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Kostensteigerung A 39 auf 1,1 Milliarden Euro - Was nun, Herr Bode?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10.05.2012 - TOP 22. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte und Enno Hagenah (GRÜNE)


Die Abgeordneten Miriam Staudte und Enno Hagenah (GRÜNE) hatten gefragt:

Der Bundesverkehrswegeplan 2003 sah Kosten für die A 39 (Lüneburg–Wolfsburg) von 437 Millionen Euro vor. Die Autobahn wurde als „Vordringlicher Bedarf“ eingestuft. Als Nutzen-Kosten-Verhältnis ergab sich (in Mischkalkulation mit der A 14) der Wert 3,4. Auf eine Anfrage der Grünen hin erklärte die Landesregierung in ihrer Antwort, dass der tatsächliche Wert nur 2,78 betrage. Eine Bürgerinitiative ermittelte sogar einen Wert von nur 1,87. Grundlage für die Berechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses war die Annahme, der Bau der A 39 koste 608 Millionen Euro.

Mitte April nun teilt Verkehrsminister Jörg Bode mit, dass die Gesamtkosten für die A 39 nun auf 1,1 Milliarden Euro steigen werden. Gleichwohl kommentiert Bode in einer Pressemitteilung den „Gesehen-Vermerk“ des Bundesverkehrsministeriums für den ersten Planungsabschnitt als „wichtigen Meilenstein“. Die Landesvertretung des Verkehrsclub Deutschland (VCD) versteht die Haltung der Landesregierung indes nicht. In einer Pressemitteilung heißt es, es sei „grotesk“ (VCD vom 18. April 2012), den Ausbau zu bejubeln und gleichzeitig zugeben zu müssen, dass die Kosten für das gesamte Projekt explodierten, obwohl doch keine Finanzmittel zur Verfügung stünden. Der VCD weist darauf hin, dass die Entscheidung, die A 7 südlich von Soltau komplett sechsspurig auszubauen, die erwartete Verkehrszunahme für die A 39 reduzieren wird und damit die Daseinsberechtigung der A 39 infrage gestellt wird.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welches Nutzen-Kosten-Verhältnis ergibt sich aktuell für den Bau der A 39 Lüneburg–Wolfsburg, wenn die Kosten von 1,1 Milliarden Euro der Berechnung zugrunde gelegt werden?
  2. Wie wird der sechsspurige Ausbau der A 7 südlich von Soltau das Nutzen-Kosten-Verhältnis der A 39 verändern?
  3. Mit welchen Mitteln wird die nun 1,1 Milliarden teure A 39 in welchem Zeitraum nach den Erwartungen der Landesregierung finanziert werden?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die Erweiterung und die Erhaltung der Verkehrsnetze zur Verbesserung der Mobilität im Land ist eine wesentliche Säule der niedersächsischen Verkehrspolitik.

Eine bedarfsgerechte Anbindung aller Wirtschaftsräume durch Bundesfernstraßen, der Ausbau von Schiene und Wasserstraße ist für die Entwicklung eines Flächenlandes wie Niedersachsen von höchster wirtschafts- und strukturpolitischer Bedeutung.
Der Neubau der A 39 von Lüneburg nach Wolfsburg mit rund 105 km gehört deshalb mit zu den wichtigsten Infrastrukturvorhaben in Niedersachsen.

Die Realisierung der A 39 hat große wirtschaftliche und verkehrliche Bedeutung. Der nordost-niedersächsische Raum zählt bundesweit zu den strukturschwächsten Regionen mit einem erheblichen Entwicklungsrückstand. In ganz Deutschland gibt es kein Gebiet, das über eine so schlechte Autobahnerschließung verfügt. Mit der A 39 wird damit eine dringend erforderliche, zusätzliche, leistungsfähige Bundesfernstraßenverbindung geschaffen. Sie verbindet im großräumigen Bereich die Wirtschaftsräume in Süd- und Osteuropa mit der Nordsee und Skandinavien. Im regionalen Bereich verbessert der Bau der A 39 die Standortqualitäten in bisher benachteiligten Regionen. Als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes A 39 und A 14 (Magdeburg-Schwerin) sowie der verbindenden B 190n zur Erschließung des norddeutschen Raumes soll die A 39 die Städte Lüneburg und Wolfsburg miteinander verbinden. Weiterhin schafft sie eine direkte Vernetzung der Räume Hamburg/Lüneburg und Braunschweig /Wolfsburg/Salzgitter.

Das Land hat die Planungen der A 39 konsequent vorangebracht. Gegenwärtig erfolgt für die A 39 die detaillierte Entwurfsaufstellung in insgesamt 7 Planungsabschnitten. Der Vorentwurf für den Planungsabschnitt bei Lüneburg wurde durch das Bundesverkehrsministerium im März 2012 mit dem „Gesehen-Vermerk“ bereits genehmigt.

Damit wurde ein weiterer wichtiger Meilenstein für den Bau der A 39 erreicht! Nunmehr kann die Planung in das Planfeststellungsverfahren gehen.

Der Vorentwurf für den Planungsabschnitt bei Wolfsburg liegt dem Bundesverkehrsministerium ebenfalls zur Genehmigung vor.

In der Planung zur A 39 spielen die Belange von Mensch und Natur eine große Rolle. Besonders dem Lärmschutz und dem Erhalt der biologischen Vielfalt wurde Rechnung getragen. Ja, das kostet mehr. Dennoch bin ich der Meinung: das muss es uns am Ende allen wert sein.

Die Stärke von Wirtschaftsregionen wird maßgeblich von ihrer Lage zu großen Verkehrsadern beeinflusst. Deshalb ist die Anbindung aller Wirtschaftsräume durch verkehrsgerechte Bundesfernstraßen – insbesondere der Bundesautobahnen –in Niedersachsen dringend geboten.

Entsprechend ihrer Bedeutung ist die A 39 im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen dem „Vordringlichen Bedarf“ zugeordnet und dort als „laufendes und fest disponiertes Vorhaben“ eingestellt. Damit hat der Deutsche Bundestag für die Maßnahme die prioritäre Dringlichkeit festgelegt und er hat den gesetzlichen Auftrag zur Planung erteilt. In seinen Investitionsrahmenplan für die Verkehrsinfrastruktur für den Zeitraum 2011-2015 hat der Bund den Planungsabschnitt von Wolfsburg bis Ehra als „prioritäres Vorhaben aufgenommen. Die anderen Abschnitte sind dort als „weitere wichtige Vorhaben“ eingestuft.

Es ergibt sich eine gewaltige Herausforderung für die Verkehrspolitik angesichts der Verkehrsprognosen bis zum Jahr 2025. Die Gutachter gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2025 der Personenverkehr um 16% und der Güterverkehr um 79% zunehmen werden. Die Experten sind sich einig, dass dabei der größte Anteil des Güterverkehrsanstieges auf der Straße stattfinden wird.

Deshalb ist ebenso wie für den Neubau der A 39 auch der Bedarf für den sechsstreifigen Ausbau der A 7 zwischen dem Autobahndreieck Walsrode und der Anschlussstelle Walsrode gegeben. Dieses Projekt ist im Bedarfsplan dem „Weiteren Bedarf mit Planungsrecht“ zugeordnet worden. Die Maßnahme ist im IRP als „weiteres wichtige Vorhaben“ ausgewiesen. Beide Maßnahmen tragen entscheidend zur Verbesserung des Bundesstraßennetzes bei.

Ich möchte nun im Einzelnen auf die Fragen zur Kostenentwicklung bei der A 39 eingehen.

Zu 1.:
Nach dem Grundgesetz planen, bauen und unterhalten die Länder die Bundesfernstraßen im Rahmen der Auftragverwaltung des Bundes. Die im Zusammenhang mit dem Bundesverkehrswegeplan stehende Methodik und Durchführung der Nutzen-Kosten-Untersuchung ist jedoch ausschließlich der Bundesregierung zugeordnet.
Im Linienbestimmungsverfahren (2008) zur A 39 hat der Bund das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) der A 39 mit einer Höhe von 2,78 und Kosten von rd. 608 Mio. € neu ermittelt.
Aus der Bedarfsplanüberprüfung des Bundes aus dem Jahr 2010 ist bekannt, dass neben den gestiegenen Baukosten die Nutzen stiftenden Werte ebenfalls um bis zu 20 % gestiegen sind. Bund und Land gehen deshalb davon aus, dass sich bei der jetzt dargelegten Kostenentwicklung ein NKV ergibt, das die Bauwürdigkeit der A 39 deutlich belegt.

Eine aktuelle Neuberechnung des NKV durch den Bund scheint insoweit nicht erforderlich.

Zu 2.:
Hier ist ebenfalls die in der Antwort zu Frage 1 genannte Zuständigkeitsverteilung gegeben. Bekannt ist jedoch, dass der Bund bei der Projektbewertung im Zusammenhang mit der Bedarfsplanaufstellung alle Maßnahmen, bei denen sich gegenseitige Beeinflussungen ergeben, im Rahmen einer sogenannten Interdependenzberechnung gemeinsam überprüft. Dadurch sind eventuelle Abhängigkeiten bereits in den Nutzen-Kosten-Verhältnissen enthalten.

Zu 3.:
Als Straßenbaulastträger ist der Bund für die Finanzierung der Maßnahme zuständig. Der Neubau der A 39 ist im Investitionsrahmenplan 2011-2015 (IRP) enthalten. Dies ist ein deutliches Signal des Bundes mit der Finanzierung des Baus der A 39 nach Vorliegen baureifer Planfeststellungsbeschlüsse noch innerhalb der Laufzeit des IRP zu beginnen.


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Artikel-Informationen

erstellt am:
11.05.2012
zuletzt aktualisiert am:
28.08.2012

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