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Gipsabbau im Harz

Der Abgeordnete Dr. Gero Hocker (FDP) hatte gefragt:

Der Gipsabbau hat im Harz eine lange Tradition. In allen drei Bundesländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es Unternehmen, die Gips abbauen. Somit ist der Gipsabbau ein wichtiger Wirtschaftszweig für die gesamte Region, auch über Landesgrenzen hinweg.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Bedeutung des Gipsabbaus für die Region?
  2. Wie bewertet die Landesregierung die Zukunft des Gipsabbaus im Harz?
  3. Hat die Landesregierung Gespräche mit den Landesregierungen von Sachsen-Anhalt und Thüringen bezüglich des Gipsabbaus im Harz geführt und, wenn ja, wann und mit welchem Inhalt und Ergebnis?
  4. Inwieweit wird das Naturschutzgroßprojekt „Grünes Band“ den Gipsabbau im Harz beeinträchtigen?
Wirtschaftsminister Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 06.03.2014 wie folgt:

Mineralische Rohstoffe stehen am Beginn vieler Wertschöpfungsketten unserer Industriegesellschaft. Daher kommt der sicheren Versorgung des Marktes mit mineralischen Rohstoffen, und insbesondere deren verbrauchsnahe Verfügbarkeit, eine große Bedeutung zu.

Auch der Rohstoff Gipsstein wird in vielfältigen Produktionsprozessen eingesetzt. So wird Gipsstein u. a. als Bindemittel, Bau- oder Werkstoff verwendet und zu Baugipsen und Baugipsprodukten verarbeitet. Daneben kommt Gipsstein, bevorzugt aber Gips-Anhydritstein-Gemische, in der Zementindustrie zum Einsatz. Hochwertiger Gips dient u. a. der Erzeugung von Spezialgipsprodukten wie Formgipsen für die Herstellung von Grobkeramik (z. B. Dachziegel) und Feinkeramik (Porzellanherstellung) oder von Spezialgipsprodukten für die Medizintechnik, die pharmazeutische Industrie, die Gummi- und Lebensmittelindustrie.

Die niedersächsische Gipsindustrie umfasst derzeit 11 Unternehmen, in denen etwa 750 Mitarbeiter, überwiegend in der strukturschwachen Region Südniedersachsen, direkt beschäftigt sind. Die verarbeitete Menge an Gips- und Anhydritstein dürfte in den letzten Jahren in einer Größenordnung zwischen 1,3 bis 1,5 Millionen Tonnen gelegen haben. Etwa 25 bis 30 % der verarbeiteten Rohstoffe sind dabei synthetische Gipse, größtenteils aus Rauchgasentschwefelungsanlagen von Kohlekraftwerken, die in Baugipsprodukten verwendet werden.

(Siehe: Rohstoffsicherungsbericht 2012 des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie - http://www.lbeg.niedersachsen.de/download/78114 ).

Wirtschaftlich bedeutsame Lagerstätten von Gips- und Anhydritstein treten in Niedersachsen vorwiegend im Südharz, bei Stadtoldendorf, bei Weenzen/Hils sowie bei Bodenwerder auf. Dabei erstreckt sich die Gipskarstlandschaft am Südrand des Harzes über die Länder Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt und stellt einen einzigartigen Lebensraum dar, der für den Naturschutz in Niedersachsen von besonderer Bedeutung ist.

Das Karstgebiet mit oberirdisch anstehendem Gips ist von herausragender Bedeutung, weil solche Formationen sehr selten sind. Auch kulturhistorisch ist die Region um das Kloster Walkenried von großer Bedeutung. Im Südharzer Gipskarst haben wichtige Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen) den Schwerpunkt ihrer Verbreitung in Niedersachsen. Hierzu gehören beispielsweise temporär wasserführende Karstseen, kalk- oder basenhaltige Felsen, Trespen-Schwingel-Kalk-Trockenrasen, Kalkschutthalden, natürliche und naturnahe Kalkfelsen und ihre Felsspaltenvegetation, nicht touristisch erschlossene Höhlen, Mitteleuropäische Kalk-Buchenwälder sowie Schlucht- und Hangmischwälder. An bedeutsamen Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie sind Hirschkäfer, verschiedene Fledermausarten und der Frauenschuh zu nennen.

Zu ihrem Schutz hat Niedersachsen die nachstehenden FFH-Gebiete ausgewiesen:

  • Gipskarstgebiet bei Osterode,
  • Gipskarstgebiet bei Bad Sachsa,
  • Sieber, Oder, Rhume,
  • Steinberg bei Scharzfeld,
  • Butterberg/ Hopfenbusch.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Der Gipsabbau ist für den Südharz von ganz erheblicher arbeitsmarktpolitischer sowie volkswirtschaftlicher Bedeutung und sichert in der gesamten Region eine Vielzahl von gewerblichen Arbeitsplätzen. Durch die Nutzung der Gipslagerstätten hat sich im Südharz eine besonders leistungsfähige Industrie etabliert, die den Gips nicht nur abbaut, sondern überwiegend auch in der Region zu teils sehr hochwertigen Gipsprodukten verarbeitet. Im Landkreis Osterode werden von mehreren Unternehmen mehr als 80 % der in Deutschland hergestellten Spezialgipsprodukte erzeugt. Davon werden rund 25 % in mehr als 60 Länder exportiert. Neben den direkten Arbeitsplätzen in der Gipsindustrie mit zum Teil hoher Qualifikation, sind zahlreiche Arbeitsplätze im Transportgewerbe, der Zuliefer- und Verpackungsindustrie und im Handwerk von der Gipsindustrie abhängig. Darüber hinaus lassen mehrere Betriebe einen wesentlichen Teil der Steinbrucharbeiten durch regional tätige Tiefbauunternehmen durchführen.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 2.:
Die Zukunft der Gipsindustrie im Südharz ist langfristig von der Verfügbarkeit von REA-Gips (Gips aus Rauchgasentschwefelungsanlagen) und dem Naturrohstoff Gips abhängig. Vor dem Hintergrund, dass der Gipsabbau in der ökologisch sehr sensiblen Gipskarstlandschaft, die in wesentlichen Teilen durch Natura 2000, Natur- und Landschaftsschutzgebiete geschützt wird, erfolgt, ist insbesondere die Neugenehmigung von Abbauflächen, seit Jahrzehnten umstritten.

Allerdings wird ein Abbau von Naturgips auch in Zukunft notwendig sein, da nicht davon auszugehen ist, dass alle Gipsprodukte aus synthetischen Gipsen, vor allem aus Rauchgasentschwefelungsanlagen, in gleicher Qualität hergestellt werden können. Zwar kommt bei der Herstellung vieler Baugipsprodukte REA-Gips zum Einsatz, bei der Herstellung von verschiedenen Spezialgipsen kann aber auf Naturgips derzeit nicht verzichtet werden. Darüber hinaus ist festzustellen, dass REA-Gips auch importiert werden muss, um den Bedarf zu decken. Im Jahr 2030 wird nach überschlägigen Schätzungen infolge des Umbaus der Energieerzeugung in Deutschland in Richtung Regenerativer Energien nur noch etwa ein Drittel der derzeitigen Mengen an REA-Gips erzeugt.

In Niedersachsen ist der zukünftige Gipsabbau im Südharz durch die Ausweisung von Vorranggebieten für die Rohstoffgewinnung geregelt. Die Gebietskulisse für den Abbau ist im Landes-Raumordnungsprogramm 2012 (LROP) in Kartendarstellungen konkretisiert. Im LROP-Textteil wurde unter Ziffer 3.2.2 05, Satz 2, als Ziel festgelegt, dass der Gipsabbau auf diese im LROP festgelegten Vorranggebiete Rohstoffgewinnung, in denen im Wesentlichen bereits ein Abbau erfolgt, zu beschränken ist.

Zu 3.:
Gespräche zwischen den Landesregierungen Niedersachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens werden derzeit nicht geführt.

Zu 4.:
Eine mögliche Beeinträchtigung des Gipsabbaus im Harz durch das Naturschutzgroßprojekt „Grünes Band Eichsfeld-Werratal“ ist in Niedersachsen nicht gegeben.

Die Förderkulisse dieses Naturschutzgroßprojektes erstreckt sich im naturräumlichen Bereich der Gipskarstlandschaft Südharz auf niedersächsischer Seite auf die bestehenden Naturschutzgebiete „Steingrabental - Mackenröder Wald“ und „Weißensee und Steinatal“, die zudem im FFH-Gebiet „Gipskarstgebiet bei Bad Sachsa“ liegen.

Eine räumliche Überschneidung der Förderkulisse bzw. dieser Naturschutzgebiete mit Vorranggebieten Rohstoffgewinnung für den obertägigen Gipsabbau gemäß dem LROP 2012 besteht nicht. Das Vorranggebiet Rohstoffgewinnung Nr. 264 südlich von Steina grenzt östlich an die Förderkulisse bzw. das Naturschutzgebiet „Weißensee und Steinatal“ an. Der Landesgrenzen übergreifende Gipsabbaubereich im weiteren Verlauf des „Grünen Bandes“ bei Walkenried befindet sich weit außerhalb der Förderkulisse.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
28.03.2014
zuletzt aktualisiert am:
17.04.2014

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

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