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Vor dem „Bündnis-Tag“ im Kanzleramt: Gemeinsame Erklärung der Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland

Vor dem Treffen des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ am kommenden Montag, 25. September 2023, im Bundeskanzleramt loben die Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen der Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland in einer gemeinsamen Erklärung die Maßnahmen der Bundesregierung. Demnach seien in Bund und Ländern bereits eine Vielzahl der verabredeten Maßnahmen für einen bedarfsgerechten, bezahlbaren und klimagerechten Wohnungsbau im Neubau sowie in der Bestandsentwicklung auf den Weg gebracht worden. Nun gehe es darum, diese Maßnahmen gemeinsam zu ergänzen und schnell umzusetzen, um trotz der aktuell äußerst schwierigen Rahmenbedingungen, den Bau und die Genehmigung von mehr bezahlbaren Wohnungen weiter zu ermöglichen.

Niedersachsens Wirtschafts- und Bauminister Olaf Lies:

„Der Klimawandel ist in vollem Gange. Der Schutz des Klimas ist eine große, globale Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen. Dabei ist der Gebäudesektor für 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Genau deshalb müssen wir die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger dabei eng begleiten und genau erklären, worin auch die Chancen für Innovation und Klimafreundlichkeit liegen. Da ist in der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz viel kaputt gegangen. Gleichzeitig stehen wir vor der riesigen Herausforderung, dass der Wohnungsbau fast komplett zum Erliegen gekommen ist. Wir brauchen deshalb Antworten, wie wir neuen Wohnraum schaffen und diesen vor allem auch bezahlbar halten und gleichzeitig auch unsere Klimaziele im Blick behalten.

Dabei werden wir mit unserer Landeswohnungsgesellschaft neue Wege gehen. Und die Zeichen stehen auf Bestandsentwicklung, Umwandlung von nicht mehr benötigten Büro- und Gewerbeflächen in Wohnraum und Nachverdichtung. Damit das schnell genug funktioniert, müssen wir gerade beim Umbau Abschied von einigen unserer materiellen Standards nehmen und festlegen, welche Reduzierungen bei den Anforderungen vertretbar sind. Das haben wir in Niedersachsen vor und werden hierfür in Kürze eine Umbauordnung vorlegen. Und im Neubau ist der Gebäudetyp E das einschlägige Stichwort. Dafür brauchen wir bauordnungsrechtliche Öffnungsklauseln, und auch im Zivilrecht müssen neue Wege für die Vertragsgestaltung gefunden werden.

In der gemeinsamen Erklärung heißt es wie folgt:

Das von Bundesbauministerin Klara Geywitz ins Leben gerufene „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ hat sich die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum zum Ziel gesetzt. Die Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen der Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland begrüßen das Bündnis und haben seit dessen Bestehen bereits eine Vielzahl der verabredeten Maßnahmen für einen bedarfsgerechten, bezahlbaren und klimagerechten Wohnungsbau im Neubau sowie in der Bestandsentwicklung umgesetzt. Zentrale Voraussetzungen für mehr bezahlbaren Wohnraum sind das beschleunigte Planen von Wohnungsbauvorhaben, die schnellere Genehmigung von Bauanträgen sowie die zügigere Realisierung der geplanten und genehmigten Investitionen. Vor diesem Hintergrund haben sich die genannten Bauministerien vorrangig mit Maßnahmen zur Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsprozesse befasst. Hierbei stellen die Weiterentwicklungen der Musterbauordnung (MBO) zur Sicherung der Rechtseinheit sowie auch zur zukunftsgerichteten Gestaltung des deutschen Bauordnungsrecht die wichtigsten Instrumente dar. Eine Vielzahl der Länder hat bereits Novellierungen ihrer Landesbauordnungen angestoßen.

Gleichzeitig haben die Länder im Rahmen der Bauministerkonferenz (BMK) Verfahrenserleichterungen im Dachgeschossausbau und die Begrenzung der Dauer von Genehmigungsverfahren initiiert. Für die Einführung der Genehmigungsfreistellung von Dachgeschossausbauten im Innenbereich, die Reduktion diverser materieller Anforderungen bei Umnutzungen und baulichen Änderungen für neuen Wohnraum (Brandschutz, Stellplätze) sowie für eine erweiterte Abweichungsregelung der MBO hat die BMK bereits die Verbändeanhörung veranlasst.

Angesichts der derzeitigen Lage mit hohen Baupreisen, gestiegenen Zinsen für Baufinanzierungen und des sich verstärkenden Drucks auf die Wohnungsmärkte unterstützen die genannten Bundesländer den Bund bei seinen Bestrebungen, den Bau und die Genehmigung von mehr bezahlbaren Wohnungen weiter möglich zu machen. Im Rahmen des „Bündnis-Tags“ geht es daher um die folgenden Arbeitsschwerpunkte:

 die Reform des Planungsrechts und eine konsequente und vollständige Digitalisierung und Vereinfachung der Planungs- und Genehmigungsverfahren

 die Stärkung des energetischen Quartiersansatzes

 eine quartiersorientierte Neubauförderung für ansonsten freifinanzierten Wohnungsbau

 die Aufstockung der Mittel für die soziale Wohnraumförderung

 die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die „Neue Wohngemeinnützigkeit“

 die Stärkung und verlässliche Ausstattung der Mittel der KfW auf einem ausreichenden Niveau mit klimapolitisch sinnvollen Standards

 BGB-Anpassungen um einfaches und experimentelles Bauen zu erleichtern

 sowie die Einführung der sog. „Experimentierklausel“ in die TA Lärm

Die für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen sozialdemokratischen Ministerinnen und Minister sowie Senatorinnen und Senatoren unterstützen im Rahmen der BMK die Überlegungen zum einfachen und experimentellen Bauen, wie sie auch mit dem Gebäudetyp E thematisiert werden. Zur Umsetzung der gemeinsamen Ziele sind weitere Anstrengungen auf Seiten des Bundes erforderlich. Sie empfehlen daher Anpassungen im Zivilrecht, um zu ermöglichen, dass öffentlich-rechtlich notwendige Mindestanforderungen künftig auch als zivilrechtlich ausreichend anerkannt werden können. Nur so kann dem Auseinanderklaffen von öffentlich-rechtlichen Mindestanforderungen und zivilrechtlich begründeten Ansprüchen begegnet werden. Die Bauministerien bitten daher den Bund, die erforderlichen Änderungen im BGB zu veranlassen.

Die BMK hat ihrerseits im Zuge der Neufassung des DIN-Länder-Vertrages eine Neustrukturierung der technischen Normung veranlasst. Danach sind technische Normen künftig so zu gliedern, dass das öffentlich-rechtlich erforderliche Mindestniveau deutlich von weitergehenden Anforderungen abzugrenzen ist. Im Übrigen werden die technischen Normen im Baubereich interessierten Bürgerinnen und Bürgern in einem angemessenen Rahmen kostenlos zur Ansicht bereitgestellt. Der neue DIN-Länder-Vertrag soll spätestens zur Sitzung der BMK im November dieses Jahres unterzeichnet werden. Durch den § 13b BauGB sollte die Bebauungsplanaufstellung schneller ermöglicht werden, dies war laut BVerwG jedoch europarechtswidrig. Hier gilt es zumindest eine zügige europarechtskonforme Regelung zur Heilung der sich im Verfahren verbindlichen Bebauungspläne zu beschließen.

Update für das Baugesetzbuch sowie die Antragsverfahren nächste Schwerpunkte

Weitere Arbeitsschwerpunkte sehen die unterzeichnenden Bauministerien in der Novellierung des BauGB und in der Digitalisierung: Für vereinheitlichte und beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren sind neben der Reform des Planungsrechts auch eine konsequente und vollständige Digitalisierung der Verfahren erforderlich. Erst durch eine stärkere Vereinheitlichung und Standardisierung kann die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren gelingen und im Rahmen der laufenden Onlinezugangsgesetz-Umsetzung einzelne Projekte, die von den Ländern als „Einer für Alle-Leistungen“ umgesetzt werden. Zur Erleichterung der Digitalisierung erinnern die Länder an die dringend benötigten Anpassungen im Verwaltungsverfahrensrecht und bitten um Einführung des elektronischen Behördensiegels sowie um die rechtliche Gleichstellung der elektronischen mit der postalischen Zustellung. Die flächendeckende Implementierung der standardisierten Datenformate XPlanung und XBau wird ausdrücklich unterstützt und von den Ländern mit den Kommunen gemäß BMK-Beschluss vom 24.09.2020 konsequent fortgeführt.

Die Entfristung der mit dem Baulandmobilisierungsgesetz neu geschaffenen Instrumente soll, wie im Bündnistext festgehalten, im Sinne des Koalitionsvertrags durch den Bund erfolgen. Zudem soll der Bund die sogenannte „Experimentierklausel“ in die Technische Anleitung Lärm einführen. Hierbei soll auf das Ergebnis der gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bauministerkonferenz und Umweltministerkonferenz zurückgegriffen werden.

Der Bund wird nachdrücklich gebeten, die von der BMK beschlossenen „Leitlinien zur Fortschreibung des Gebäudeenergiegesetz und der Förderstandards auf Basis Treibhausgas-Emissionen“ umzusetzen und insbesondere die kombinierte Bilanzierung basierend auf Energieverbrauch und THG-Emissionen durch die Energieversorgung zu ermöglichen, dies auch vorbereitend als Orientierungsrahmen für die Übersetzung der Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) in die bundesdeutsche Gesetzgebung. Insbesondere der Quartiersansatz ist in den Rechtsvorschriften weiter zu stärken. Die gemeinsame Nachweisführung von Neu- und Bestandsbauten in Quartieren ist zu entwickeln, um Klimaschutz wirtschaftlicher und sozial verträglich umsetzen zu können.

Förderprogramme für die Stärkung der Quartiersentwicklung notwendig

Die zukunftsgerichtete, demografiefeste und klimagerechte Entwicklung von Quartieren darf nicht aus den Augen geraten, da gerade die ganzheitliche Quartiersentwicklung hohe Synergieeffekte zu heben verspricht. Der Bund kann hier aktiv werden, indem eine quartiersorientierte Neubauförderung für ansonsten freifinanzierten Wohnungsbau mit angemessenen Baustandards etabliert wird. Damit kann über behutsamen Nachverdichtung in bestehenden Quartieren altersgerechter Neubau entsteht. Ältere Haushalte können dann innerhalb ihres Quartiers umziehen und so die bisherige Mietwohnung energetisch modernisiert und von neuen Haushalten (insb. Familien) bezogen werden. Die bestehende Infrastruktur kann so besser ausgelastet werden und allen Menschen im Quartier nutzen. Mit einem neuen Programm hierfür kann der Bund die finanziellen Voraussetzungen für diesen altersgerechten und klimafreundlichen Neubau sowie der Bestandsmodernisierung vor allem in Ballungsräumen schaffen.

Große Unterstützung durch die Bundesregierung in der sozialen Wohnraumförderung

Die ökonomischen Rahmenbedingungen des Marktes mit exponentiell gestiegenen Finanzierungskosten, hohen Baukosten und zusätzlich unsicheren Entwicklungsperspektiven zur Zahlungsfähigkeit der Mieterinnen und Mieter erfordern eine ausreichende und verlässliche Basis staatlicher Finanzierung. Der Bund hat mit der hohen Aufstockung der Bundesfinanzhilfen auf 14,5 Mrd. Euro für diese Legislaturperiode ein wichtiges Signal gesetzt. Damit wird ein hoher Beitrag für die Investitionssicherheit im sozialen Wohnungsbau für den Neubau, die Modernisierung und die Weiterentwicklung der Quartiere zu klimaeffizienter und bezahlbarer Wohnraumversorgung geleistet. Die Länder tragen ihren Teil für die ambitionierten Wohnraumförderprogramme bei. Allerdings reichen die Mittel für die soziale Wohnraumförderung in den Metropolregionen mit steigenden Mieten und hoher Zuwanderung nicht aus. Die Länder bitten daher den Bund, die Mittel für die soziale Wohnraumförderung für diese angespannten Wohnungsmärkte noch einmal aufzustocken, und die Vorgaben zu vereinfachen. Die geplante neue Gemeinnützigkeit mit dem Ziel dauerhafter Bindungen darf dabei nur in Ergänzung und nicht zu Lasten der Mittelausstattung der sozialen Wohnraumförderung entwickelt werden. Die gesetzliche Grundlage für die „Neue Wohngemeinnützigkeit“ ist bis Ende 2024 abzuschließen.

Förderung für den frei finanzierten Wohnungsbau muss ausgebaut werden

Auch wenn in den Bedarfsregionen bereits ein hoher Anteil der Haushalte wohngeldberechtigt ist, geraten zunehmend auch noch breitere Schichten der Bevölkerung angesichts der baukosteninduzierten hohen Neubaumieten in Zahlungsschwierigkeiten. Die Voraussetzungen für den frei finanzierten Wohnungsbau haben sich im letzten Jahr radikal verschlechtert. Die zur Verfügung gestellten Mittel des Bundes in Höhe von 750 Mio. Euro für den energieeffizienten Wohnungsbau sind bereits jetzt deutlich überzeichnet. Um den freifinanzierten Wohnungsbau im Geschosswohnungsbau und im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser nicht vollständig zum Erliegen zu bringen, ist deshalb eine deutlich gestärkte und verlässliche Ausstattung der Mittel der KfW auf einem ausreichenden Niveau mit klimapolitisch sinnvollen Standards erforderlich.


Artikel-Informationen

erstellt am:
22.09.2023

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