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Zukunft einer umweltfreundlichen maritimen Wirtschaft in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.02.2014 - TOP 18. Antwort vom Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers, Horst Kortlang und Gabriela König (FDP)


Die Abgeordneten Hillgriet Eilers, Horst Kortlang und Gabriela König (FDP) hatten gefragt:

Die Reduzierung der Schadstoffbelastungen, insbesondere von Schwefeloxid, Stickoxid, Kohlendioxid und sonstigen Partikeln, wie z. B. Ruß, durch den Einsatz umweltfreundlicher Schiffstreibstoffe, moderner Antriebstechniken und von Abgasreinigungssystemen ist ein bedeutendes Thema in der Hafenwirtschaft, aber auch in der regionalen und globalen Schifffahrt. So gelten an der US-Westküste die anspruchsvollsten Grenzwerte für Emissionen, und ab 2015 zählen die Ost- und Nordsee zu sogenannten Emissionssondergebieten. Ein besonderes Augenmerk aus niedersächsischer Sicht stellen die stadtnahen Häfen in Niedersachsen, Bremen und Hamburg sowie die Fähr- und sonstigen Schiffsverbindungen im und am Weltnaturerbe Wattenmeer dar. Im Herbst 2013 hat Niedersachsen Ports (N-Ports) eine fünfzigseitige Studie zum Potenzial für den Einsatz von Flüssiggas (Liquid Natural Gas - LNG) vorgestellt. Szenarien und Potenziale werden für die Häfen Stade Bützfleth, Cuxhaven und Emden diskutiert, aber auch die Inselverkehre und der zukünftige Bedarf des JadeWeserPorts werden betrachtet. Die rot-grüne Koalition hat sich in der Koalitionsvereinbarung den Aufbau eines Kompetenzzentrums „Greenshipping“ und die Unterstützung von Flüssiggasantrieben zum Ziel gesetzt.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie schätzt die Landesregierung das ökologische und ökonomische Potenzial bei der Anwendung von umweltfreundlichen Schiffsantrieben in den niedersächsischen Häfen und bei der Schifffahrt im niedersächsischen Wattenmeer ein, und welche umweltfreundliche Antriebsart wird sich nach Ansicht der Landesregierung mittelfristig durchsetzen?
  2. Wie weit ist die Landesregierung mit dem Aufbau des Kompetenzzentrums „Greenshipping“?
  3. Wie sieht derzeit die Unterstützung der Landesregierung bei der Entwicklung und Etablierung von umweltfreundlichen Schiffstreibstoffen, Abgasreinigungssystemen und Antriebstechniken, wie sie in der Koalitionsvereinbarung beschrieben wird, aus?

Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

In Niedersachsen hat die Maritime Wirtschaft eine herausragende Stellung. Dies gilt für den Hafenumschlag ebenso wie für den Schiffbau, die Reedereiwirtschaft sowie die Windenergie. Wegen des steigenden Seeverkehrsaufkommens gewinnt der Umweltschutz in diesem Bereich zunehmend an Bedeutung. Ziel muss es sein, die negativen Auswirkungen des Schiffsverkehrs auf die Meeres-Umwelt zu minimieren. Auch für diesen Verkehrsträger ist eine Optimierung des Abgasverhaltens anzustreben. Bei Luft- und Landverkehren wurden strengere Anforderungen an Motoren bereits viel früher gestellt und inzwischen auch weitgehend durch Katalysatoren, Rußfilter, Gas-, Hybrid- und auch Elektroantriebe erfüllt. Es ist konsequent, wenn man ebenso wie für die Luftreinheit in Städten auch entsprechende Umweltstandards für das Weltnaturerbe Wattenmeer vorgibt. Dabei muss jedoch immer auch die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden.

Die Grenzwerte für den Schwefelgehalt in Schiffsbrennstoffen richten sich nach den Vorgaben der Anlage VI des Internationalen Übereinkommens von 1973 zur Verhütung von Meeresverschmutzungen durch Schiffe (Marpol-Abkommen). Danach sind Nord- und Ostsee als Emissions-Überwachungsgebiet für Schwefel (SECA) ausgewiesen. Die dort verkehrenden Schiffe dürfen bereits seit dem 01. Juli 2012 Brennstoffe nur verwenden, wenn der Schwefelgehalt maximal 1,0 % beträgt. Dieser Wert reduziert sich nach den Vorgaben des Marpol-Abkommens zum 01. Januar 2015 auf maximal 0,1 %.

Für die Schifffahrt außerhalb von Sondergebieten gilt seit dem 01. Januar 2012 ein Grenzwert von maximal 3,5 %, der sich ab dem 01. Januar 2020 auf maximal 0,5 % reduziert.

Für Schiffe am Liegeplatz in Häfen ist die Richtlinie 2012/33/EU, mit der die Richtlinie 1999/32/EG geändert wird, maßgeblich. Sie dürfen bereits jetzt keine Schiffskraftstoffe verwenden, deren Schwefelgehalt 0,10 % überschreitet. Ausgenommen von diesen Vorgaben sind Schiffe, die sich nach den veröffentlichten Fahrplänen voraussichtlich weniger als zwei Stunden am Liegeplatz befinden sowie Schiffe, die am Liegeplatz alle Motoren abschalten und landseitige Elektrizität nutzen. Ausgenommen sind ferner Schiffe, für die eine Erlaubnis oder Genehmigung für den Einsatz einer emissionsmindernden Technologie (Artikel 4 c der Richtlinie 1999/32/EG) erteilt ist oder auf denen die Erprobung neuer emissionsmindernder Verfahren (Artikel 4 e der Richtlinie 1999/32/EG) durchgeführt wird sowie Binnenschiffe.

Darüber hinaus gelten für Schiffsdieselmotoren in Abhängigkeit von Baujahr, Leistung und Nenndrehzahl Grenzwerte für die Emission von Stickoxiden (NOx).

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Prinzipiell gibt es für die Reedereien folgende Möglichkeiten, die neuen Grenzwerte einzuhalten:

  1. Einbau und Verwendung von Abgasreinigungsanlagen an Bord
  2. Verwendung von Gasantrieben
  3. Verwendung schwefelarmer Schiffsbrennstoffe.

Darüber hinaus besteht natürlich auch die Möglichkeit, SECA zu meiden und die Ladung von Häfen außerhalb der Sondergebiete per Landtransport (Straße oder Eisenbahn) an ihren eigentlichen Bestimmungsort im Hinterland zu befördern.

Für die Reeder werden in erster Linie Wirtschaftlichkeit sowie Finanzierbarkeit und in der Folge, die Durchsetzung etwaiger Kostensteigerungen auf dem Markt, den Ausschlag für die Investitionsentscheidung geben. Momentan gibt es punktuelle Ansätze oder Versuche für die Verwendung von Gas. Aufgrund der besseren Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu den Alternativen steht derzeit LNG (Liquefied Natural Gas, i.d.R. Methan) im Fokus. So werden zwei in den Häfen Emden und Cuxhaven beheimatete Reedereien Mitte 2014 bzw. 2015 je ein LNG-betriebenes Fährschiff in Betrieb nehmen. Auch die Hersteller von Motoren entwickeln Lösungen vorrangig für die Verwendung von LNG, wobei die Serienreife erst in letzter Zeit sichergestellt werden konnte. Ähnliches gilt für den Einsatz von Abgasreinigungsanlagen (sog. Scrubber). Passgenaue Lösungen für jeden auf dem Markt befindlichen Schiffstyp gibt es jedoch zurzeit noch nicht.

Insgesamt verhalten sich die Reedereien hinsichtlich möglicher Umrüstungen überwiegend abwartend. Laut Angaben des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) gibt es bislang weltweit nur 30 Schiffe, die auf sog. Scrubbersysteme umgerüstet haben, 60 weitere Projekte sind in Planung. Diese Zahlen sind insbesondere vor dem Hintergrund zu sehen, dass viele Reeder die Wirtschaftskrise noch nicht überwunden haben und jüngste Prognosen davon ausgehen, dass mindestens bis Ende 2015 mit großen Schwierigkeiten zu rechnen ist. Sowohl für die kostenintensiven Um- als auch für Neubauten fehlen die Finanzierungsmöglichkeiten. Ein Großteil der Flotte ist zudem nicht mehr neu, sodass sich umweltfreundliche Modernisierungen wie der Einbau von Scrubbern oder die Umrüstung auf LNG nicht lohnen. Darüber hinaus ist die technische Nachrüstung bei größeren Reedereien oft nicht wirtschaftlich, weil der Anteil der Fahrten in der SECA gering ist.

Nach Einschätzung der Landesregierung werden die Reedereien daher kurzfristig die Einhaltung der SECA-Grenzwerte überwiegend über den Einsatz von Gasöl oder Marine Diesel Oil, die mit den vorhandenen Motoren genutzt werden können, sicherstellen. Mittel- und langfristig ist jedoch der Einsatz modernster Technik auch zur Effizienzsteigerung angesichts der Brennstoffkostenbelastung und zur Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit für jede Reederei unausweichlich. Um diesen Prozess nachhaltig zu unterstützen und gezielt Fragestellungen zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit der Schifffahrt aufzugreifen, zu bündeln und möglichen Lösungen zuzuführen, soll – wie im Koalitionsvertrag der Niedersächsischen Landesregierung festgeschrieben - ein Green Shipping-Kompetenzzentrum (GSK) aufgebaut werden.

Zu 2.:
Die Landesregierung möchte mit dem GSK den konkreten Herausforderungen, Bedingungen und Wünschen der maritimen Wirtschaft mit dem Ziel begegnen, Schifffahrt zu wirtschaftlichen Bedingungen ressourcenschonender und umweltfreundlicher zu gestalten. Dabei soll das GSK bei Umweltproblemen branchenübergreifend den Dialog mit den Beteiligten suchen und Lösungsoptionen koordinieren. Auf der Grundlage einer leistungsfähigen Infrastruktur kann das Kompetenzzentrum zudem eine Plattform für anwendungsorientierte Forschung bieten. Es geht darum, die verfügbaren fachlichen Kompetenzen mit den relevanten Problemen in Deckung zu bringen und bedarfsgerechten Ergebnissen zuzuführen. Das Niedersächsische Wirtschaftsministerium wird in 2014 eine Gesamtkonzeption zu Aufgaben, Organisation, Finanzierung und Ausrichtung des GSK entwickeln. Dabei werden die Hochschulen ebenso einbezogen wie die niedersächsische Maritime Wirtschaft, die maritimen Verbände und die kommunalen Träger. Im Rahmen des Maritimen Clusters Norddeutschland werden auch die Nachbarländer Hamburg und Schleswig-Holstein beteiligt. Viele dieser Abstimmungsgespräche haben bereits stattgefunden. Die Landesregierung beabsichtigt, in 2014 durch Kabinettsbeschluss über den Aufbau des Kompetenzzentrums zu entscheiden. Mit dem Beginn der Implementierung des Kompetenzzentrums ist voraussichtlich in 2015 zu rechnen.

Zu 3.:
Die Landesregierung hat in der Vergangenheit gemeinsam mit dem Bund im Rahmen des Programms „Innovativer Schiffbau sichert wettbewerbsfähige Arbeitsplätze“ innovative umweltrelevante Projekte im Schiffbau unterstützt. Das Förderprogramm war bis zum 31.12.2013 befristet, ist aber aufgrund eines Vorstoßes des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie an die Europäische Kommission vorübergehend zunächst bis zum 30.06.2014 verlängert worden. Dies wurde von Niedersachsen ausdrücklich unterstützt und soll den Übergang bis zur Schaffung einer neuen EU-konformen Regelung für Innovationshilfen ermöglichen.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
28.02.2014

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

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