Maut-Ausweichverkehr auf der B 75 zwischen Tostedt und Scheeßel
Die Abgeordnete Silva Seeler (SPD) hatte gefragt:
Die Verkehrsbelastung auf der B 75, insbesondere im Bereich der Orte Tostedt und Scheeßel, ist besonders hoch. Nach Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen ist die Belastung von schwerem Lkw-Verkehr spürbar angestiegen. Für die Anwohner stellt der Verkehr aufgrund der Lärm- und Abgasbelastung sowie der Vibrationen eine nur schwer zu verkraftende Einschränkung ihrer Lebensqualität dar.
Verschiedene Betroffene sind wiederholt und erfolglos an die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr herangetreten. Die Landesverwaltung war bisher nicht bereit, Maßnahmen zur Verringerung des Lkw-Verkehrs einzuleiten. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO kann sie jedoch Straßen für den schweren Lkw-Verkehr sperren oder einschränken, wenn die Lkw-Belastung aufgrund der Maut-Einführung stark gestiegen ist. Sie hätte auch die Möglichkeit, beim Bund um die Bemautung der Strecken als Maut-Ausweichroute nachzusuchen.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie bewertet sie das Lkw-Aufkommen auf der B 75 im genannten Bereich, auch vor dem Hintergrund von möglichen Maut-Ausweichverkehren?
- Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bisher unternommen, um die Verkehrssituation zu entschärfen und die Lärmbelastung der Anwohner zu minimieren?
- Welche Schritte plant die Landesregierung in der Zukunft zur Verminderung der Verkehrsbelastung, erwägt sie insbesondere eine Sperrung der Strecke für schwere Lkw gemäß § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO, oder plant sie einen Antrag auf Bemautung der Bundesstraße?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 18.02.2010 wie folgt:
Von den Anwohnern vieler Bundesstraßen und auch Landesstraßen wird der zunehmende Lkw-Verkehr beklagt. Verbunden damit werden Forderungen nach der Bemautung von Bundesstraßen oder die Sperrung für den Lkw-Verkehr.
Der Landesregierung erscheint es aber nicht vertretbar, einen Flickenteppich aus bemauteten und nicht bemauteten Abschnitten einer Bundesstraße zu schaffen. Niedersachsen hat deshalb die Anmeldung von Bundesstraßen zur Bemautung von einem übereinstimmenden Votum der für einen Streckenabschnitt zwischen zwei Autobahnen zuständigen kommunalen Straßenverkehrsbehörden abhängig gemacht. In keinem Fall gab es ein übereinstimmendes Votum aller Kommunen eines Streckenabschnittes, so dass in Niedersachsen keine Bundesstraße bemautet wird.
Ob eine Bemautung erfolgt, ist dabei sowohl eine verkehrspolitische als auch eine wirtschaftspolitische Entscheidung, denn mit der Bemautung einer Bundesstraße sind auch Standortnachteile für die örtliche Wirtschaft an dieser Straße verbunden. Die Verfahrensweise, die Entscheidung vom Votum der betroffenen Kommunen abhängig zu machen, hat sich bewährt. Die Landesregierung wird daher auch in Zukunft so verfahren.
Streckensperrungen für Lkw und Züge mit mehr als 12 t sind nach der StVO nur möglich, wenn nachweislich mautverdrängter Verkehr vorliegt (d.h. Verkehrszählungen vor Erhebung der Lkw-Maut im direkten Vergleich mit Verkehrszählungen im gleichen Streckenabschnitt nach Erhebung der Lkw-Maut). Hierbei darf der gestiegene Lkw-Verkehrsanteil nicht auf allgemeinen Verkehrssteigerungen bzw. auf Umleitungsverkehren von Autobahnen oder der Ausweisung neuer Gewerbegebiete beruhen.
Ziel einer Sperrung ist es, den Verkehr zurück auf die Autobahnen zu verlagern. Ob die Voraussetzungen für Verkehrsbeschränkungen vorliegen, haben die kommunalen Straßenverkehrsbehörden in eigener Zuständigkeit zu prüfen und letztlich, auf Basis der vor Ort gewonnenen Erkenntnisse, über die Anordnung von Streckensperrungen zu entscheiden. Die Landesregierung hat bisher in keinem Einzelfall in den Entscheidungsprozess eingegriffen und bei Beschwerden von Anwohnern auf die Entscheidungskompetenz der Straßenverkehrsbehörden verwiesen.
Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Nach Einführung der Lkw-Maut wurde von den zuständigen Kommunen ein leichter Anstieg des Lkw–Aufkommens registriert.
Die jetzige starke Belastung der B 75 resultiert allerdings in erster Linie aus einer Verlagerung der Lkw-Verkehre von der zurzeit im Umbau befindlichen BAB 1 auf die in Rede stehende Bundesstraße, was keinen Mautverdrängungsverkehr darstellt. Entsprechende Beschränkungen sind daher auch nicht angezeigt. Nach Fertigstellung der Baumaßnahmen auf der BAB 1 wird sich die Lkw-Belastung der B 75 voraussichtlich wieder normalisieren.
Zu 2.:
Der sechsstreifige Ausbau der BAB 1 wurde im Rahmen einer Konzession als Public Private Partnership (PPP) Projekt an ein privates Baukonsortium vergeben. Nach Angaben des Konzessionsnehmers werden voraussichtlich die gesamte Richtungsfahrbahn Hamburg bis Ende 2011 und die Richtungsfahrbahn Bremen bis 2012 für den Verkehr freigegeben.
Im Hinblick auf Bauzeit und Baustellenlänge hat es bisher keine vergleichbaren Baumaßnahmen auf niedersächsischen Autobahnen gegeben. Bei traditioneller Bauprojektumsetzung durch die Straßenbauverwaltung ließ sich bisher aufgrund der Finanzierung über den Bundeshaushalt solch eine schnelle zeitliche Umsetzung nicht verwirklichen. Zur Verbesserung der Baustellensituation findet eine enge Abstimmung zwischen Konzessionsnehmer, Konzessionsgeber, Verkehrs- und Ordnungsbehörden und dem ADAC statt. Diese Kooperation hat zum Aufbau einer Stauwarnanlage, einer Sonderbeschilderung "Versetzt fahren", zusätzliche Geschwindigkeitsbeschränkungen und zeitweise erhöhten Kontrollen durch die Autobahnpolizei geführt. Die Verkehrssituation im angesprochenen Korridor der A 1 wird bis zur Fertigstellung der Baumaßnahme dennoch angespannt bleiben.
Zu 3.:
Nein. Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
16.03.2010
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010