DB AG tätigt Milliardeninvestition in die Schieneninfrastruktur
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17.03.2011 - TOP 35. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Sabine Tippelt (SPD)
Die Abgeordnete Sabine Tippelt (SPD) hatte gefragt:
Die DB AG hat durch ihren Vorstandvorsitzenden, Herrn Grube, im Monat Januar dieses Jahres angekündigt, 44 Milliarden Euro in den Bereich der Schienenverkehrsinfrastruktur investieren zu wollen. Hierzu zählen gemäß der Berichterstattung auch Investitionen in sogenannte Überholgleise.
Für den Zugverkehr in bzw. zwischen den Landkreisen Holzminden, Northeim, Göttingen und Höxter (Nordrhein-Westfalen) kann dies eine Chance bedeuten. So stellt die Arbeitsgemeinschaft Bahn Holzminden/Höxter (AG Bahn HOL/HX) in einer aktuellen Resolution heraus, dass es dringend notwendig sei, auf der 23 km langen eingleisigen Strecke zwischen Vorwohle und Kreiensen ein Überhol-/Kreuzungsgleis einzurichten. Dadurch könnte, so die AG Bahn HOL/HX weiter, sowohl der Fahrplan in der gesamten Region einfacher und besser gestaltet werden als auch bei Verspätungen im Eisenbahnknotenpunkt Kreiensen flexibler reagiert werden. Diesen Vorschlag unterstützen auch die politischen Gremien aus der Region.
Hinzu kommt, dass das Konzept 2013+ der niedersächsischen Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) ab Ende 2013 vorsieht, dass die Züge - als Verbesserung zum heutigen Fahrplan - durchgehend von Paderborn nach Kreiensen fahren. Danach ist der von der LNVG als Standard vorgesehene Einstundentakt bis Holzminden vorgesehen. Ab Holzminden scheitert dessen Fortführung am Fehlen eines Begegnungsgleises. In dieser Hinsicht scheint eine Begegnungsstelle bzw. ein Überholgleis von noch größerer Bedeutung zu sein - vor allem für eine Sicherstellung der Anschlussverbindungen aus Kreiensen in die Richtungen Ottbergen, Altenbeken und Paderborn sowie in umgekehrter Richtung. Ein Ausweichen ließe es zu, dass Anschlusszüge in Kreiensen länger als ca. fünf Minuten auf verspätet eintreffende Züge aus den o. g. Richtungen warten könnten, was vor allem aufgrund des in der Regel nur zweistündig verkehrenden Zugverkehrs auf der Strecke Kreiensen–Holzminden wichtig zu sein scheint. Notwendig sind ebenfalls Maßnahmen zur Erhöhung der Geschwindigkeit auf den Standard von 120 km/h im Nahverkehr.
Zudem wird mit den gewünschten Maßnahmen eine brauchbare durchgehende Entlastungs- und Umleitungsstrecke für den Ost-West-Güterverkehr (Osten/Braunschweig–Ruhrgebiet) geschaffen. Bei der allgemein zu erwartenden Zunahme des Schienengüterverkehrs kann sie als reguläre Verbindung genutzt werden. Die Region Holzminden/Höxter würde verkehrlich besser erschlossen; der Bedarf der stärkeren Nutzung des Bahntransports dürfte in diesem Raum geweckt werden.
Ich frage die Landesregierung:
- Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, damit aus dem angekündigten Investitionsprogramm der Deutschen Bahn AG Verbesserungen der Schieneninfrastruktur in der Region Südniedersachsen initiiert werden können?
- Wie beurteilt die Landesregierung die Zugverkehrssituation im Verkehrsknotenpunkt Kreiensen hinsichtlich der oben geschilderten Problematik, und wie beurteilt die Landesregierung aufgrund dessen den Vorschlag der AG Bahn HOL/HX hinsichtlich der Errichtung eines Überholgleises auf der Strecke Vorwohle–Kreiensen gerade vor dem Hintergrund des Konzepts 2013+ der LNVG?
- Welchen Stellenwert misst die Landesregierung einer Umsetzung eines solchen Vorhabens (Überholgleis Strecke Vorwohle–Kreiensen) bei, und welche konkreten Maßnahmen zur Unterstützung dieser Maßnahme hat die Landesregierung unternommen?
Mit Inkrafttreten der Bahnreform im Jahr 1994 ist die Deutsche Bahn AG als privatrechtlich organisiertes Unternehmen Eigentümer und Betreiber der Schieneninfrastruktur der Bundesschienenwege. Die in Artikel 87 e IV Grundgesetz (GG) festgelegte Verantwortung des Bundes für die Schieneninfrastruktur wird in weiteren Gesetzen konkretisiert. Die Mitwirkungsrechte des Landes sind danach stark eingegrenzt.
Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigungen im Zugverkehr - stundenlange Verspätungen und zahlreiche Zugausfälle - in diesem wie im letzten Winter haben die Länder jedoch im Rahmen der Verkehrsministerkonferenzen der Länder (VMK), auf den Bund und die DB AG eingewirkt. Zuletzt wurde auf Vorschlag des Landes Niedersachsens auf der VMK am 10.01.2011 einstimmig ein umfassender Beschluss gefasst, dessen Forderungen sich an Bund und DB AG richten, da die Gründe für das „Winterchaos“ offenkundig in der schlechten Reservevorhaltung der DB AG bei Fahrzeugen, Werkstätten und Personal sowie einer vernachlässigten Infrastruktur zu finden sind. Neben einer umfassenden Fehleranalyse und der Erarbeitung von kurz- und mittelfristig umsetzbaren Maßnahmen wurde daher der Bund bzw. die DB AG aufgefordert, verstärkt in die Infrastruktur, die Fahrzeuge und das Personal zu investieren.
In diesem Zusammenhang räumte auch der Vorstandsvorsitzende der DB AG Herr Rüdiger Grube nach Presseberichten einen Investitionsstau bei der Bahn ein. Er kündigte außerdem eine neue Investitionsoffensive an: Die Bahn würde binnen fünf Jahren 44 Milliarden Euro investieren; Investitionsschwerpunkte seien die Instandhaltung und die Neubeschaffung von Fahrzeugen.
Genauere Informationen, z.B. wann welche Investitionen getätigt werden sollen, liegen dem Land, aufgrund der bereits aufgeführten Zuständigkeiten, hierzu nicht vor. Die Länder werden jedoch beispielsweise im Rahmen weiterer Sitzungen der Verkehrsministerkonferenzen auf die DB AG und den Bund einwirken, damit DB AG und Bund in den nächsten Jahren den Investitionsstau auflösen und sich ein Chaos, wie in den Wintern 2009/2010 und 2010/2011 nicht wiederholt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.
Zu 2 und 3.:
Die Fragen werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Im Verkehrsknotenpunkt Kreiensen wird die Regional-Linie Holzminden – Kreiensen mit der Express-Linie Uelzen – Hannover – Göttingen u.a. Verbindungen verknüpft. Die Übergangszeiten in Kreiensen sind sehr kurz, so dass bei regulärer Betriebslage optimale Anschlüsse bestehen; andererseits führen Störungen im Betriebsablauf vergleichsweise rasch zu Anschlussverlusten. Ein längerer Aufenthalt der Züge in Kreiensen, was die Anschlusssituation entspannen würde, ist jedoch aufgrund der infrastrukturbedingten Betriebsführung nicht möglich. Zudem besteht seitens der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV), der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) und des benachbarten nordrhein-westfälischen Aufgabenträgers der Wunsch, stündlich durchgehende Verbindungen von Paderborn über Holzminden nach Kreiensen einzurichten; auch dieses scheitert an den infrastrukturellen Randbedingungen. Diese Restriktionen könnten nach Einschätzung der Landesregierung mit der Errichtung eines weiteren Begegnungsabschnittes auf der Strecke Holzminden – Kreiensen beseitigt werden; die betrieblich sinnvolle Lage eines solchen zweigleisigen Abschnittes wäre allerdings aus Sicht der Landesregierung noch zu klären.
Allerdings ist derzeit nicht erkennbar, wie ein abschnittsweiser zweigleisiger Ausbau und/oder eine Geschwindigkeitserhöhung finanziert werden könnten: Bislang lehnen Bund und DB AG Aus- und Neubaumaßnahmen an Strecken, die überwiegend dem SPNV dienen und die von weniger als 1000 Reisenden täglich genutzt werden, ab. So ist zum einen die Nachfrage auf dieser Relation deutlich niedriger, zum anderen favorisiert der Bund für den durchgehenden Ost-West-Güterverkehr einen Ausbau der Achse Löhne – Hameln – Elze - Braunschweig. Insbesondere liegen jedoch keine Informationen darüber vor, dass die im Zusammenhang mit der Winterproblematik genannten Investitionen im Umfang von 44 Milliarden Euro auch für die v.g. Maßnahmen im Regionalnetz bereit gestellt werden sollen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
17.03.2011
zuletzt aktualisiert am:
18.03.2011