Fördergelder des Landes Niedersachsen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 30.10.2009 - TOP 29
Der Abgeordnete Roland Riese (FDP) hatte gefragt:
Steht der Verwaltungsaufwand, um an Fördergelder des Landes Niedersachsen zu kommen, im Verhältnis zum Nutzen für die Antragsteller?
Der Fachbereichsleiter des Fachbereichs Jugend, Schule und Sport der Stadt Emden, Thomas Sprengelmeyer, unterrichtete laut einem Bericht der Emder Zeitung vom 24. September 2009 den städtischen Jugendhilfeausschuss darüber, die Stadt Emden habe "der NBank und dem Europäischen Sozialfonds signalisiert, dass" sie "das Pro-Aktiv-Center einstampfen" werde. Der Verwaltungsaufwand, um an Fördergelder des Landes Niedersachsen für das Pro-Aktiv-Center im Jugendzentrum Alte Post zu kommen, stehe in keinem Verhältnis mehr zu dem Nutzen. Die Verwaltung könne die Mittel gar nicht mehr ausgeben, führte Sprengelmeyer aus, weil ein Mitarbeiter nur noch damit beschäftigt sei, Anfragen der NBank zu beantworten. Die 38 000 Euro des jährlichen Zuschusses würden vollständig für die Verwaltungskosten aufgewendet, teilte der Fachbereichsleiter dem Emder Jugendhilfeausschuss mit.
Vergleichbare Klagen hört man vielfach von kleinen und mittleren Unternehmen, die sich beispielsweise darüber beschweren, dass man im Antragsverfahren zu keinem Zeitpunkt sicher sein könne, dass alle für das Antragsverfahren benötigten Unterlagen eingereicht worden seien. Teilweise würden selbst nach der Ankündigung der Bewilligung von der NBank noch ergänzende Unterlagen, die für die Antragstellung erforderlich seien, angefordert. So folgten dem erwähnten Pressebericht unterstützende Leserbriefe in der Emder Zeitung von Geschäftsführern unterschiedlicher Unternehmen.
Ich frage die Landesregierung:
- Teilt sie die Einschätzung, dass in vielen Fällen der bürokratische Aufwand für Antragsteller in einem ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnis zu den allenfalls erhältlichen Fördermitteln steht, und hat sie Erkenntnisse darüber, dass Unternehmen und Verwaltungen wegen des Aufwandes von der Antragstellung absehen?
- Welche Fortschritte kann sie bezüglich der am 3. Juli 2008 dem Landtag angekündigten Bemühungen, Verwaltungsvereinfachungen in Form von Pauschalierungen mit der Europäischen Kommission abzustimmen, berichten?
- Wie stellt sie sicher, dass die Verfahren der NBank gegenüber den Antragstellern zügig, transparent und in der Weise zuverlässig sind, dass die Antragsteller zu einem gegebenen Zeitpunkt sicher sein können, alle erforderlichen Auskünfte erteilt und Unterlagen eingereicht zu haben?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Für die EU-Förderperiode 2007 bis 2013 hat die EU-Kommission die Regelungen für die mit der Umsetzung der EU-Förderprogramme verbundenen Verwaltungs- und Finanzkontrollen deutlich ausgeweitet. Sie hat den Mitgliedstaaten dabei insbesondere die Durchführung umfangreicher Belegprüfungen auferlegt, die zwingend vor der Auszahlung der EU-Fördermittel durchzuführen sind. Dies stellt eine erhebliche Verschärfung gegenüber den früher geltenden Regelungen dar, und steht in deutlichem Widerspruch zu den von der EU-Kommission immer wieder öffentlichkeitswirksam geäußerten Vereinfachungsbestrebungen. Selbst im Rahmen der derzeit in Brüssel durchgeführten Reform der EU-Strukturfondsförderung und den damit verbundenen Überarbeitungen der entsprechenden EU-Verordnungen ist das Thema "Finanzkontrolle" trotz deutlicher Forderungen der deutschen Bundesländer bisher nur mittelbar angesprochen worden.
Die oben genannten Belegprüfungen haben zur Folge, dass (solange diese Regelung in Kraft ist) von den einzelnen Antragstellern und Zuwendungsempfängern zusammen mit jeder Mittelanforderung bei der NBank umfangreiche Belege eingereicht werden müssen. Dies führt insbesondere bei komplexen und finanziell umfangreichen Projekten mit einem hohen Personalkostenanteil grundsätzlich zu einem überproportionalen Aufwand.
Zwar ließe sich dieser Aufwand dadurch reduzieren, dass im Rahmen der Antragstellung auf besonders nachweisintensive Projektteile verzichtet wird. Da die zulässigen EU-Interventionssätze (von i.d.R. 50 Prozent im RWB-Gebiet und max. 75 Prozent in der Konvergenzregion Lüneburg) in vielen Fällen nicht einmal annähernd ausgeschöpft werden, könnte eine derartige Reduzierung des beantragten Projektumfangs häufig sogar finanzneutral (d.h. ohne eine Reduzierung der späteren EU-Fördermittel) durchgeführt werden. Trotz vielfältiger Beratung in diese Richtung nutzen bisher jedoch nur wenige Projektträger diese Möglichkeit.
Die jährliche Zuwendungshöhe für das Pro-Aktiv-Center Emden beträgt rd. 77.000 Euro. Die Zuwendung umfasst die ESF-Förderung und Landesmittel. Für die Jahre 2008 bis 2010 hat die Stadt Emden eine Zuwendung in Höhe von 231.952,89 Euro erhalten. Das entspricht einer Förderhöhe von rd. 42% der zuwendungsfähigen Ausgaben.
Dieses vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:
zu 1.:
Die niedersächsischen EU-Programme sind so gestaltet, dass sich trotz der oben genannten bürokratischen Belastung durchweg ein hoher Nutzen für die Antragsteller ergibt. Dies belegen auch die überdurchschnittlichen Bewilligungsergebnisse sowohl im EFRE wie auch im ESF. So sind schon jetzt, gut zwei Jahre nach Beginn der Förderung, rund 60 % der EU-Mittel verplant. Dies zeigt, in welch hohem Umfang Unternehmen und Verwaltungen die niedersächsische EU-Förderung in Anspruch nehmen.
zu 2.:
Zu den meisten ESF-Programmen (darunter auch das Förderprogramm für die Pro-Aktiv-Zentren) sind zwischenzeitlich Regelungen zur pauschalierten Abrechnung von indirekten Kosten entwickelt worden. Diese Regelungen werden derzeit mit der Europäischen Kommission endabgestimmt. Dabei sind lediglich noch kleinere Fragen zu klären. Im Vorgriff auf die zu erwartende Einigung mit der EU-Kommission wird deshalb in einigen Bereichen bei Beratungen und Neubewilligungen bereits nach den Pauschalierungsregelungen verfahren. Darüber hinaus werden derzeit weitere Pauschalierungsregelungen, insbesondere auch für die EFRE-Programme, erarbeitet.
zu 3.:
Im Rahmen der Bearbeitung und Bewilligung von Projekten sind in einzelnen Fällen auch zusätzliche Unterlagen oder Nachlieferungen von Informationen notwendig, um ein Projekt abschließend bewerten und anschließend bewilligen zu können. Das ist Bestandteil des "normalen" Antragsgeschäftes. Die niedersächsischen EU-Förderrichtlinien sind in den meisten Fällen sehr offen formuliert, wodurch die Förderung sehr unterschiedlicher, heterogener Projekte aus ein und der derselben Förderrichtlinie ermöglicht wird. Diese hohe Flexibilität bei der Antragstellung und Genehmigung kann dabei in einzelnen Fällen dazu führen, dass dem Ursprungsantrag weitere Informationen nachzuliefern sind. Dies dient jedoch insbesondere dazu, eine gewissenhafte Antragsprüfung zu ermöglichen und auch solche Anträge fördern zu können, die sonst aufgrund nicht vorliegender Daten ggf. abgelehnt werden müssten.
Artikel-Informationen
erstellt am:
30.10.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010