Harztourismus
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.06.2009 - TOP 29
Die Abgeordnete Ursula Weisser-Roelle (LINKE) hatte gefragt:
In den letzten Jahren hat der Harz, der seit der staatlichen Einheit vor allem zu den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Niedersachsen gehört, einen tiefgreifenden Strukturwandel erfahren, vor allem seit die letzten Bergwerke geschlossen worden sind. Der industrielle Sektor hat zunehmend an Bedeutung verloren. Der Stellenwert des Tourismus wiederum hat markant zugenommen. Er ist der mit Abstand wichtigste und arbeitsplatzintensive Wirtschaftszweig.
Die bedeutenden Potenziale des Harzes für einen nachhaltigen, bezahlbaren und ökologisch verantwortbaren Tourismus können noch besser erschlossen werden, wenn länderübergreifend die Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen koordiniert anstehende Probleme lösen.
Ich frage die Landesregierung:
- Welche Möglichkeiten sieht sie, dass das Niedersachsen-Ticket und das Sachsen-Anhalt-Ticket gegenseitig anerkannt werden, wie es bei den Tickets in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bereits üblich ist?
- Was wird sie im Zusammenwirken mit den Landesregierungen der beteiligten Bundesländer unternehmen, um den Harz als länderübergreifende Nationalparkregion weiter zu profilieren?
- Wie schätzt sie die Möglichkeit ein, mittelfristig einen Tarifverbund zwischen dem Zweckverband Braunschweig und der Ostharzer Tarifgemeinschaft analog dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund herzustellen, um die Mobilität der Touristinnen und Touristen im Harz spürbar zu verbessern?
Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Die Landesregierungen der Länder Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verfolgen auf Basis des länderübergreifenden Zukunftskonzeptes Tourismus Harz 2015 das gemeinsame Ziel die Wettbewerbsfähigkeit der Tourismusdestination Harz zu stärken. Insbesondere soll das touristische Angebot im Harz qualitativ und quantitativ aufgewertet, die touristische Marke Harz gestärkt und die Vermarktung der Reisedestination Harz durch Neustrukturierung der Vermarktungsorganisation verbessert werden. Ausdruck dieses Ansatzes sind auch gemeinsame Projekte wie die Einführung einer länderübergreifenden HarzCard als Vertriebsinstrument für den gesamten Harz und der Aufbau eines länderübergreifenden touristischen Leitsystem.
Für den Erfolg einer touristischen Destination sind die Erreichbarkeit und die vorhandene Verkehrsinfrastruktur von erheblicher Bedeutung. Es ist allerdings zu bedenken, dass die Ausgestaltung und Weiterentwicklung des Nahverkehrsangebotes unter verkehrlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten allein dem Aufgabenträger obliegt. Für den Westharz ist dies der Zweckverband Großraum Braunschweig.
Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) gestalten eigenständig für ihre jeweiligen Strecken bzw. Netze die Tarife, d.h. die Beförderungsentgelte und – benutzungsbedingungen und somit auch die Art der Fahrkarten (Einzelfahrschein, Pauschalticket, ABO). Eine unternehmens- oder länderübergreifende Erweiterung des Geltungsbereichs der jeweiligen Fahrkarten setzt voraus, dass eine Einigung der betroffenen EVU’s über zu erwartenden Einnahmeverluste und zusätzliche Einnahmen aus evtl. Mehrverkehren erfolgt und entsprechende Einnahmeaufteilungsvereinbarungen geschlossen werden.
Die DB arbeitet nach eigenen Angaben hinsichtlich grenzüberschreitender Verkehrsströme derzeit sehr konkret an einem länderübergreifenden Pauschalpreisticket.
Zu 2.:
Der länderübergreifende Nationalpark Harz ist ein bedeutender Faktor für den Tourismus in der Harzregion. Mit einer Vielzahl interessanter und lehrreicher Angebote bereichern die Nationalparkverwaltung und die anderen für den Nationalpark tätigen Akteure das touristische Angebot und tragen zu einem hohen Bekanntheitsgrad und zur touristischen Profilierung des Gebietes bei.
So sind in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Nationalparkzentren, Nationalparkhäuser und Rangerstationen eingerichtet worden, die den Besucherinnen und Besuchern durch Ausstellungen, Veranstaltungen und Führungen die Natur mit ihrer Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten und Lebensräumen nahebringen. Das Luchsgehege an der Rabenklippe, das Auerhuhngehege in Lonau und die Wildtierbeobachtungsstationen am Molkenhaus und im Odertal sind Publikumsmagnete. Im Brockengarten kann man Pflanzenarten und Biotope der Mittel- und Hochgebirge erleben. Erlebnispfade wie der Löwenzahn-Entdeckerpfad Drei Annen Hohne, der Seelen-Pfad bei Herzberg, der Urwaldstieg am Brocken oder der Wildnispfad Altenau vermitteln weitere Naturerlebnisse besonderer Art.
Mit touristischen Einrichtungen und Verbänden pflegt die Nationalparkverwaltung eine intensive länderübergreifende Zusammenarbeit. Wichtige Hinweise für die Optimierung der touristischen Angebote und die Profilierung der Nationalparkregion ergeben sich aus dem von Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeinsam erstellten "Zukunftskonzept Harz 2015" und dem im Rahmen der Europäischen Charta für nachhaltigen Tourismus in Schutzgebieten erarbeiteten "Tourismusleitbild der Nationalparkregion Harz". Die Nationalparkverwaltung Harz ist zurzeit dabei, in enger Abstimmung mit dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt und Klimaschutz und dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Sachsen-Anhalt ein Konzept zum Thema "Erholung, Naturerleben und Tourismus im Nationalpark Harz" zu erarbeiten, in dem die Ziele, Grundsätze und Maßnahmen näher festgelegt und darauf aufbauend umgesetzt werden sollen.
Thüringen hat am Nationalpark Harz unmittelbar keinen Anteil, dennoch bestehen entsprechende Kontakte mit dem Ziel, die länderübergreifende Nationalparkregion touristisch weiter zu stärken.
Zu 3.:
Tarifverbünde können sich aus verschiedenen Aufgabenträger und/oder verschiedenen Verkehrsunternehmen bilden. Die Aufgabenträger in Niedersachsen haben Ihre Aufgaben nach dem Niedersächsischen Nahverkehrsgesetz zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung übertragen bekommen. Die Einwirkungsmöglichkeiten der Landesregierung auf diese sind folglich begrenzt. Für aufgabenträgerübergreifende Angebote sehen die gesetzlichen Regelungen eine Abstimmung der beteiligten Aufgabenträger vor. Der Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB) steht bzgl. der Entwicklung grenzüberschreitender Angebote in Gesprächen mit anderen betroffenen Aufgabenträgern. Die Möglichkeit einer Verbesserung der Mobilität der Touristinnen und Touristen im Harz ist daher gegeben.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.06.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010