„Bettensteuer“ wird vielerorts in Niedersachsen wieder abgeschafft - Warum nicht in Hannover?
Der Abgeordnete Dirk Toepffer (CDU) hatte gefragt:
Am 11. Juli 2012 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die sogenannte Bettensteuer für teilweise verfassungswidrig erklärt. Hierbei handelt es sich um die geplante Zusatzbesteuerung von Hotelübernachtungen, die etliche Kommunen erwogen hatten. Die obersten deutschen Verwaltungsrichter haben in ihrem Urteil entschieden, dass Städte und Gemeinden zwischen privaten und berufsbedingten Übernachtungen unterscheiden und beruflich veranlasste Übernachtungen nicht zusätzlich besteuern dürften.
Wirtschaftsverbände und der Bund der Steuerzahler für Niedersachsen und Bremen hatten daraufhin ihre Kritik an der Abgabe wiederholt und gefordert, dass geplante oder existierende Satzungen aufgehoben und bisherige Einnahmen zurückerstattet werden sollten.
Seit Juli 2012 haben niedersächsische Kommunen auf den Richterspruch reagiert. Hildesheim, Osnabrück, Oldenburg sowie Göttingen haben die Abgabe bereits wieder abgeschafft. Die Landeshauptstadt Hannover hält weiterhin an der Einführung der „Bettensteuer“ fest.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie bewertet die Landesregierung den Richterspruch des Bundesverwaltungsgerichtes zur „Bettensteuer“ vom Juli 2012?
- Ist die Einführung einer Abgabe auf Übernachtungen im Hotel- und Gastgewerbe aus wirtschaftlicher und touristischer Sicht empfehlenswert?
- Welche Auswirkungen hätte die Einführung einer „Bettensteuer“ nach Ansicht der Landesregierung auf den Messestandort Hannover?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Die sogenannte Bettensteuer, eine kommunale Abgabe, die in manchen Kommunen im Zusammenhang mit Übernachtungen erhoben wird, soll - so eine häufige Begründung - die Besucher an der Finanzierung für Reisende „interessanter“ Einrichtungen beteiligen. Nachdem lange Zeit umstritten war, ob eine solche Abgabe überhaupt erhoben werden darf, ist durch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem vergangenen Juli nun geklärt, dass sie nicht für beruflich veranlasste Übernachtungen erhoben werden darf. Denn ein Steuerfindungsrecht stehe den Kommunen allenfalls für örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern zu. Ein solcher besonderer Aufwand als Besteuerungsanlass liege bei berufsbedingten Reisen aber nicht vor.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Landesregierung sieht sich durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in ihrer kritischen Haltung gegenüber sogenannten Bettensteuern bestätigt. Die vom Bundesverwaltungsgericht aufgrund der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung noch zugelassene Besteuerung privat veranlasster Hotelübernachtungen verliert infolge der jetzt bestehenden komplexen Differenzierungs- und Kontrollzwänge im Verhältnis zum erwartenden Aufkommen ihre sachliche Berechtigung. Faktisch und juristisch ist eine Unterscheidung zwischen privat und geschäftlich veranlassten Übernachtungen nicht bzw. nur mit sehr großem Aufwand möglich. Darüber hinaus sind die sich aus der Nachweispflicht zur Reisemotivation des Gastes ergebenden Fragen zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit weiterhin ungeklärt.
Zu 2.:
Die Bettensteuer scheint als Aufwandssteuer kein zukunftssicheres Instrument für eine dauerhafte und rechtssichere Finanzierung touristischer Aufgaben zu sein. Die Finanzierung der laufenden Unterhaltung von Tourismuseinrichtungen als freiwillige Aufgabe wird für immer mehr Kommunen zu einem Problem.
„Bettensteuern“ sind jedoch keine geeignete Lösung dieser Finanzierungsschwierigkeiten, sie verteuern Übernachtungen. Wie die Erfolge von sogenannten Billigfliegern und preisgünstigen Last-Minute-Angeboten im Tourismusbereich zeigen, handelt es sich trotz weitgehend ungebrochener Reiselust um einen preissensiblen Wirtschaftssektor. Wer hier unnötige Kosten produziert, der schreckt Touristen ab, verhindert die Ausweitung dieses Bereichs und erhöht den wirtschaftlichen Druck auf das örtliche Tourismusgewerbe.
Zu 3.:
Die Frage der Einführung einer Bettensteuer am Messestandort Hannover stellt sich aus Sicht der Landesregierung derzeit nicht. Aus der Presse war zu entnehmen, dass der Rat der Stadt Hannover vor geraumer Zeit einen konditionierten Beschluss gefasst habe, wonach eine Bettensteuersatzung dann diskutiert werde, wenn ein höchstrichterlicher Beschluss vorliege, der die Einführung einer derartigen Aufwandssteuer sowohl für private als auch geschäftlich motivierte Übernachtung für rechtmäßig erachte. Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.07.2012 konnte diese Frage geklärt werden.
Nach dem Ausschluss der beruflich veranlassten Reisen wird der Messestandort Hannover von einer Bettensteuer aus tourismusfachlicher Sicht nicht tangiert, da die Mehrzahl der laut amtlicher Statistik erfassten Übernachtungen beruflich motiviert sind. Genaue Zahlen hierzu liegen der Landesregierung frühestens im nächsten Jahr vor. Die Tourismus Marketing Niedersachsen GmbH (TMN) hat Anfang des Jahres 2012 eine Kooperationsvereinbarung mit dem Institut für Management und Tourismus (IMT) und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zur Erstellung einer Studie geschlossen. In periodischen Abständen soll für zuvor definierte Zielgebiete das Volumen des gesamten touristischen „Incomings“ gemessen werden. Da die Erhebung u.a. nach Urlaubs- und Geschäftsreisen erfolgt, wird es dann möglich sein, den Geschäftsreiseanteil einer Region bezogen auf das Gesamtreisevolumen zu belegen. Erste Ergebnisse werden für Frühjahr 2013 erwartet.
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erstellt am:
07.12.2012