28. B 210n - prioritärer „Vordringlicher Bedarf“ oder „chancenlose Luftnummer“?
Plenum 17. Juli 2015 - Mündliche Anfragen
Abgeordnete Hillgriet Eilers, Gabriela König und Jörg Bode (FDP)
Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung
Vorbemerkung der Abgeordneten
Die Verkehrsexperten von Bündnis 90/Die Grünen sowohl aus dem Bundestag als auch aus dem Niedersächsischen Landtag bezeichnen die Verlegung der B 210 zur Entlastung der Bewohner in Ostfriesland immer wieder als „illusorisch“, „Luftnummer“ und „chancenlos“ (Ostfriesen-Zeitung, 23. Juni 2015). Die Einstufung der B 210 in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) hat nach den Ausführungen von MdB Dr. Wilms „keine Bedeutung“. Dieser Auffassung stehen die Ausführungen der Landesregierung in den Drucksachen 17/2240 und 17/2656 entgegen.
Vorbemerkung der Landesregierung
Nach den Bestimmungen des Grundgesetzes planen, bauen und unterhalten die Länder die Bundesfernstraßen in der Auftragsverwaltung für den Bund. Dem Land obliegt die Wahrnehmungskompetenz (Umsetzung, Betrieb, Planung und Bau im Rahmen der Vorgaben) und dem Bund die Sachkompetenz (Vorgabe des Handlungsrahmens sowie Kontrolle durch Fachaufsicht mit Weisungsrecht)
Das Fernstraßenausbaugesetz des Bundes vom Oktober 2004 mit der Anlage „Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen“ bildet die gesetzliche Grundlage für den Neubau von Bundesfernstraßen. Darin sind die Ortsumgehung (OU) Aurich im Zuge der B 210 und die Verlegung der B 210 von Aurich bis zur A 31 bei Riepe in den „Vordringlichen Bedarf“ eingestuft. Der Bundesgesetzgeber hatte damit die prioritäre Dringlichkeit für die Maßnahme festgelegt und den gesetzlichen Auftrag zur Planung des Projektes erteilt.
Die Bundesregierung ermittelt für die Verkehrswege des Bundes die längerfristig erforderliche Entwicklung der Infrastruktur und stellt die vorgesehenen Maßnahmen im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) dar. Der BVWP ist die Grundlage für die Entwürfe der Bedarfsplangesetze, mit denen der Gesetzgeber den Bedarf für neue oder auszubauende Verkehrswege festlegt.
Für die Zeit bis zum Jahr 2030 entwickelt die Bundesregierung derzeit eine neue Bundesverkehrswegeplanung. Nach der Verabschiedung des BVWP durch die Bundesregierung wird die Notwendigkeit der Projekte dann in einem neuen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen festgelegt (Gesetzgebungsverfahren zum Fernstraßenausbaugesetz).
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat die Grundkonzeption für den BVWP im Frühjahr 2014 veröffentlicht. Nach der Grundkonzeption ist vorgesehen, die zukünftigen Verkehrsinfrastrukturinvestitionen bedarfsgerecht zu priorisieren. Dabei soll generell der Erhaltung und dem Ersatz Vorrang gegenüber dem Aus- und Neubau gegeben werden. Dazu wird vom Bund mit einer Erhaltungsbedarfsprognose ermittelt, welcher Finanzmittelbedarf für den Substanzerhalt der Bundesfernstraßen bis zum Jahr 2030 vorrangig einzuplanen ist. Diesem wird dann bei den Priorisierungsschritten und der Finanzmittelaufteilung die höchste Priorität eingeräumt.
Für alle Vorhaben gilt, dass der Umfang der Maßnahmen, die nach einer positiven Bewertung vom Bund in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen werden können, im Wesentlichen von dem vom Bund nach Abzug des Erhaltungsbedarfes für Niedersachsen vorgesehenen Landesbudget abhängt. Nach der Grundkonzeption für den BVWP will der Bund die Budgetverteilung für die Länder und Projektpriorisierung vornehmen, wenn die Ergebnisse der Erhaltungsbedarfs- und Verkehrsprognose sowie die Ergebnisse der Projektbewertungen vorliegen und das voraussichtlich verfügbare Gesamtbudget bekannt ist. Die Ergebnisse werden nach derzeitigen Angaben des BMVI für Herbst 2015 erwartet. Der Bund will dann im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung den ersten Referentenentwurf zum BVWP veröffentlichen.
1. Befürwortet die Landesregierung eine Aufnahme der B 210n in die prioritäre Kategorie des BVWP „Vordringlicher Bedarf plus“, und meldet sie diese für diese Kategorie an (bitte mit Begründung)?
Da das BMVI im Rahmen der Anmeldung der Maßnahmen nur die Übermittlung der Projekte und deren Fachdaten vorsah, erfolgte die Meldung des Landes zur B 210n – wie für alle anderen Bundesfernstraßenmaßnahmen auch - ohne Vorschläge zu Dringlichkeitseinstufungen der Vorhaben. Der Bund überprüft alle Projekte. Eine Einschätzung zu einzelnen Maßnahmen kann erst erfolgen, wenn der Referentenentwurf zum BVWP vom BMVI übermittelt wurde und ausgewertet ist. Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.
2. Welche Gründe machen aus Sicht der rot-grünen Landesregierung die Baumaßnahme B 210 und die damit verbundenen Eingriffe erforderlich?
Im derzeit geltenden Bundesverkehrswegeplan sind die Ortsumgehung Aurich im Zuge der B 210 und die Verlegung der B 210 von Aurich bis zur A 31 bei Riepe in den „Vordringlichen Bedarf“ eingestuft. Der Bund wird die Projekte im Rahmen der laufenden Bundesverkehrswegeplanung jedoch auch im Hinblick auf Umweltbelange neu überprüfen. Es wird auf die Antwort zu Nr. 1 verwiesen.
Im Übrigen hat Minister Lies an diversen Stellen und Gesprächen die Bedeutung der Maßnahme herausgestellt.
3. Vor dem Hintergrund, dass die Verlegung der Bundesstraße 210 südlich von Emden planfestgestellt und unanfechtbar ist: Wie stellt sich derzeit der Sachstand bezüglich einer Umsetzung der unanfechtbar und planfestgestellten prioritären Baumaßnahme „Verlegung der Bundesstraße 210 südlich von Emden“ dar?
Das vom Bund für Niedersachsen vorgesehene Bundesfernstraßenbudget war bisher zu gering, um Bedarfsplanmaßnahmen, wie z.B. die Verlegung der Bundesstraße 210 südlich von Emden, sofort nach Erlangung des Baurechts zu finanzieren. Der Bund hatte für die Jahre 2016 bis 2018 ein 10-Mrd. €-Programm für Zukunftsinvestitionen angekündigt. Daraus sollen bundesweit Mittel in Höhe von 4,35 Mrd. Euro für Verkehrsinvestitionen und digitale Infrastruktur im Zeitraum von 2016 bis 2018 zur Verfügung gestellt werden. Das Bundeskabinett hat am 01.07.2015 den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2016 und den Finanzplan bis 2019 beschlossen. Vom BMVI ist nun noch zu konkretisieren, welche Bundesstraßenmaßnahmen für einen Baubeginn in der Laufzeit des Infrastrukturprogrammes finanziert werden. Mit einer Bekanntgabe der Projekte wird in Kürze gerechnet.