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Konjunkturstützung in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.09.2011 - TOP 35. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Ursula Weisser-Roelle (LINKE)


Die Abgeordnete Ursula Weisser-Roelle (LINKE) hatte gefragt:

Weltbankpräsident Robert Zoellick (USA) schlägt angesichts der Staatsschuldenkrise im Euroraum, der dramatischen Staatsverschuldung in den USA sowie des spürbar eingetrübten Konjunkturklimas in den Vereinigten Staaten Alarm für die Weltwirtschaft. Für die globale Wirtschaft bestünde das Risiko, in diesem Herbst in eine neue Gefahrenzone zu rutschen, sagte der Weltbankpräsident auf einer Wirtschaftskonferenz Anfang September in Peking (Stern.de am 4. September 2011). Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde aus Frankreich, befürchtet nach dieser Quelle eine deutliche Abkühlung der Weltwirtschaft und warnt vor einem Rückfall in die Rezession.

Über den Sommer habe der IWF eine neue Vertrauenskrise festgestellt, die die wirtschaftliche Lage weltweit belasten werde (Stern.de am 4. September 2011). Die Bundesregierung wurde von Frau Lagarde aufgefordert, für den Fall eines neuerlichen Wachstumseinbruches ein Konjunkturprogramm aufzulegen. Wenn der Export, auf dem das deutsche Wirtschaftsmodell nach den Worten der IWF-Chefin beruhe, einbreche, könnte die Bundesregierung gegensteuern. Wenn Deutschland seine Binnennachfrage belebe, sei das gut für die deutsche Wirtschaft und die der Nachbarländer. Spielraum für konjunkturstützende Maßnahmen in Deutschland sei nach Auffassung des IWF vorhanden.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt sie, ausgehend von den Einschätzungen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds von Anfang September 2011, die wirtschaftliche Lage in Niedersachsen im September im Vergleich zur Situation im ersten Halbjahr dieses Jahres?
  2. Werden angesichts des sich nach Einschätzung des Weltbankpräsidenten Robert Zoellick abzeichnenden Rutsches in eine neue Gefahrenzone von ihr Maßnahmen für die Ankurbelung der Binnenkonjunktur in Niedersachsen vorbereitet und, wenn ja, welche?
  3. Welche Vorsorge hat sie, ausgehend von der drohenden Verschlechterung der weltwirtschaftlichen Lage, in dem am 6. September 2011 geänderten Entwurf des Landeshaushaltes 2012/2013 getroffen?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die niedersächsische Wirtschaft zeigte sich in der ersten Jahreshälfte 2011 in blendender Verfassung. Bei Auftragslage, Umsätzen, Investitionen und Beschäftigung wurden insgesamt die besten Werte der letzten 20 Jahre erreicht. Die Auftragseingänge im niedersächsischen Verarbeitenden Gewerbe stiegen im ersten Halbjahr insgesamt um 25,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch der Export konnte nochmals deutlich zulegen. Insgesamt wurden in der ersten Jahreshälfte 18,1 Prozent mehr Güter exportiert als im Vorjahreszeitraum.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. und 2.:
Die Niedersächsische Landesregierung sieht auch im September die weitere wirtschaftliche Entwicklung positiv. Die konjunkturelle Grundtendenz der niedersächsischen Wirtschaft bleibt aus derzeitiger Sicht in der zweiten Jahreshälfte weiter aufwärtsgerichtet, dürfte sich aber verlangsamen. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die IHK-Konjunkturumfrage aus dem zweiten Quartal 2011. Rund 94 Prozent aller niedersächsischen Unternehmen beurteilen ihre Geschäftslage als gut oder zumindest befriedigend und eine Mehrheit der Unternehmen erwartet weiterhin eine stabile Entwicklung im Jahresverlauf.

Darauf, dass der Aufschwung 2011 zum Erliegen kommt, deuten die derzeitigen vorliegenden Zahlen nicht hin. Restrisiken für die Konjunktur - zum Beispiel mögliche negative Impulse der Schuldenkrise in der Eurozone oder in den USA - sind natürlich nicht außer Acht zu lassen. Insgesamt erwartet die Deutsche Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht für das Gesamtjahr unverändert eine Zuwachsrate des realen BIP in einer Größenordnung von 3 Prozent.

Vom Arbeitsmarkt kommen weiterhin gute Nachrichten. Im August 2011 waren in Niedersachsen insgesamt 275.202 Arbeitslose gemeldet. Das ist die niedrigste Zahl in einem August seit 19 Jahren. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg in Niedersachsen im Vergleich zum Vorjahresmonat weiter um 74.709 auf rund 2,53 Millionen an. Damit liegt Niedersachsen bundesweit weiterhin mit an der Spitze. Trotz leicht rückläufiger Konjunkturdynamik erwartet die Landesregierung einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit und einen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.

Vor diesem Hintergrund sieht die Niedersächsische Landesregierung derzeit keine Notwendigkeit, weitere Maßnahmen für die Ankurbelung der Konjunktur zu ergreifen.

Zu 3.:
Die Niedersächsische Landesregierung hat bereits in der Begründung des Haushaltsgesetzes vom 17.12.2010 festgestellt, dass „(…) weiterhin erhebliche Nachwehen der Finanzkrise“ festzustellen seien, „die die öffentlichen Haushalte sowohl auf der Einnahme- wie auf der Ausgabenseite nachhaltig belasten“ und darauf verwiesen, dass die schwerste Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte auch nach Überzeugung der Bundesregierung noch nicht überwunden sei. Die jüngsten Entwicklungen bestätigen, dass trotz zügiger und zunehmend gefestigter wirtschaftlicher Erholung auch jetzt noch erhebliche Risiken verbleiben, die in ihren Auswirkungen für zukünftige Haushaltsjahre allerdings kaum zu bemessen sind.

Vor diesem Hintergrund wird die Umsetzung des Konjunkturpakets II und des niedersächsischen Aufstockungsprogramms im Rahmen der „Niedersachseninitiative“ in 2011 ohne Einschränkungen fortgeführt. Auch die im Haushaltsplanentwurf 2012/2013 vorgesehenen investiven und konsumtiven Ausgaben tragen zukünftig weiter zur Stabilisierung der Wirtschaft und zur Sicherung der konjunkturellen Lage bei und werden durch die Ergänzungsvorlage nicht eingeschränkt. Eine stabilisierende Wirkung kommt darüber hinaus auch den Kapitalisierungsmaßnahmen zugunsten der NORD/LB zu, die mit dem Nachtragshaushaltsgesetz 2011 umgesetzt worden sind. Auch hieran wird mit dem zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2011 und der eingebrachten Ergänzungsvorlage für 2012 und 2013 festgehalten. Allerdings ermöglichen die inzwischen gesicherten Steuermehreinnahmen nun einen Verzicht auf die zusätzliche zweckgebundene Kreditermächtigung und die Abwicklung über ein Sondervermögen. Anlass für weitere Veränderungen am Haushaltsgesetz 2012 und 2013 besteht derzeit nicht.

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erstellt am:
16.09.2011

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