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Alter Fischereihafen Cuxhaven doch standsicher: Welche Konsequenzen zieht Wirtschafts-minister Bode?

Der Abgeordnete Dr. Manfred Sohn (LINKE) hatte gefragt:

Die Cuxhavener Nachrichten titelten in ihrer Ausgabe vom 9. Oktober 2012 „Alter Fischereihafen doch standsicher“ und nahmen darin Bezug auf eine entsprechende Mitteilung von Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Jörg Bode vom Vortag. Demzufolge habe ein zweites Gutachten zum Zustand der Kaimauer im Hafen ergeben, dass „die Kaje zu 100 % standsicher“ sei. Es bestünde keine Gefährdung für Leib und Leben.

Der erste Gutachter vor einem Jahr hatte solche Gefährdungen sogar postuliert, worauf der Alte Fischereihafen Cuxhaven gesperrt und aufwendig gesichert worden war. Das geht teilweise auch aus der Antwort der Landesregierung vom 27. Juli 2012, unterzeichnet von Wirtschaftsminister Jörg Bode, auf eine Kleine Anfrage von Dr. Manfred Sohn (DIE LINKE) hervor. Auftraggeber dieses ersten Gutachtens seien das landeseigene Unternehmen NPorts und das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr gewesen.

Nach Einschätzung der Cuxhavener Nachrichten vom 9. Oktober 2012 ergibt sich aus der Tatsache, dass das jetzt angefertigte Gutachten genau das Gegenteil von dem vor einem Jahr veröffentlichten Gutachten behauptet, ein schwerer Vertrauensverlust für das Unternehmen NPorts und nicht zuletzt für den Dienstherrn - das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Die Krabbenfischer wiederum wurden in ihrer Arbeit beeinträchtigt und sehr verunsichert. Der Tourismusregion Cuxhaven ist nach Einschätzung von Fachkreisen Imageschaden zugefügt worden.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wer hat die erste Begutachtung des Alten Fischereihafens mit welcher Begründung empfohlen?
  2. Wer hat den bzw. die Gutachter für die erste Begutachtung und mit welcher Begründung ausgewählt?
  3. Wer ist bzw. sind Gutachter der ersten Begutachtung gewesen (mit jeweils einer Darlegung seiner/ihrer fachlichen Reputation)?
  4. Welches Entgelt für den/die Gutachter der ersten Begutachtung wurde von wem vertraglich vereinbart?
  5. Welche Zahlungen erfolgten wann, von wem und in jeweils welcher Höhe an den/die Gutachter für die erste Begutachtung? Stehen noch vereinbarte Zahlungen aus?
  6. Wie beurteilt die Landesregierung heute die Qualität der ersten Begutachtung?
  7. Welche Konsequenzen zieht sie aus den Problemen der ersten Begutachtung?
  8. Zieht sie bzw. NPorts in Erwägung, das Entgelt für die erste Begutachtung von dem Gutachter/den Gutachtern zurückzuverlangen?
  9. Welche, auch finanziell zu beziffernden Ausfälle sind Krabbenfischern während der Sperrung des Alten Fischereihafens nach deren Angaben entstanden?
  10. Wie und wann wollen NPorts bzw. die Landesregierung Ausfälle der Krabbenfischer entschädigen?
  11. Welche, auch finanziell zu beziffernden Ausfälle sind für die Stadt und den Landkreis Cuxhaven bzw. ansässige Unternehmen bzw. Einrichtungen mit touristischem Bezug während der Sperrung des Alten Fischereihafens nach deren Angaben entstanden?
  12. Wie und wann wollen NPorts bzw. die Landesregierung diese Ausfälle entschädigen?
  13. Warum und von wem wurde die zweite Begutachtung in Auftrag gegeben?
  14. Wie wird die fachliche Reputation des/der Gutachter der zweiten Begutachtung beurteilt?
  15. Welches Entgelt wurde für die zweite Begutachtung vereinbart?
  16. Welche Zahlungen sind für die zweite Begutachtung bereits erfolgt?
  17. Wie hoch werden die Kosten für die Sperrung des Alten Fischereihafens Cuxhaven insgesamt beziffert, darunter jeweils konkret die Kosten für die Zäune und für die etwa 100 Poller?
  18. Warum wurden in den letzten Wochen etwa 100 Poller auf dem Hafengelände verankert, obwohl bekannt war, dass ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben wurde und mit einem Ergebnis alsbald zu rechnen war?


Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 05.12.2012 wie folgt:

Die Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG (NPorts) ist gesellschaftsrechtlich als privatwirtschaftliches Unternehmen organisiert. Eine direkte Mitwirkung des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW) in fachlichen Einzelfragen oder eine Dienstherrenfunktion sieht das Gesellschaftsrecht von NPorts nicht vor. Dementsprechend war MW in die Auftragsanbahnung und –abwicklung zu den Gutachten für den Alten Fischereihafen nicht involviert.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Die Begutachtung wurde durch die Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG aufgrund des schlechten äußerlichen Zustandes der wasserseitigen Kaianlage beauftragt.

Zu 2.:
Die Auswahl des Gutachters erfolgte durch die Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG. Der Gutachter verfügte nach Aussage der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG über Ortskenntnisse sowie eine hohe Verfügbarkeit und Kompetenz in der Begutachtung von Hafenanlagen.

Zu 3.:
Gutachter war die Statik Konstruktion Hafenbau Planungsgesellschaft mbH, Cuxhaven (SKH), Herr Dipl.-Ing. Gerhard Mangliers. Zur fachlichen Reputation wird auf die Antwort zu 2. verwiesen.


Zu 4.:
Die Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG beauftragte für das erste Gutachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.170,- Euro (netto).

Zu 5.:

4.200,- Euro (netto) für das erste Gutachten Rechnungsdatum: 28.06.2011
1.970,-Euro (netto) für die ergänzende Bearbeitung. Rechnungsdatum: 02.03.2012,
Weitere Zahlungen stehen aus diesem Auftrag nicht aus.

Zu 6.:
Nach Einschätzung der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG basiert das Gutachten auf theoretischen Standardwerten mit dem Ergebnis, dass die Standsicherheit des Nordseekais rechnerisch nicht nachweisbar ist.

Zu 7.:
Die Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG hat die internen Regelungen zur Bauwerksprüfung verändert. Zukünftig wird in allen Niederlassungen in regelmäßigen Abständen eine physische Prüfung der jeweiligen Bauwerke durchgeführt.

Zu 8.:
Nach Auskunft der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG hat die Prüfung ergeben, dass eine Rückforderung keine Aussicht auf Erfolg hätte.

Zu 9.:
Der Landesregierung oder der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG liegen keine entsprechenden Angaben vor.

Zu 10.:
Siehe Antwort zu 9.

Zu 11.:
Der Landesregierung oder der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG liegen keine entsprechenden Angaben vor.

Zu 12.:
Siehe Antwort zu 11.

Zu 13.:
Die zweite Begutachtung wurde durch die Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG beauftragt.
Zwischenzeitlich waren Fragestellungen zur Übertragbarkeit des auf theoretischen Standardwerten basierenden ersten Gutachtens auf den tatsächlichen Zustand der Kaianlage entstanden. Zur Verifizierung wurde daher eine ergänzende physische Bauwerksprüfung veranlasst.

Zu 14.:
Der beauftragte Gutachter WKC, Hamburg GmbH, Planungen im Bauwesen war bisher mit Bauwerksprüfungen anderer Bauwerke von NPorts beauftragt und verfügt nach Aussage der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG über umfangreiche Referenzen namentlich im Bereich des Hafenbaus.

Zu 15.:
Die Auftragssumme an die WKC, Hamburg GmbH, Planungen im Bauwesen beträgt rd. 37.600 Euro (netto).

Zu 16.:
Die erste Abschlagszahlung beläuft sich auf 9.858,13 Euro (netto).

Zu 17.:
Kosten für Bauzaun 9.416,76 Euro (netto).
Kosten für Poller, Ketten, Fundamente und Einbau: 37.709,00 € (netto). Die Poller werden auch an anderen Stellen eingebaut und sind somit wiederverwertbar.

Zu 18.:
Aufgrund des Zwischenergebnisses der Bauwerksprüfung am 22.6.2012 und der mehrwöchigen Verzögerung ihrer Fertigstellung wurde nach Rücksprache mit dem Gutachter festgestellt, dass die Kaianlage für Personen freigeben werden kann und weiterhin für KfZ zu sperren ist. Daraufhin wurde der Bauzaun durch 86 Poller ersetzt, die die Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit ermöglichten.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
14.12.2012

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