potenziale der sogenannten Mini-GmbH vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise?
  3. Welche unterstützenden Beratungsangebote fördert die Landesregierung, um über die Reform des GmbH-Rechts aufzuklären?

Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Das GmbH-Recht stammt aus dem Jahr 1892. Seit der GmbH-Novelle von 1980, die insbesondere zu einer Erhöhung des Stammkapitals von 20.000 DM auf 50.000 DM führte, ist es nahezu unverändert geblieben.

Seitdem aber hat sich das Umfeld, in dem sich die Rechtsform GmbH zu behaupten hat, teilweise grundlegend geändert. So hat die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes deutlich gemacht, dass der Zuzug fremder Kapitalgesellschaften aus dem europäischen Raum aufgrund der EU-weiten Niederlassungsfreiheit auch in Deutschland akzeptiert werden muss. Die Rechtsform der deutschen GmbH steht damit in Konkurrenz zu GmbH-verwandten Gesellschaften aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Daher hat sich die Bundesregierung aufgefordert gesehen, das GmbH-Recht zu reformieren. Am 01.10.2008 trat das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) in Kraft.

Neben Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität der GmbH als Rechtsform sowie zur Bekämpfung von Missbrauchsfällen im Zusammenhang mit dieser Rechtsform ist wesentliches Ziel der Gesetzesnovelle die Erleichterung und Beschleunigung von Unternehmensgründungen. Die Tatsache, dass in vielen Mitgliedstaaten der EU geringere Anforderungen an Gründungsformalien und Aufbringung des Mindeststammkapitals gestellt werden, wurde als Wettbewerbsnachteil der GmbH-Rechtsform gegenüber ausländischen Rechtsformen - insbesondere der englischen Limited - beurteilt. Nun bietet das MoMiG - im Rahmen seiner Maßnahmen zur Erleichterung der Kapitalaufbringung und Übertragung von Geschäftsanteilen - neben der "klassischen" GmbH mit einem unveränderten Mindestkapital von 25.000 Euro insbesondere für Existenzgründer und Kleinunternehmer, deren Unternehmen mit geringem Kapital auskommen, mit der "Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" oder "UG (haftungsbeschränkt)", die ohne bestimmtes Mindeststammkapital errichtet werden kann, eine zusätzliche Einstiegsvariante zur GmbH. Das Stammkapital kann variabel zwischen einem und 24.999 Euro gewählt werden. Damit wird eine flexible, am konkreten Bedarf für die beabsichtigte Geschäftstätigkeit orientierte Kapitalausstattung unterhalb der Mindestkapitalschwelle von 25.000 Euro ermöglicht. Wie bei jeder unternehmerischen Tätigkeit gilt, dass bei unzureichender Kapitalausstattung eine hohe Insolvenzgefahr besteht. Je niedriger das Stammkapital, desto höher ist grundsätzlich die Insolvenzgefahr.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Aufgrund der kurzen Geltungsdauer des MoMiG gibt es noch keine aussagefähigen Untersuchungen darüber, ob die Verfahrenserleichterungen sowie die Verminderung des einzubringenden Eigenkapitals zusätzliche Impulse für nachhaltige Gründungen gesetzt haben. Die Gewerbeanmeldungen, aus denen sich die Rechtsform des gegründeten Gewerbes ergeben, werden im Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) erfasst. Die statistische Auswertung des Zeitraums seit Inkrafttreten der Novellierung bis Ende Januar 2009 wird voraussichtlich Ende April 2009 vorliegen.

Zu 2.:

Die Gründung kann einfacher, schneller und kostengünstiger er-folgen als die einer klassischen GmbH. Die neue Variante scheint insbesondere für kapitalschwache Existenzgründer sehr attraktiv und ermöglicht ihnen den Zugang zu einer Kapitalgesellschaft. Dies ist insbesondere für Existenzgründer aus Arbeitslosigkeit relevant. Effekte der Finanzmarktkrise und der haftungsbeschränkten UG als GmbH-Variante auf das Gründungsgeschehen können derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Während die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung das Gründungsgeschehen eher bremst, könnte mit gewisser Zeitverzögerung das Gründungsgeschehen aus Arbeitslosigkeit mit steigender Arbeitslosigkeit zunehmen.

Zu 3.:

Im Rahmen der Gründungsberatungsförderung sowohl im Vorgründungsbereich als auch in den ersten Jahren der Gründung werden Beratungen zu Unternehmensübernahmen und Existenzgründungen gefördert, soweit sie nicht überwiegend eine Beratung zu Rechts- und Steuerfragen zum Gegenstand haben. Innerhalb der förderfähigen Beratungen können allgemeine Fragen zur Rechtsform Gegenstand sein. Ab Sommer 2009 wird Existenzgründerinnen und Existenzgründern sowie Übernehmern landesseitig eine Internet-Plattform zur Verfügung stehen, die neben regionalen Ansprechpartnern und zahlreichen Informationen und Hilfestellungen auch weitergehende Informationsangebote zu Fragen der Rechtsform einer Gründung beinhalten wird.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
20.02.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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