Wassertourismus
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.02.2010 - TOP 33
Der Abgeordnete Roland Riese (FDP) hatte gefragt:
Niedersachsen bietet unzählige Möglichkeiten für den Urlaub am oder im Wasser. Unser Land ist geprägt durch Flüsse, große Seen und natürlich die Nordsee. Elbe, Weser und Ems gehören zu den wichtigsten Wasseradern in Niedersachsen. Mit einem über 1 600 km langen Wasserstraßennetz verfügt Niedersachsen über ein riesiges Areal, das durch Sportbootfahrer genutzt werden kann. Mit den nur über Niedersachsen zu erreichenden Flüssen Fulda und Werra, die nur teilweise niedersächsisch sind, ergeben sich sogar weit über 1 800 km Streckennetz.
Bestimmend für das wirtschaftliche Potenzial des Wassertourismus sind nicht nur die natürlichen Gegebenheiten. Auch die wassertouristische Infrastruktur, die aus Anlegestellen, Schleusen, Möglichkeiten des Ein- und Ausstiegs besteht, zu der im Umfeld jedoch auch Anlagen zählen, die auch für den landseitigen Tourismus oder sogar für die jeweilige Gemeinde insgesamt von Bedeutung sind, spielt eine Rolle. Viele für den Wassertourismus bedeutende Infrastruktureinrichtungen befinden sich im Verantwortungsbereich des Landes und werden teils mit Augenmerk auf andere Hauptzwecke, wie die Berufsschifffahrt, die Entwässerung, aber auch den Naturschutz, vorgehalten.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie beurteilt sie den gegenwärtigen Stellenwert und das künftige Potenzial des Wassertourismus in Niedersachsen?
- Wie viele und welche wassertouristischen Angebote gibt es gegenwärtig in Niedersachsen, und wie sollen diese in den nächsten Jahren erweitert bzw. ausgebaut werden?
- Welche Gewässer in Niedersachsen sind für motorisierte bzw. für nicht motorisierte Boote befahrbar, und wie beurteilt die Landesregierung die Situation der Schleusenpassagen in Niedersachsen im Hinblick auf die Wartezeit der Wassertouristen während der Hochsaison?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Niedersachsen hat durch sein vielfältiges Gewässerangebot von überregional bedeutsamen Flüssen und Wasserstraßen, den Küstengewässern mit den Ostfriesischen Inseln, Seen und Talsperren und einer Vielzahl kleiner Flüsse und Kanäle ein großes naturräumliches Potenzial für den Wassertourismus in allen seinen Facetten und Ausprägungen. Nachteilig im Vergleich zu den wassertouristisch führenden Wettbewerbern wie etwa Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern ist die Tatsache, dass es weniger großflächig vernetzte und durchgängig befahrbare Gewässersysteme gibt.
Die vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene "Grundlagenuntersuchung Wassertourismus in Deutschland" aus dem Jahr 2003 hat zutreffend festgestellt, dass der Wassertourismus ein generell wachsender Markt ist, sich aber als Markt und Wirtschaftsfaktor nur unzureichend beschreiben lässt. Relativierend muss zudem beachtet werden, dass der Wassertourismus für Niedersachsen im Vergleich mit volumenstarken Themen wie Familienurlaub, Radurlaub, Städtereisen etc. ein sicherlich attraktiver Nischenmarkt bleiben wird.
Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
In den wassertouristisch bereits aktiven touristischen Destinationen des Landes wie etwa Ostfriesland, Emsland und der Grafschaft Bentheim hat der Wassertourismus im Markt schon einen erkennbaren Stellenwert. Die weitere Erschließung wassertouristischer Potenziale ist vor dem Hintergrund der in vielen Fällen erforderlichen Investitionen in die Infrastruktur nicht unproblematisch. So sind im Rahmen der Revitalisierung alter Gewässersysteme hohe Investitionen für die Instandsetzung von Schleusen, für Brückenhebungen und die Gewässervertiefung erforderlich.
Ebenso ist die Verschlammung und Verlandung von Gewässern häufig ein Hinderungsgrund der wassertouristischen Entwicklung. Die dafür erforderlichen Maßnahmen können nicht aus Mitteln der Tourismusförderung finanziert werden, sondern sind als laufende Unterhaltungsmaßnahmen von den Gewässerunterhaltungspflichtigen zu tragen. Die hier zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel reichen insbesondere bei den nicht als schiffbar eingestuften Gewässern nicht aus, neben der Gewährleistung der Aufgaben der Wasserwirtschaft auch noch wassertouristische Interessen zu gewährleisten.
Zu 2.:
Eine lückenlose Erfassung der in Niedersachsen bereits vorhandenen wassertouristischen Angebote liegt der Landesregierung nicht vor. Die vorhandenen wassertouristischen Angebote lassen sich aber an einer Reihe von aussagekräftigen Beispielen darstellen. So bietet die Ostfriesland Tourismus GmbH ein breites Spektrum wassertouristischer Angebote für Sportbootfahrer, für Segler und Surfer aber auch für die Fahrgastschifffahrt sowie interessante Museumshäfen. Besonders hinzuweisen ist auf das Angebot "Paddel & Pedal", das bundesweit als best-practice-Beispiel anerkannt ist. Hier sind mittlerweile rund 20 Stationen eingerichtet. Interessant sind auch grenzüberschreitende Ansätze wie etwa das Projekt "Kanalvision" der Grafschaft Bentheim und der hol-ländischen Provinz Twente. Vergleichbare Überlegung gibt es auch zwischen den Landkreisen Leer, Aurich und Emsland mit den niederländischen Provinzen Drenthe, Groningen und Friesland. Ebenfalls sehr aktiv sind beispielsweise auch das Emsland, die Arbeitsgemeinschaft Maritime Landschaft Unterelbe und das Weserbergland.
Für die Zukunft liegt der richtige Ansatz nicht in der Entwicklung eines landesweiten Wassertourismuskonzeptes. Angesichts der Heterogenität des niedersächsischen Angebotes ist es stattdessen wesentlich Erfolg versprechender, die Vernetzung kleinräumiger Strukturen zu durchgängig befahrbaren Revieren voranzutreiben. Der im Raum Ostfriesland-Emsland mit dem Wasserwanderwegeplan aufgezeigte Weg kann durchaus beispielhaft sein. Die wassertouristische Infrastruktur ist noch in großen Teilen verbesserungsbedürftig und ein einheitliches Leitsystem durchaus wünschenswert. Die erforderlichen Maßnahmen lösen teilweise Investitionen aus, die sowohl die kommunalen Gebietskörperschaften als Projektträger als auch das Land als Fördermittelgeber oder als Eigentümer von Gewässern deutlich überfordern. Es wird hier also ganz wesentlich darauf ankommen, realistische Umsetzungsschritte zu entwickeln.
Zu 3.:
Eine abschließende Erfassung aller für motorisierte bzw. nicht motorisierte Boote befahrbaren Gewässer existiert nicht und ist mit vertretbarem Aufwand auch nicht möglich. So gehört z. B. das Befahren mit kleinen nicht motorisierten Booten wie Kanus auf den natürlichen Fließgewässern zum sog. wasserrechtlichen Gemeingebrauch nach § 73 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG). Es bedarf also grundsätzlich keiner Genehmigung. Auch an sonstigen Gewässern kann das Befahren mit den genannten Booten im Rahmen des Gemeingebrauchs zugelassen werden.
Bundeswasserstraßen und die im Verzeichnis der schiffbaren Gewässer (Anlage zur Verordnung vom 20.12.1962 - Nieders. GVBl. S. 105 - zuletzt geändert durch Verordnung vom 13.04.1997 - Nds. GVBl. S. 117) aufgeführten Gewässer dürfen von jedermann zur Schifffahrt genutzt werden. Die Erhaltung der Schiffbarkeit ist dort Teil der Gewässerunterhaltung. Aber auch darüber hinaus kann der Verkehr mit motorisierten Booten bzw. Schiffen generell oder im Einzelfall zugelassen werden. Auch hier ist im Hinblick auf die bestehende Vielzahl und Vielgestaltigkeit von Regelungen eine vollständige Übersicht nicht möglich.
Die Landesregierung hat im Jahr 2007 auf Beschluss des Niedersächsischen Landtags eine umfassende Analyse des Potentials des Wassertourismus in Niedersachsen vorgelegt. Das Angebot an Gewässern, das dem Wassertourismus zur Verfügung steht, ist unter Nr. 2 der Analyse dargestellt. Auf die LT-Drucksache 15/3479 wird deshalb verwiesen.
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ist bestrebt, die von ihm zu unterhaltenden Schleusen in landeseigenen Gewässern nach Möglichkeit automatisiert zu betreiben. Wartezeiten würden insoweit nur im Rahmen des üblichen Betriebs und der Unterhaltung entstehen, das heißt, dass natürlich im regelmäßigen Abstand bei Wartungen, Revisionen etc. Verzögerungen auftreten können. Schiffer und Bootsfahrer haben in aller Regel Verständnis für die notwendigen Arbeiten an den Anlagen und daraus resultierende Verzögerungen. Gelegentlich erhalten die Betriebsstellen des NLWKN auch Dankesschreiben. Z.B. haben die Kollegen der Kesselschleuse Emden beim Deutschen Motoryachtverband e.V. den ersten Platz bei der Wahl zur "wassersportfreundlichsten Schleuse 2009" belegt.
Dort, wo ein automatischer Betrieb noch nicht gegeben ist, wird im Rahmen der personellen und finanziellen Möglichkeiten die Optimierung der Situation weiterverfolgt.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.02.2010
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010