Neue Kennzeichenregelung in Schleswig-Holstein
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.03.2010 - TOP 29
Die Abgeordneten Gerd Will, Heinrich Aller, Marcus Bosse, Olaf Lies, Dieter Möhrmann, Klaus Schneck, Ronald Schminke, Stefan Schostok, Petra Tiemann und Sabine Tippelt (SPD) hatten gefragt:
In der Ausgabe 2/2010 der ADAC Motorwelt war unter der Überschrift "Stressfrei umziehen" zu lesen, dass Kfz-Halter, die innerhalb des Bundeslandes Schleswig-Holstein ihren Wohnsitz wechseln, ihr Autokennzeichen künftig beibehalten können. Autofahrerinnen und Autofahrer, die in einen anderen Landkreis ziehen, müssen seit dem 1. Februar 2010 zwar noch ihre Fahrzeugpapiere von der Zulassungsstelle berichtigen lassen, können aber ihr "Nummerschild" unverändert beibehalten. Der ADAC hat diesen Vorstoß als Beitrag zur Vereinfachung der Fahrzeugummeldung begrüßt.
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie bewertet sie die dargestellte Vereinfachung in Schleswig-Holstein unter der Perspektive des Bürokratieabbaus, aber auch aus polizeilicher Sicht?
- Welche Maßnahmen zur Vereinfachung der Kfz-An- und -Ummeldung plant die Landesregierung?
- Wie bewertet die Landesregierung die veränderte Kfz-Zulassungsregelung in verschiedenen anderen europäischen Ländern, wie Spanien oder Italien, in denen es keine Kennzeichen mehr gibt, die Hinweise auf den Ort der Zulassung geben?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Im Zusammenhang mit der Neuordnung des Zulassungsrechts wurde in die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) eine Ermächtigung aufgenommen, die es den Ländern ermöglicht, Ausnahmen vom Erfordernis der Neuzuteilung eines Kennzeichens bei Wechsel des Zulassungsbereichs innerhalb eines Landes zu genehmigen (Umkennzeichungsverzicht). Niedersachsen hat als erstes Land von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht. Seit dem 01.09.2008 kann beim Wechsel eines Fahrzeugs innerhalb von Zulassungsbereichen mit gleichen Unterscheidungszeichen (Göttingen, Hannover, Oldenburg und Osnabrück) auf eine Umkennzeichnung verzichtet werden.
Dieses voraus geschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Aufgrund der Neufassung des Erlasses des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 05.01.2010 wird seit dem 01.02.2010 auf Umkennzeichnungen bei Wechsel des Zulassungsbezirks eines zugelassenen Fahrzeuges innerhalb des Landes Schleswig-Holstein - auch wenn damit ein Halterwechsel verbunden ist - verzichtet. Für die Zulassungsbehörden sind damit keine gravierenden Änderungen verbunden, da eine Änderung der Fahrzeugpapiere weiterhin erforderlich ist und lediglich eine erneute Siegelung der Kennzeichenschilder entfällt. Grundsätzlich stellt ein Umkennzeichnungsverzicht für die Bürgerinnen und Bürger insoweit eine Vereinfachung des Verfahrens dar und führt zudem zu einer Kostenersparnis (Kennzeichenschilder und Siegelplaketten). Diese positiven Auswirkungen waren auch für den Umkennzeichnungsverzicht in Niedersachsen maßgeblich.
Ein landesweiter Umkennzeichnungsverzicht wird aber aus folgenden Gründen kritisch bewertet:
Die unter polizeitaktischen Gesichtspunkten zweckmäßige Zuordnungsmöglichkeit eines Kfz-Kennzeichens zum aktuellen bzw. vermuteten Wohnort des Halters würde erschwert, z.B. im Rahmen einer aktuellen Tatortbereichsfahndung mit Fragmenthinweisen auf "heimische" oder "fremde" Kennzeichen. Im Rahmen der allgemeinen Verdachtsgewinnung insbesondere hinsichtlich eines überörtlichen Täterkreises ist es zweckmäßig, anhand des Unterscheidungskennzeichens die Herkunft des Fahrzeugs bzw. der Insassen feststellen zu können. Ein grundsätzlicher Umkennzeichnungsverzicht würde die Beantwortung der Frage, ob Fahrzeug und Feststellungsort zusammenpassen, erschweren. Auch die Merkfähigkeit von Zeugen richtet sich in der Regel zunächst nach dem (eigenen) Wohnortkürzel und ist häufig der einzige Hinweis, der bei Angaben zu einem Fahrzeug erfolgt. Zudem würde in Fällen, in denen großräumige Verkehrsverbote oder Umleitungen bestehen, von denen Anwohner bzw. Bewohner ausgenommen oder nicht betroffen sind, die Selektion im fließenden Verkehr beeinträchtigt.
Zu 2.:
Bei den Bestimmungen der FZV handelt es sich um Bundesrecht. Sofern nicht ausdrücklich geregelt, ist es den Ländern nicht gestattet, hiervon abweichende Verfahrensweisen einzuführen. Das Zulassungsrecht wird im Sinne einer bürgerfreundlichen und effizienten Verwaltung kontinuierlich fortentwickelt. Hierzu zählt auch das Deutschland-Online Vorhaben "Kfz-Zulassung". Ziel dieses Vorhabens ist es, die Registrierungsprozesse von Fahrzeugen unter konsequenter Nutzung der Möglichkeiten von E-Government und dem Potenzial des Kfz-Onlineregisters beim Kraftfahrt-Bundesamt neu auszurichten. Für Individualkunden und Gewerbe soll damit die Option eröffnet werden, die Fahrzeugregistrierungsprozesse (An-, Ab- und Ummeldung) möglichst durchgängig online ausführen zu können.
Mit der Umsetzung des Vorhabens ist eine bundesweite Projektgruppe befasst, der auch Niedersachsen angehört.
Zu 3.:
Ein Vergleich mit Zulassungsverfahren anderer europäischer Staaten ist nur bedingt auf das föderative System der Bundesrepublik übertragbar. In Frankreich, Italien und Spanien werden die Kennzeichen zentral ausgegeben, die Bürgerinnen und Bürger haben in der Regel keinen Einfluss auf die zugeteilten Buchstaben- und Zahlenkombinationen ihrer Kennzeichen. Die Aufgabe des damit verbundenen Ortsbezugs hat in Frankreich und Italien zu massiven Protesten der Bevölkerung geführt, sodass das Zulassungsrecht wieder geändert werden musste.
Seitdem können in Frankreich auf den Kennzeichen zusätzlich Aufkleber mit der Nummer des Departments und dem Wappen der Region angebracht werden. Italien lässt am rechten Kennzeichenrand ein Provinzkürzel, teilweise mit Wappen, zu.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.03.2010
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010