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Ist das Aus für die Transrapidstrecke in München eine neue Chance für den Eurorapid?

Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortet die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Björn Thümler (CDU)


Es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:
Der Bund und der Freistaat Bayern haben am 27. März 2008 nach einem Gespräch mit Vertretern der Industrie mitgeteilt, dass das Projekt Transrapid München wegen erheblicher Preissteigerungen nicht realisiert werde.

Der Bund und der Freistaat Bayern seien sich nach der von der Industrie aktualisierten Kostenschätzung einig geworden, das Projekt nicht weiter zu realisieren. Die aktualisierte Kostenschätzung sehe Baukosten in Höhe von über 3 Mrd. Euro vor, während die Machbarkeitsstudie und die Kalkulation der DB Magnetbahn noch Baukosten in Höhe von 1,85 Mrd. Euro vorgesehen habe. Ursache für diese Kostensteigerungen seien Verteuerungen beim Tunnel- und Erdbau.

Bundesfinanzminister a. D. Hans Eichel (SPD) hat in einem Interview in der Nordwest Zeitung vom 28. März 2008 begrüßt, dass "Siemens (…) erklärt hat, in die Weiterentwicklung der Technik (…) investieren zu wollen, weil man die Transrapid-Technik für zukunftsweisend hält". Auch die Systemhersteller der Transrapidtechnik Siemens und Thyssen-Krupp sehen einem Bericht der Financial Times Deutschland vom 28. März 2008 zufolge weiter Exportchancen für die Transrapidtechnik. Die Magnetschwebebahn sei eine Leuchtturmtechnologie für Deutschland.

Die Oldenburgische IHK hat nach Angaben der Nordwest Zeitung vom 29. März 2008 bereits an den Bund appelliert, mit den Niederlanden Pläne für eine Transrapid-Strecke von Amsterdam nach Hamburg (Eurorapid) wieder aufzugreifen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die Zukunftschancen der Transrapid-Technologie?
  2. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung für die Realisierung einer Transrapid-Strecke von Amsterdam nach Hamburg?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung nach der Entscheidung des Bundes und des Freistaats Bayern, die Transrapid-Strecke in München nicht zu realisieren, die Zukunftschancen für die Transrapidteststrecke in Lathen?

Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortete namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:

Die Landesregierung bedauert es, dass die Transrapid-Strecke vom Münchener Hauptbahnhof zum Flughafen wegen der aufgetretenen erheblichen Kostensteigerungen nicht gebaut werden kann. Mit einer Anwenderstrecke in München hätte erstmals die Möglichkeit bestanden, die Alltagstauglichkeit der in Deutschland entwickelten Magnetschwebebahn-Technologie auch hier in Deutschland unter Beweis zu stellen. Unmittelbar nach dem Aus für das Münchener Transrapid Projekt haben die Bundesregierung und die Industrie erklärt, dass sie weiter auf die Transrapid-Technologie vertrauen und dass diese weiter als wichtige Exporttechnologie Deutschlands angesehen wird. Die Landesregierung begrüßt und teilt dieses Bekenntnis zu dieser einzigartigen komplexen Hochtechnologie, die viele unterschiedliche Technikfelder in sich vereint. Wenn sich die Magnetschwebebahn-Technologie als Zukunftstechnologie am Weltmarkt etablieren soll, ist die Landesregierung nach wie vor der Auffassung, dass eine Referenzstrecke im Herzen Europas erforderlich wäre.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Magnetschwebebahn-Technologie begann hier in Deutschland 1932 mit dem Beginn der systematischen Arbeiten zur elektromagnetischen Schwebetechnik von Hermann Kemper aus Nortrup / Landkreis Osnabrück. Das Magnetschnellbahnsystem wurde konzipiert für den Personenverkehr mit Geschwindigkeiten bis 500 km/h. Mit dem berührungsfreien elektromagnetischen Trag-, Führ- und Antriebssystem werden die ökonomischen und ökologischen Anforderungen an ein modernes und zukunftsweisendes Verkehrssystem erfüllt.

Durch den Einsatz des Transrapid im koordinierten Verbund mit der Eisenbahn und verknüpft mit Straße und Luftverkehr kann er dazu beitragen, Autostraßen und Flughäfen zu entlasten und dem gesamten spurgeführten Verkehr deutlich höhere Verkehrsanteile zuzuführen.

Diese Vorteile hat seit 1970 auch die jeweilige Bundesregierung gesehen und die Entwicklung der Magnetschwebebahn-Technologie mit erheblichen Finanzmitteln, um nicht zu sagen, im überwiegenden Maße, gefördert. Die maßgeblich an der Magnetschwebebahn-Technologie beteiligten Unternehmen haben erklärt, dass sie nicht aus dieser Technologie aussteigen werden, weil das internationale Interesse ungebrochen sei. Die Unternehmen sehen mögliche Absatzmärkte in China, in den USA und in den Golfstaaten. Aufgrund dieser Fakten sieht die Landesregierung der Zukunft der Magnetschwebebahn-Technologie optimistisch entgegen.

Zu 2.:

Ministerpräsident Wulff und ich hatten uns immer für eine Magnetschnellbahn-Strecke Amsterdam - Groningen - Oldenburg – Bremen - Hamburg ausgesprochen. Natürlich kennen wir zwischenzeitlich auch das Ergebnis der von der Deutschen Bahn AG durchgeführten Untersuchung einer Transrapid-Trasse von Groningen nach Hamburg. Nach dieser Untersuchung ist diese Strecke nur dann wirtschaftlich zu betreiben und rechtfertigt staatliche Investitionen nur, wenn auf der niederländischen Seite die sogenannte Zuiderzeelinie von Groningen aus als Magnetschwebebahn bis Amsterdam führt. Die Niederländer konzentrieren sich in der Diskussion der dortigen Varianten seit Herbst 2007 auf regionale Maßnahmen der Infrastrukturförderung, um die lokale Erreichbarkeit zu fördern.

Die Transrapid-Variante und der komplette Neubau der Hochgeschwindigkeitszugs-Variante sind in den Planungen nicht mehr vorgesehen.

Das soll uns nicht hindern, eine geeignete Transrapid-Fernverkehrsverbindung zu unterstützen. Dort sehen wir in erster Linie Einsatzmöglichkeiten. Diese sollten auch unter dem Aspekt der Ergänzung der "Transeuropäischen Netze" betrachtet werden.

Zu 3.:

Der Bund finanziert auf der Transrapid Versuchsanlage Emsland das sogenannte Weiterentwicklungsprogramm. Das Programm dient der Sicherung der Zukunft der deutschen Magnetschwebebahn-Technologie sowie der Etablierung des Magnetschwebebahnverkehrs und beinhaltet die Optimierung und anwendungsorientierte Weiterentwicklung der Magnetschwebebahn-Technologie.

Der Bund hat das Weiterentwicklungsprogramm unabhängig von dem Transrapid Projekt München initiiert. Ursprünglich sollte es bis Ende 2008 abgeschlossen sein. Durch das tragische Unglück am 22. September 2006 und der damit verbundenen Ursachenaufklärung ruhte der Betrieb mit dem Magnetschwebefahrzeug bis Anfang März dieses Jahres.

Die Landesregierung geht davon aus, dass das Weiterentwicklungsprogramm auf der Versuchsanlage zum Abschluss gebracht werden soll. Durch die zeitliche Verzögerung wird allein die Abwicklung des bisherigen Programms nunmehr sicher bis Ende 2009 dauern.

Darüber hinaus sollen die über Jahrzehnte erworbenen und aufgebauten Magnetschwebebahn-Technologiekenntnisse weiterhin in Deutschland verwertet und weiterentwickelt werden. Dies ist in Deutschland nur auf der Versuchsanlage Emsland möglich, andere Alternativen sind nicht erkennbar. Auch die weltweite Wahrnehmung des Standorts Deutschland erfordert die Weiterführung und Weiterentwicklung dieser innovativen Technologie.

Das Scheitern des Transrapid Projekts München gefährdet daher nach Auffassung der Landesregierung den Weiterbetrieb der Transrapid Versuchsanlage Emsland nicht.

Die Landesregierung hat sich in der letzten Woche schriftlich gegenüber der Bundesregierung dafür ausgesprochen, dass diese die Weiterentwicklung der Transrapid-Technologie sicherstellt. In diesem Zusammenhang könnte ein Gipfel der unterstützenden Kräfte mit führenden Vertretern von Bund und Ländern sowie der Industrie ein erster Schritt sein.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
10.04.2008
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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