Unterstützung für die Geoparks in Niedersachsen
Die Abgeordneten Frank Oesterhelweg und Martin Bäumer (CDU) hatten gefragt:
Der Geopark „Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen“ mit Sitz in Königslutter ist Teil des Nationalen, des Europäischen und des globalen, von der UNESCO geförderten Geoparknetzwerkes. Hauptziele der Geoparks sind der Schutz von Natur und Kulturgütern, die Förderung der Bildung und Forschung sowie eine zukunftsfähige Regionalentwicklung. Ein Geopark ist eine Region mit einem herausragenden geologischen Erbe und einer Strategie für eine umweltverträgliche und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. In Niedersachsen gibt es neben dem oben genannten einen zweiten globalen Geopark, den Geo- und Naturpark „Terra Vita“ mit Sitz in Osnabrück.
Geoparks sind von unten nach oben entstandene („bottom-up“) Strukturen, die von lokalen Trägern wie Gemeinden, Städten, Landkreisen und Vereinen entwickelt und getragen werden. Um ihre gemeinnützigen Aufgaben von erheblichem öffentlichem Interesse wahrnehmen zu können, bedürfen Geoparks einer Unterstützung durch öffentliche Mittel. Bisher stammen diese Mittel nahezu ausschließlich von der kommunalen Ebene, ergänzt durch Spenden, öffentlich-rechtliche Stiftungsmittel und projektgebundene EU- bzw. Landesfördermittel (z. B. „Natur erleben“).
In den Zuständigkeiten von mindestens drei Ministerien überschneiden bzw. decken sich die Ziele und Aktivitäten der Geoparks mit denen des Landes Niedersachsen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Wie kann zukünftig die Zusammenarbeit des Landes Niedersachsen mit seinen Geoparks optimiert werden?
- Ist das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in der Lage, die geowissenschaftliche Grundlagenerfassung und Aktualisierung (Geotopkataster, geologische Kartierung, geotouristische Karte) mit Stammpersonal und/oder in gemeinsamen Projekten zu unterstützen?
- Kann das Landesamt für Geoinformation und Landesentwicklung Niedersachsen die jeweils aktualisierten topographischen Karten als Grundlage zur Verfügung stellen, z. B. für ein webbasiertes Informationssystem?
- Wie kann die Kooperation bei der Ausweisung und Pflege von Schutzgebieten (Kategorien Bodendenkmal und Naturdenkmal) und der Pflege von Geopfaden (z. B. im Bereich der Niedersächsischen Landesforsten) verstetigt werden?
- Wie können die Geoparkinfostellen und -zentren sowohl im Bildungsbereich (außer-schulische Lernorte) als auch im Naturschutz (Geotopschutz) und Tourismus (Geotourismus) von den jeweils zuständigen Landesinstitutionen unterstützt werden?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 28.10.2012 wie folgt:
Seit dem Jahr 2002 werden in Deutschland durch die GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung, dem Dachverband der geowissenschaftlichen Vereinigungen in Deutschland, in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung Nationale Geoparks zertifiziert. In diesen Nationalen Geoparks sollen die Ziele des Natur- und Umweltschutzes mit der Förderung der regionalen Wirtschaftsentwicklung (u.a. Tourismus) verbunden werden. Aus geowissenschaftlicher Sicht dienen diese Parks der Wahrung des geologischen Erbes der Region und der Darstellung der inneren Zusammenhänge des „Systems Erde“ sowie der Wirtschafts- und Kulturgeschichte.
In Niedersachsen sind in den vergangenen Jahren der GeoPark „Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen“ getragen von den Vereinen Freilicht- und Erlebnismuseum Ostfalen (FEMO e. V.) mit Sitz in Königslutter und dem Regionalverband Harz e. V. mit Sitz in Quedlinburg sowie der Natur- und Geopark „TERRA.vita“ getragen vom Verein „Naturpark Nördlicher Teutoburger Wald, Wiehengebirge, Osnabrücker Land e. V. – TERRA.vita“ mit Sitz in Osnabrück entstanden. Diese Geoparks widmen sich mit großem Erfolg den geologischen Besonderheiten ihrer Region und machen diese und die darauf aufbauende wirtschaftliche sowie kulturelle Entwicklung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Hierzu dienen Geo-Lehrpfade, Geotope, Geo-Museen, Schauhöhlen, geführte Exkursionen sowie spezielle Publikationen. Der interessierte Laie kann auf diese Weise lernen, wie die umgebende Landschaft zu „lesen“ ist. Der sogenannte Geotourismus ist inzwischen in fast allen Bundesländern etabliert und fester Bestandteil von Tourismuskonzepten.
Das Beispiel des Geoparks „Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen“ zeigt darüber hinaus, wie durch viel persönliches und größtenteils ehrenamtliches Engagement ein Projekt auch über Ländergrenzen hinweg verwirklicht werden kann. Insgesamt sind drei Länder und in diesen eine Vielzahl von Gebietskörperschaften am Geopark beteiligt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Innerhalb der Landesregierung sind die Zuständigkeiten für Fragen des Naturschutzes und der Naturparke (Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz - MU), der Anerkennung von Geoparks, der Landschafts- und Erdgeschichte (Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - MW) sowie von Fragen zu Fördermöglichkeiten aus unterschiedlichen Richtlinien (Tourismusrichtlinie - MW; Richtlinie Natur Erleben und Nachhaltige Entwicklung - MU) und zur Anerkennung von Boden-, Natur- und Kulturdenkmalen (MU oder Ministerium für Wissenschaft und Kultur - MWK) klar abgegrenzt und eindeutig geregelt, so dass eine zentrale Koordinierungsfunktion innerhalb der Landesregierung für die beiden in Niedersachsen anerkannten Geoparks als entbehrlich angesehen wird.
Das MU hat die beiden Geoparks in Niedersachsen seit 2005 durch das Programm „Natur erleben“ und die Förderrichtlinie „Natur erleben und Nachhaltige Entwicklung“ wie folgt finanziell unterstützt:
Geopark „Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen“:
Freilicht- und Erlebnismuseum Ostfalen |
8 Projekte |
910.000 Euro |
Bereich des Regionalverbandes Harz |
8 Projekte |
340.000 Euro |
übriges Geopark-Gebiet |
5 Projekte |
450.000 Euro |
Gesamt: |
21 Projekte |
1,7 Mio. Euro |
Natur- und Geopark „TERRA.vita“
Eigene Anträge des Natur- und Geoparks |
4 Projekte |
360.000 Euro |
Andere Projektträger im Geoparkgebiet |
4 Projekte |
600.000 Euro |
Gesamt |
8 Projekte |
960.000 Euro |
Diese Projekte hatten teilweise direkten thematischen Bezug zum Geopark, wie z. B. der geotouristische Lehrpfad „Kleiner Berg" bei Bad Laer, die Erlebnispfade im Reitlingstal im Elm oder Informationsmaterial zu „Landmarke 1 - Hübichenstein in Bad Grund“.
Zu 2.:
Im Geotop-Kataster des Landes Niedersachsen sind zurzeit etwa 1.500 Geo-Objekte erfasst, die regelmäßig durch das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) überprüft und neu bewertet werden. In diesem Zusammenhang ist u.a. das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt finanzierte Projekt „Geotope im Konflikt zwischen Schutz und Nutzung“ zu nennen, bei dem der FEMO e. V. als Antragsteller mit dem LBEG kooperiert hat. Ferner liegt für die Gebiete der beiden niedersächsischen Geoparks jeweils die amtliche geologische Grundkarte im Maßstab 1:50.000 (GK 50) vor, die digital und analog für weitere Arbeiten zur Verfügung steht. Weitergehende umfassende Projekte in Kooperation von LBEG und Geoparks, wie die Erstellung einer Geotouristischen Karte zur Förderung des (Geo-)Tourismus erfordern das Vorhandensein entsprechender Drittmittel.
Zu 3.:
Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen kann auf Wunsch amtliche topographische Karten (in dem entsprechenden Fortführungszyklus) auch für ein webbasiertes Informationssystem zur Verfügung stellen.
Die Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen (KOVerm) und die Bedingungen für die Verwendung von Angaben und Präsentationen des amtlichen Vermessungswesens (Verwendungs- und Geschäftsbedingungen) sind entsprechend zu beachten.
Zu 4.:
Der Geopark „Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen“ und der Natur- und Geopark „TERRA.vita“ liegen in den Zuständigkeitsbereichen der Forstämter Wolfenbüttel und Ankum der Niedersächsischen Landesforsten. Die Niedersächsischen Landesforsten arbeiten nachhaltig und langfristig mit den Trägern der Geoparks sowie den für die Ausweisung von Schutzgebieten zuständigen Behörden zusammen. Im Verein „Naturpark Nördlicher Teutoburger Wald, Wiehengebirge, Osnabrücker Land e. V. – TERRA.vita“ - sind sie Mitglied. So können bedarfsgerechte Lösungen für den Ausgleich unterschiedlicher Interessenlagen im Spannungsfeld zwischen Schutz und Nutzung von Boden- und Naturdenkmalen gefunden werden. Langfristige Kooperationsverträge haben sich bewährt und bieten auch zukünftig die beste Grundlage für die Erschließung, den Schutz und die Pflege dieser sensiblen Naturräume.
Bei der geowissenschaftlichen Bearbeitung von Geopfaden steht das LBEG im Einzelfall den Geoparks beratend zur Seite. Neue Geopfade können teilweise durch das Programm „Natur erleben“ gefördert werden, sofern sie einen naturschutzfachlichen Bezug haben. Die Pflege von vorhandenen Lehrpfaden - insbesondere von ehemaligen Förderprojekten - ist eine Unterhaltungspflicht, die durch den Unterhaltungspflichtigen zu erbringen ist. Eine Förderung solcher Maßnahmen ist unzulässig.
Die beiden niedersächsischen Geoparks umfassen Regionen, die sowohl in geologisch-paläontologischer als auch in kulturgeschichtlicher Hinsicht von großer Bedeutung sind. Beide Geoparks haben wichtige Kulturdenkmale auf ihrem Territorium, die sie betreuen und systematisch mit bewerben. Insbesondere der Geopark „Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen“ verfügt mit der von ihm betreuten Kaiserpfalz über einen wichtigen Ort der historischen Bildung. Die Kaiserpfalz Werla ist ein bedeutendes Bodendenkmal. Der Geopark betreut dieses und vermittelt gleichzeitig durch extensive Bewirtschaftung der landeseigenen Flächen das heutige Wissen über die mittelalterlichen Kulturlandschaften.
Die Unterschutzstellung erfolgt sowohl durch das Niedersächsische Denkmalschutzgesetz als Bodendenkmal, als auch als Naturdenkmal durch das Bundesnaturschutzgesetz sowie das Niedersächsische Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz. Aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen sind die jeweiligen Begründungen unterschiedlich. Es ist jedoch nicht möglich, dass die in den jeweiligen Gesetzen begründeten Eintragungen als Bodendenkmal oder als Naturdenkmal gemeinsam betrieben werden, da jeweils andere gesetzliche Grundlagen zu berücksichtigen sind. Die gemeinsame Pflege von Boden- und Naturdenkmalen durch die jeweiligen Akteure ist jedoch unstrittig, solange das Fachwissen und die konstante Abstimmung gegeben sind. Hier ist als besonders gelungenes Beispiel der gemeinsamen Pflege von Boden- und Naturdenkmalen der Archäologie- und Landschaftspark Kaiserpfalz Werla zu nennen, der am 14. September von Herrn Ministerpräsidenten David McAllister eröffnet wurde.
Das Denkmal Kaiserpfalz Werla war durch die Bodenbearbeitung der auf diesen Flächen betriebenen intensiven Landwirtschaft akut gefährdet. Deshalb wurden die zentralen Flächen durch das MWK angekauft, um das archäologische Erbe zu bewahren. Die Flächen wurden dem FEMO e.V. in einem Pachtvertrag ohne Pachtzins zugeordnet. Der FEMO e. V. verpflichtet sich darin, die Flächen landwirtschaftlich extensiv zu nutzen, um so das archäologische Denkmal und die naturschutzrelevanten Flächen zu erhalten. Ausgesprochenes Ziel ist es, vor Ort die Kulturlandschaft einer mittelalterlichen Weidewirtschaft wieder erstehen zu lassen und die Biotope an den Okerterrassen zu erhalten.
Die Zuständigkeit für die Ausweisung von Schutzobjekten wie Naturdenkmalen, aber auch von Schutzgebieten wie Natur- und Landschaftsschutzgebieten, die ebenfalls in Betracht kommen, sowie von Geotopen ist Aufgabe der unteren Naturschutzbehörden. Dies sind Landkreise und kreisfreie Städte sowie große selbständige Städte, soweit ihnen dies durch MU übertragen wurde. Die unteren Naturschutzbehörden werden bei Bedarf vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz unterstützt und arbeiten bei der Ausweisung von Geotopen eng mit dem LBEG zusammen.
Auch werden nicht zuletzt im Kontext der seit dem 1. Oktober 2011 im Nds. Denkmalschutzgesetz enthaltenen Denkmalkategorie der Denkmale der Erdgeschichte (geologische oder paläontologische Objekte von herausragender wissenschaftlicher Bedeutung) Kooperationen zwischen den Naturschutzbehörden und den Denkmalbehörden, aber auch dem LBEG weiter ausgebaut werden. So waren beispielsweise im Frühjahr 2012 auch Experten aus dem MU und dem LBEG zu einem internen Kolloquium des Landesamtes für Denkmalpflege und des MWK zu den Denkmalen der Erdgeschichte eingeladen.
Zu 5.:
Im Bereich von Geotopschutz und Geotourismus gibt es bereits eine enge Kooperation zwischen dem LBEG und den beiden niedersächsischen Geoparks, beispielsweise bei der Erstellung von Infoblättern für geowissenschaftlich besonders interessante Objekte in den Geoparks. Das LBEG ist zudem im Fachbeirat des Geoparks „Harz . Braunschweiger Land . Ostfalen“ vertreten, so dass bei geowissenschaftlichen Fragestellungen der direkte Kontakt zu Fachleuten aus dem LBEG gegeben ist.
Auch kooperieren die Geoparks in Niedersachsen teilweise mit außerschulischen Lernstandorten (z. B. Regionales Umweltbildungszentrum Lernstandort Noller Schlucht) und den Einsatzstellen des Freiwilligen Ökologischen Jahres.
Ferner kann, wie bereits in zwei Förderfällen erfolgreich umgesetzt, eine Förderung zur Entwicklung touristischer Infrastrukturen aus der Tourismusförderrichtlinie des Landes in Betracht kommen. Voraussetzung ist, dass ein Fördertatbestand der Richtlinie einschlägig ist und die Qualitätskriterien erfüllt werden. Eine dauerhafte Unterstützung der Geoparks im Sinne einer institutionellen Förderung aus Tourismusmitteln ist jedoch ausgeschlossen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
09.11.2012