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Verplombung der Blaulichter bei privaten Krankentransporten

Der Abgeordnete Jörg Bode (FDP) hatte gefragt:

In Niedersachsen sind private Rettungsdienste im Bereich der qualifizierten Krankentransporte tätig. Es handelt sich hierbei um private Unternehmen, die eine Genehmigung nach § 19 des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes (NRettDG), also außerhalb des eigentlichen Rettungsdienstes, haben. Diese Krankentransporte sind im Bereich der Beförderung transportfähiger Patienten tätig, die sich in einem medizinisch unkritischen Zustand befinden.

In Einzelfällen kann solch ein qualifizierter Krankentransport in einen Notfallrettungseinsatz umschlagen bzw. in besonderen Situationen zu Rettungseinsätzen oder zu Einsätzen im Bereich des Katastrophenschutzes herangezogen werden. Für solche Fälle verfügt das Krankenfahrzeug über eine Sondersignaleinrichtung, deren Nutzung durch den sogenannten Blaulichterlass geregelt wird. Neben einer Melde- und Dokumentationspflicht in Form des Führens eines Fahrtenbuches sieht dieser Erlass die Verplombung der Signaleinrichtung vor. Nach jeder Nutzung muss die Signaleinrichtung durch die Mitarbeiter des Rettungsdienstes neu plombiert werden. Dieses führt zu einem höheren Arbeitsaufwand und zusätzlichen Kosten für die Unternehmen des privaten Rettungsdienstes.

Ich frage deshalb die Landesregierung:

  1. Inwieweit wird die Verkehrssicherheit durch ein zum Führen des Fahrtenbuches zusätzlich erforderliches Verplomben der Blaulichter bei privaten Krankentransporten erhöht?
  2. Warum werden das Führen des Fahrtenbuches und die Meldepflicht nicht als ausreichend erachtet?
  3. Vor dem Hintergrund, dass die Verlässlichkeit der privaten Rettungsunternehmen bereits bei der Genehmigung nach § 19 NRettDG geprüft wird: Welche Gründe lassen eine missbräuchliche Nutzung durch das Unternehmen trotzdem befürchten?
  4. Bei den Mitarbeitern der privaten Rettungsdienste handelt es sich um geschultes Personal. Welche Gründe lassen eine missbräuchliche Nutzung durch die Mitarbeiter trotzdem befürchten?
  5. Wie beurteilt die Landesregierung die Verhältnismäßigkeit der neben der Führung des Fahrtenbuches und der Meldepflicht erforderlichen Verplombung, wenn man den erhöhten Arbeitsaufwand und die dadurch entstehenden Mehrkosten für die Unternehmen im Verhältnis zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit betrachtet?

Vekehrsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete am 28. Mai 2009 die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die Organisation und Aufgabenzuweisung des Rettungsdienstes unterliegt dem Landesrecht. Der Umfang und die Aufgaben des Rettungsdienstes werden im Niedersächsischen Rettungsdienstgesetz - NRettDG - in der Fassung vom 2. Oktober 2007 (NdsGVBl. S. 473) geregelt.

Das NRettDG regelt den öffentlichen Rettungsdienst (Notfallrettung, Intensivtransport und qualifizierter Krankentransport) und den genehmigten geschäftsmäßigen qualifizierten Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes. Regelungen und funktionale Aufgaben für einen sogenannten "privaten Rettungsdienst" lassen sich aus dem NRettDG nicht herleiten. Der in der Anfrage zitierte Erlass bezieht sich daher auch nur auf private Krankentransportunternehmen, die gem. § 19 NRettDG geschäftsmäßig qualifizierte Krankentransporte durchführen.

Träger des Rettungsdienstes sind nach §§ 3 und 5 NRettDG in erster Linie die Landkreise und die Kreisfreien Städte. Der Rettungsdienst obliegt ihnen als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises. Dabei kann der Träger den Rettungsdienst selbst durchführen oder Dritte mit der Durchführung beauftragen.

Krankenkraftwagen dürfen nur dann regelmäßig mit Blau¬licht und Einsatzhorn ausgerüstet sein, wenn mit ihnen Krankentransporte innerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes durchgeführt werden. Dies ergibt sich aus § 53 Abs. 3 Straßenverkehrszulassungs-Ordnung (StVZO) "Kraftfahrzeuge des Rettungsdienstes, die für Krankentransport oder Notfallrettung besonders eingerichtet und nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt sind".

Derart privilegiert ausgestattete Fahrzeuge sind in Sondersituationen von den Vorschriften der StVO generell befreit. Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Tatsache, dass jede Einsatzfahrt unter Nutzung von Sondersignalanlagen ein besonderes Risiko darstellt. Dies zeigen die leider immer wieder auftretenden Unfälle unter Beteiligung von Einsatzfahrzeugen (bis zu 17-fach höheres Unfallrisiko), obwohl die meisten Fahrer eine spezielle Ausbildung erhalten. Im Interesse der Verkehrssicherheit müssen "Blaulichtfahrten" deshalb auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden, auch damit andere Verkehrsteilnehmer dem Signal noch ausreichende Beachtung schenken.

Wer daneben (qualifizierte) Krankentransporte geschäftsmäßig durchführen will, ohne Träger des Rettungsdienstes oder Beauftragter zu sein, bedarf der Genehmigung nach § 19 NRettDG. Dem geschäftsmäßigen Krankentransport werden nach § 19 NRettDG ausdrücklich und ausschließlich Krankentransportfunktionen außerhalb des Rettungsdienstes zur Beförderung medizinisch unkritischer Personen zugeordnet. Mithin besteht keine Notwendigkeit und daher keine Berechtigung zur Ausrüstung mit Blaulicht. Fahrten mit gesundheitlich kritischen/labilen Patienten dürfen nicht durchgeführt werden.

In sehr seltenen Fällen könnte ein qualifizierter Krankentransport unvorhersehbar in einen Notfallrettungseinsatz umschlagen. Um für diese unwahrscheinlichen und nicht vorhersehbaren Situationen die Ausrüstung mit Sondersignaleinrichtungen ausnahmsweise genehmigen und deren Nutzung zulassen zu können, erging ein nds. "Blaulichterlass" (Erlass des MW und MI vom 07.05. 2003). Dort wurden entsprechend des Ausnahmecharakters der Regelung das Plombieren des Schalters und das Führen eines Fahrtenbuches (nur für die Fahrten mit Sondersignal) festgelegt.

Mit diesem Erlass wird verkehrsrechtlichen sowie rettungsdienstlichen Belangen im erforderlichen Umfang Rechnung getragen.

Dieses vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1 bis 5:
Aufgrund des engen sachlichen Zusammenhanges werden die Fragen 1 – 5 gemeinsam beantwortet.

Reguläre Einsätze innerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes, ggfs. unter Nutzung des Blaulichts werden von den Rettungsleitstellen veranlasst. Die privaten Krankentransporteure finden hier grundsätzlich keine Berücksichtigung. Die Beförderungsaufträge für medizinisch unkritische Personen erhalten die qual. Krankenbeförderer über die verantwortlichen Ärzte, Krankenhäuser bzw. sonstigen med. Einrichtungen.

Sollte sich die Notwendigkeit für Sondersignaleinsatz bei einem qualifizierten Krankentransport ergeben, so müsste ein unkritischer Einsatz in einen Notfall umschlagen. Die medizinische Beurteilung sowie die Entscheidung eines Blaulichteinsatzes unterliegen in diesem Augenblick ausschließlich dem Begleitpersonal. Die Sondersignaleinsätze des öffentlichen Rettungsdienstes werden dokumentiert und bei unvorhergesehenem Einsatz umgehend der Retttungsleitstelle gemeldet.

Nach bisheriger Kenntnis der Landesregierung und nach den zu dieser Problematik vorliegenden Erhebungen ist das Risiko eines Umschlages einer unkritischen Fahrt in einen Notfalleinsatz äußerst gering. Insoweit kann seitens der Landesregierung keine Unverhältnismäßigkeit der bemängelten Verfahrensweise erkannt werden.

Bei einer geringfügigen Nutzung von Sonderrechten im öffentlichen Verkehr, ist weiterhin aufgrund mangelnder Erfahrung der Fahrzeugführer mit Sondereinsatzfahrten ein höheres Gefährdungspotential als ohnehin vorhanden. "Blaulichtfahrten" müssen deshalb auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden.

Die im "Blaulichterlass" getroffenen Regelungen bieten nicht nur Schutz vor übereiltem oder leichtfertigem Einsatz der Signalanlage im Sinne der Verkehrssicherheit. Sie sollen ferner sicherstellen, dass gem. des NRettDG keine ungewollte Vermischung der Aufgaben des im öffentlichen Auftrag vollzogenen Rettungsdienstes mit den Belangen der qualifizierten Krankenbeförderung eintreten.

Würden die Fahrzeuge der qualifizierten Krankentransporteure, welche ihre Sondersignalausrüstungen mittels Ausnahmegenehmigung führen, von den bestehenden Auflagen befreit, wäre kein Unterschied mehr zu regulären Fahrzeugen des öffentlichen Rettungsdienstes vorhanden. Dies würde aber den Bestimmungen des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetz, welches jüngst novelliert wurde, zu wider laufen.

Die Träger des Rettungsdienstes weisen mit ihren Genehmigungen bzw. Beauftragungen, den Antragstellern bestimmte Aufgaben und Funktionen zu. Hieraus resultiert die jeweilige Zuweisung bzw. der Ausschluss zum Rettungsdienst.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
18.06.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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