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Sanierung JadeWeserPort

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22.06.2012 - TOP 34. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Jürgen Krogmann und Olaf Lies (SPD)


Die Abgeordneten Jürgen Krogmann und Olaf Lies (SPD) hatten gefragt:

Das Krisenmanagement der Landesregierung rund um den JadeWeserPort kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nachdem die inzwischen mehr als 250 Schlosssprengungen an der Spundwand nicht geschlossen werden konnten, sollen die Schäden nun mit einer Wand aus Betonfertigteilen abgedeckt werden.

Beauftragt damit wurde das Betonwerk Stahl & Beton Hupasch (SBH) aus Jeddeloh bei Oldenburg. Aus Unternehmer- und Gewerkschaftskreisen gibt es aber große Zweifel an der Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Die Einhaltung tariflicher Standards sowie arbeits- und ausländerrechtlicher Bestimmungen steht nach einer Großrazzia von Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaft vor einigen Wochen in Zweifel.

In Fachkreisen wird zugleich bezweifelt, dass das Unternehmen in derart kurzer Zeit die Fertigung und insbesondere dabei die Aushärtung der Betonelemente für die erhöhten Anforderungen im Seewasserbau hinreichend sicherstellen kann. Es besteht die Befürchtung, dass nach den Schäden durch die Schlosssprengungen nun erneute Schäden durch mangelhafte Beschaffenheit und Festigkeit der Betonelemente drohen könnten. So wird nach Auskunft von Fachkreisen üblicherweise bei der Aushärtung von Betonfertigteilen eine Frist von 28 Tagen bis zur geforderten Festigkeit angesetzt. Beim JadeWeserPort sollen aber die ersten Elemente bereits drei bis vier Tage nach der Produktion eingebaut worden sein.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie stellt die Landesregierung (oder entsprechend die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft) sicher, dass bei den Betonfertigteilen, dem Beton zum Ausfüllen des Zwischenraums und der Befestigung der Elemente, die bei der Sanierung verwendet werden, die notwendigen Qualitätsstandards (z. B. der o. a. Zeitraum zur Aushärtung) eingehalten werden?
  2. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass bei den Aufträgen, die von der Arge vergeben werden, die im Zusammenhang mit öffentlichen Bauvorhaben festgelegten Vorgaben des Landesvergabegesetzes sowie arbeits- und ausländerrechtliche Bestimmungen eingehalten werden?
  3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung nach Bekanntwerden der Durchsuchung der Produktions- und Geschäftsräume des Betonwerks Stahl & Beton Hupasch (SBH) mit rund 250 Beamten von Polizei und Zoll ergriffen, um dem Sachverhalt nachzugehen und die unter 1. und 2. genannten Punkte sicherzustellen?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG hat dem Sanierungskonzept der ARGE zugestimmt, welches vorsieht, den Großteil der aufgetretenen Schlosssprengungen mittels einer vorgestellten Betonwand mit einer Länge von mindestens 650 Metern dauerhaft zu verschließen. Die Betonfertigteile haben in der Gesamtkonstruktion die Funktion einer verlorenen Schalung für den Unterwasserbeton. Die Forderung der Festigkeit neben der Einhaltung der Expositionsklassen ist dabei nicht ein 28 Tage Wert, sondern die Sicherstellung der erforderlichen Festigkeit für Transport und Einbau. Diese Festigkeit ist bereits nach 7 Tagen zu 120% erfüllt. Baustellenkontrollen mit Rückprallhammer haben dies bestätigt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Nach Angaben der JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG wird diese in allen betontechnischen Belangen durch die KIWA Bautest GmbH, Augsburg beraten und betreut. Dazu gehören die Abstimmung und Freigabe der erforderlichen Expositionsklassen des Betons, die Beurteilung und Freigabe der Rezepturen und Eignungsprüfungen der Unterwasserbetone und des Fertigteilbetons sowie die Beurteilung der Güteüberwachung des Betonwerkes und des Baustellenbetons.

Die Fertigteile als Bauhilfsstoff unterliegen einer Prüfung auf die Funktionalität. Unabhängig davon erfolgt die Herstellung und Dokumentation nach Deutscher Norm. Das Fertigteilwerk unterliegt der Fremdüberwachung des Güteschutzes Beton und Fertigteilwerke Nord e.V.. Für den Baustellenbeton als BII-Beton gilt dies ebenfalls. Die geforderten Expositionsklassen werden durch alle Betone erfüllt.

Die ARGE führt parallel laufende eigene Kontrollen des Fertigteilwerkes durch.

Auch JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG hat bereits am 08.05.2012 eine Qualitätskontrolle des Fertigteilwerkes durchgeführt. Die technische Leistungsfähigkeit hinsichtlich Qualität und Leistungsfortschritt konnte dabei bestätigt werden.

Die laufenden Prüfungen, Überwachung und Dokumentation der Lieferung und Einbau der Fertigteile wie auch des Unterwasserbetons sind im QM-Plan der Baustelle erfasst. Durch Ihre Bauüberwachung (24 Stunden/7 Tage die Woche) sichert JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG die Durchsetzung dieses Planes ab. Unter Wasser werden die Arbeiten durch Kontrolltauchgänge begleitet.

Zu 2.:
Die ARGE hat – wie vom Landesvergabegesetz gefordert – gegenüber der JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG im Vergabeverfahren mit Datum vom 03.05.2006 eine Erklärung zur Einhaltung der tarifvertraglichen und öffentlich-rechtlichen Bestimmungen bei der Ausführung von Bauleistungen abgegeben. In dieser Erklärung verpflichtet sich die ARGE zur Einhaltung diverser Vorschriften u.a. aus den Bereichen Arbeitsschutz, Tarifvertragsrecht und Bestimmungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Darüber hinaus verpflichtet sich die ARGE, Nachunternehmer nur unter der Voraussetzung zu beauftragen, dass der Nachunternehmer eine gleich lautende Erklärung ihnen gegenüber abgibt und sich zur Offenlegung relevanter Dokumente gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet.

Sofern Anhaltspunkte für Verstöße gegen die in der Erklärung genannten Bestimmungen seitens der Mitglieder der ARGE oder seitens deren Nachunternehmen vorliegen, ist es Aufgabe der JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG als öffentlicher Auftraggeber, dies durch Einsichtnahme in entsprechende Unterlagen zu prüfen.

Bei der Stahl & Beton Hupasch GmbH & Co. KG wurden nach Angaben der ARGE gegenüber der JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG Betonteile nach vorgegebenen Spezifikationen erworben. Es handelt sich somit um einen Materialbeschaffungsvorgang. Im Gegensatz dazu stellt die Nachunternehmerleistung im Sinne der VOB und des Landesvergabegesetzes eine ausgekoppelte Bauleistung dar, die eigentlich der Auftragnehmer zu erbringen hat, diese aber an einen Dritten überträgt. Hierbei wäre zur Ermittlung des Selbstausführungs- bzw. Nachunternehmeranteils darauf abzustellen, welcher Leistungsanteil für die geschuldete Gesamtleistung prägend ist. Beim Einbau vorgefertigter Bauteile ist dies regelmäßig die Einbauleistung, welche hier aber durch die ARGE selbst erbracht wird. Dementsprechend wäre die ARGE nicht verpflichtet gewesen, eine Erklärung zur Einhaltung der tarifvertraglichen und öffentlich-rechtlichen Bestimmungen bei der Ausführung von Bauleistungen beim vorgenannten Lieferanten einzuholen. Insofern bestand für die JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG keine rechtliche Möglichkeit, die Einhaltung von Vorschriften bei der Stahl & Beton Hupasch GmbH & Co. KG zu prüfen.

Darüber hinaus werden bei entsprechendem Verdacht die für die Einhaltung der jeweiligen Vorschriften Zuständigen Behörden von Bund, Land und Kommunen tätig, so geschehen auch im Fall der Stahl & Beton Hupasch GmbH & Co. KG (siehe Antwort auf Frage 3).

Zu 3.:
Die Landesregierung unterstützt nachdrücklich die Bemühungen der niedersächsischen Strafverfolgungsbehörden um eine umfassende Verfolgung und Aufklärung von Straftaten.

Dies gilt auch für das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Oldenburg, in dem am 23. Mai 2012 die in der Anfrage genannte Durchsuchungsaktion erfolgt ist. In diesem Verfahren dauern die Ermittlungen an.

Erkenntnisse zum Inhalt und zum aktuellen Verfahrensstand können allerdings im Einzelnen nicht dargelegt werden, weil die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden durch Veröffentlichungen nicht beeinträchtigt werden dürfen. Darüber hinaus ist stets die verfassungsrechtlich garantierte uneingeschränkte Geltung der Unschuldsvermutung zu beachten. Dies gilt für das konkret benannte Verfahren ebenso wie für jedes andere Ermittlungsverfahren auch.

Auskünfte aus Ermittlungsverfahren dürfen durch die Staatsanwaltschaften nach den §§ 475, 478 StPO nur beim Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen erteilt werden. Nach § 475 StPO dürfen einer Privatperson und sonstigen Stellen über einen Rechtsanwalt Auskünfte aus solchen Akten erteilt werden, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit hierfür ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Ein bloßes „großes öffentliches Interesse“ oder auch ein politisches Interesse lässt die Gewährung von Auskünften an Private und mithin auch ein Öffentlichmachen von Akteninhalten und damit Firmennamen nicht zu.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
22.06.2012

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