Die neue Regio-S-Bahn
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 21.01.2011 - TOP 27. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Daniela Behrens (SPD)
Seit Inbetriebnahme der Regio-S-Bahn durch die NordWestBahn auf der Strecke zwischen Bremen und Twistringen im Dezember vergangenen Jahres ist es zu beträchtlichen Einschränkungen für die Bahnnutzer gekommen. Vor allem die Pendler auf der Strecke zwischen Bremen und Bremerhaven-Lehe üben massive Kritik, die seit Wochen die lokalen und regionalen Tageszeitungen füllt.
Die beschriebenen Schwierigkeiten gehen weit über die üblichen Beschwerden im Rahmen eines Fahrplanwechsels hinaus und lassen auf massive Probleme schließen, deren Lösung sich nicht abzeichnet. So klagen die Nutzer der neuen Regio-S-Bahn über zu volle Züge, zu wenige Sitzplätze, defekte Fahrkartenautomaten, Zugausfälle, mangelnde Kommunikation über Verspätungen etc. Des Weiteren wurde der Fahrplan in den Morgenstunden ausgedünnt. Wichtige Verbindungen für die Berufspendler sind gestrichen worden.
Mit der Aufnahme der Regio-S-Bahn durch den privaten Anbieter NordWestBahn sollte es aber eigentlich zu Verbesserungen auf den jeweiligen Strecken kommen. Landesregierung sowie Bahnunternehmen versprachen die Umsetzung höchster Anforderungen an die Qualität des Bahnverkehrs. Dieses Versprechen wird nicht gehalten.
Ich frage die Landesregierung:
- Was unternimmt die Landesregierung, um die Situation - vor allem auf der Strecke Bremerhaven–Bremen - zu verbessern?
- Welche Verbesserungen können die Regio-S-Bahn-Nutzer ab wann erwarten?
- Welche Konsequenzen für zukünftige Verhandlungen mit Bahnunternehmen zieht die Landesregierung aus den jetzt gemachten Erfahrungen mit der Regio-S-Bahn?
In den vergangenen 10 Jahren hat es bereits viele Betriebsaufnahmen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Niedersachsen unterschiedlicher Eisenbahnverkehrsunternehmen gegeben. Dank einer aktiven Wettbewerbspolitik der Landesregierung, einem verbesserten Fahrplanangebot und Investitionen in neue, attraktive Fahrzeuge konnte das Erscheinungsbild des SPNV in Niedersachsen erheblich gesteigert werden.
Alle Betriebsaufnahmen stellen jeweils spezielle Anforderungen an Betreiber und Aufgabenträger. Aufgrund des Zusammenspiels vieler Akteure kann die Betriebsqualität zu Beginn eines neuen Verkehrsvertrages nicht immer perfekt sein. Im Hinblick auf die Betriebsaufnahme der NordWestBahn (NWB) am 12. Dezember 2010 auf den drei Linien Bremerhaven – Twistringen, Bad Zwischenahn – Bremen und Nordenham – Bremen kam mit der winterlichen Witterung noch ein weiterer schwieriger Aspekt hinzu, der bundesweit und auch bei bislang erfolgreich betriebenen Netzen zu erheblichen Störungen geführt hat. Bei allen neuen Betriebsaufnahmen in Niedersachsen ist es den EVU und Aufgabenträgern in der Vergangenheit gelungen, durch Nachsteuern eine für die Fahrgäste zufriedenstellende Betriebsqualität zu erreichen.
Seit Betriebsstart des Regio-S-Bahn-Netzes haben 98 % der Fahrten stattgefunden. Zugausfälle hatten ihre Ursache weit überwiegend in Infrastrukturstörungen (ca. 71 %), d.h. Streckensperrungen, Stellwerks- oder Weichenstörungen im Netz der Deutschen Bahn AG (DB AG). Durch Beschluss der Verkehrsminister der Länder vom 10.01.2011 wurde die DB AG bzw. der Bund als Eigentümer aufgefordert, schnellstmöglich systemimmanente Störungen zu beseitigen, so dass der vorgesehene Fahrplan und Qualitätsstandard eingehalten werden kann.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
zu 1. und 2.:
Die Fragen zu 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Die beiden zuständigen Aufgabenträger LNVG und der Bremer Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa haben bei der NWB eingefordert, dass die vertraglich zugesicherte Qualität in allen Bereichen eingehalten wird und die beim Betriebsstart aufgetretenen Probleme unverzüglich abgestellt werden. Die NWB hat bereits zugesichert, dass mit Hochdruck an der Beseitigung von Störungen der neuen Fahrkartenautomaten gearbeitet wird.
Die NWB wird auch die Platzkapazitäten einzelner Züge auf Teilabschnitten, wie z.B. der Linie RS 2 zwischen Twistringen und Bremerhaven, bei Bedarf erhöhen, sofern dies mit den zur Verfügung stehenden Fahrzeugen möglich ist. In diesem Zusammenhang muss jedoch beachtet werden, dass ein Großteil der bisherigen Kapazitätsengpässe auf witterungsbedingte Einflüsse zurückzuführen war.
NWB und Aufgabenträger werden in den nächsten Wochen die Entwicklung weiter analysieren und dann bei Bedarf auch Veränderungen der bisherigen Anforderungen vornehmen. Eine Beurteilung, welche Maßnahmen nachhaltig zur Verbesserung der Angebotsqualität geeignet sind, ist aber erst nach Wegfall der witterungsbedingten Einflüsse auf die Betriebsqualität im Netz der Regio-S-Bahn möglich.
Zu 3.:
Die Verkehrsverträge zwischen den Aufgabenträgern und Eisenbahnverkehrsunternehmen enthalten u.a. Regelungen über das Bedienungsangebot und die Qualität der Leistungen. Sie umfassen auch Regularien, wie mit Leistungsveränderungen umzugehen ist und sehen Vertragsstrafen vor. Erfahrungen aus den laufenden Verkehrsverhältnissen fließen in die Anforderungen für kommende Ausschreibungen ein.
Im Hinblick auf eine zukünftige Störungsminimierung bei länger anhaltenden außergewöhnlichen Witterungseinflüssen wird die LNVG mit den führenden SPNV-Unternehmen, die in Niedersachsen Leistungen anbieten, im Frühjahr Erfahrungen zusammentragen, Störungen und deren Auswirkungen analysieren und gemeinsam Strategien entwickeln, wie und mit welchen Maßnahmen die Situation im SPNV künftig verbessert werden kann.
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erstellt am:
21.01.2011