Förderung der Breitbandtechnologie in Niedersachsen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.09.2008 - TOP 32
Antwort von Verkehrsminister Walter Hirche auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Karl-Heinz Hausmann, Rolf Meyer, Karin Stief-Kreihe, Sabine Tippelt, Wiard Siebels, Renate Geuter und Ronald Schminke (SPD)
Es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 26. August 2008, dass allein in diesem Jahr 2,5 Millionen Euro Fördermittel für den DSL-Anschluss abgehängter Gemeinden zur Verfügung stehen. Dem Zeitungsartikel zufolge bleibt das Land auf seinem Geld aber sitzen. Diese Information stamme aus dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung. Bis zum Stichtag 1. September 2008 können Kommunen erstmals Fördergelder beantragen, aber nur fünf Kommunen in ganz Niedersachsen könnten diese Frist einhalten. Viele Gemeinden seien noch nicht in der Lage, die anspruchsvollen Kriterien zu erfüllen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Welche Kommunen haben Anträge gestellt, und welche Förderkriterien können von den Kommunen in Niedersachsen aus welchen Gründen nicht zeitgerecht erfüllt werden?
- Wie sieht die konkrete Unterstützung durch das neu eingerichtete Breitband-Kompetenzzentrum in Osterholz-Scharmbeck aus, und was trägt die neue Breitbandinitiative Niedersachsen tatsächlich zur Verbesserung der Situation der Kommunen bei?
- Wie ist die Zuständigkeitenregelung konkret zwischen den Trägern der Initiative - Land Niedersachsen, vertreten durch die Ministerien für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung sowie für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und kommunale Spitzenverbände - geregelt, und wie förderlich ist diese Zuständigkeitenregelung für die Praxis?
Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortete namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:
Anrede,
Der Aus- und Aufbau von Telekommunikationsinfrastruktur unterliegt in erster Linie marktwirtschaftlichen Kräften. Dieser Mechanismus stellt uns in Niedersachsen vor besondere Herausforderungen. Häufig rechnen sich die Investitions- und Unterhaltskosten für die Netzanbieter in abgelegenen und / oder schwach besiedelten Regionen nicht.
Das Land Niedersachsen hat deshalb Beihilfen für den Lückenschluss in der Breitbandanbindung bei der Europäischen Union für die aktuelle Strukturförderperiode 2007 bis 2013 beantragt. Diese stehen grundsätzlich auch zur Verfügung. Eine entsprechende "Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung breitbandiger elektronischer Kommunikation" des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit der Zielgruppe Gewerbliche Wirtschaft befindet sich derzeit noch im Notifizierungsverfahren der Europäischen Kommission. Zwischenzeitlich hat die EU-Kommission (Generaldirektion Wettbewerb) im Rahmen eines sog. Auskunftsersuchen um ergänzende Angaben bzw. weitergehende Erklärungen zu der angemeldeten Maßnahme gebeten. Die umfassenden Fragenstellungen wurden beantwortet. Die Kommission hat nunmehr bis zum 21.10.2008 Frist, ihren Standpunkt zu der geplanten Maßnahme festzulegen.
Darüber hinaus stehen dem Land über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz ebenfalls Mittel zur Verfügung, die zur Schließung der Wirtschaftlichkeitslücke in der Breitbandanbindung eingesetzt werden. Die Maßnahme ist von der EU-Kommission im Juli 2008 notifiziert worden.
Der Richtlinienentwurf und der Förderantrag sind seit dem 17.07.2008 im Internet verfügbar.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Zum 01.09.2008 lagen bei den Niedersächsischen Behörden für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften (GLL) als zuständigen Bewilligungsbehörden für die Breitbandförderung aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) Antragsunterlagen vor für
- den Landkreis Osterholz-Scharmbeck (Untersuchung zur Machbarkeit eines Betreibermodells zur Breitbanderschließung)
- die Gemeinde Oerel auf Förderung des Ausbaus der Breitbandinfrastruktur
- die Gemeinde Soderstorf auf Förderung des Ausbaus der Breitbandinfrastruktur.
Mit weiteren Landkreisen und Gemeinden bestehen intensive Gespräche, so dass ML kurzfristig weitere Anträge erwartet, die die Machbarkeit von Betreibermodellen untersuchen sollen. Für deren Vorlage besteht keine Stichtagsregelung, so dass laufend Anträge gestellt werden können.
Vor der Gewährung einer Zuwendung sind bestimmte Kriterien zu erfüllen, die erst eine Beurteilung des Antrags ermöglichen. Die Vorgaben ergeben sich teilweise aus dem GAK-Rahmenplan 2008 -2011 Grundsätze für die Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung; Teil B: Breitbandversorgung ländlicher Raum sowie aus der Notifizierungsentscheidung der EU-Kommission vom 03.07.2008 zur Vereinbarkeit der Maßnahme mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c des EG-Vertrags als staatliche Beihilfe.
Als erster Schritt erforderlich sind der Nachweis der fehlenden oder unzureichenden Breitbandversorgung (unter 1 MBit/s) und eine nachvollziehbare Darstellung des ermittelten Bedarfs an Breitbandanschlüssen im zu versorgenden Gebiet, getrennt nach beruflicher und privater Nutzung.
In dieser Phase befinden sich derzeit viele Landkreise und Gemeinden. Sie werden dabei vom Breitband Kompetenz Zentrum Niedersachsen in Osterholz-Scharmbeck beraten und unterstützt.
Für die Erhebung hat das Breitband Kompetenz Zentrum Niedersachsen einen Fragebogen erstellt, der von den Landkreisen / Gemeinden an die Bürger verschickt wird und unter anderem den Ist-Zustand als auch den gewünschten Bedarf erfragt. Erst mit Kenntnis dieser Daten ist es möglich, Verhandlungen mit Telekommunikationsanbietern (TKA) über eine Breitbandversorgung – möglichst ohne eine finanzielle Eigenbeteiligung - aufzunehmen.
Die gewonnenen Daten sind auch Grundlage für den Breitbandatlas Niedersachsen.
Die weiteren Schritte sind als Übersicht dargestellt. Insbesondere das Interessenbekundungsverfahren, die spätere Ausschreibung sowie die Verpflichtung zur Technologieneutralität sind Forderungen der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission.
Schritt 2: Falls kein TKA ein Angebot vorlegt, ist ein offenes und transparentes Auswahlverfahren (Interessenbekundungsverfahren) unter Hinweis auf eine mögliche finanzielle Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke durchzuführen.
Schritt 3: Antragstellung auf Förderung des Ausbaus der Breitbandversorgung ist möglich; dazu sind folgende Unterlagen beizufügen
- Ermittelte Daten aus Schritt 1,
- Aufschlüsselung der ermittelten Hausanschlüsse nach beruflicher, unternehmerischer, öffentlicher und privater Nutzung (sollte mindestens 50 Anschlüsse umfassen),
- die Anzahl der land- und forstwirtschaftlichen Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe (einschließlich Gärtnereien) im zu versorgenden Gebiet,
- die Anzahl aller Haushalte im zu versorgenden Gebiet,
- regionale und geografische Besonderheiten (z. B. Topographie, Naturschutzgebiete), die ggf. bestimmte Techniken für die Breitbandversorgung erfordern,
- Vorlage einer Konzeptbeschreibung und der Anforderungen an das Netz (ergibt sich aus Schritt 1 und / oder 2),
- Konkretisierungsgrad der Planung und des Ausbauvorhabens (z. B. Kontakte zu Telekommunikationsanbietern; ergibt sich aus Schritt 1 und / oder 2),
- Darstellung der vorgesehenen Tarifmodelle.
Die Gemeinden Oerel und Soderstorf beschäftigen sich längerfristig mit dem Problem der Breitbandversorgung und verfügen daher über umfangreiche Kenntnisse. Anhand des ins Internet eingestellten Richtlinienentwurfs und Abstimmungsgesprächen waren sie in der Lage, die erforderlichen Schritte bis zum 01.09.2008 umzusetzen.
ML geht davon aus, dass zum nächsten Stichtag am 10.01.2009 weitere Anträge für den Ausbau der Breitbandversorgung vorliegen.
Gleichzeitig ist beim BMELV eine Übertragung der GA-Mittel 2008 in das nächste Jahr beantragt. Dies gilt für den überwiegenden Teil der Bundesländer.
Zu 2.:
Das Breitband Kompetenz Zentrum Niedersachsen ist das operative Werkzeug der Breitbandinitiative Niedersachsen. Ihm obliegt die Betreuung von Gemeinden und Landkreisen für Fragestellungen im Bereich der Breitbandinfrastruktur.
Das Zentrum stellt drei wesentliche Dienstleistungen bereit.
- Es informiert Vertreter von Gemeinden und Landkreisen über die Situation am Breitbandmarkt. Damit einhergehend ist eine Sensibilisierung über die Notwendigkeit und Bedeutung dieser Infrastruktur für die Entwicklung einer Region.
- Es unterstützt die Regionen dabei, die Situation vor Ort zu analysieren und aus dieser Analyse Maßnahmen zur Verbesserungen der örtlichen Infrastruktur abzuleiten. Werkzeug hierfür ist ein standardisiertes Befragungsinstrument, mit dem die Breitbandverfügbarkeit und der Bedarf ermittelt werden.
- Es begleitet Gemeinden und Landkreise bei der konkreten Ausbauplanung und unterstützt ratsuchende Gemeinden und Landkreise bei allen anfallenden Fragestellungen. Das Zentrum bündelt die Erfahrungen aus den Regionen und stellt sie anderen Gemeinden und Landkreisen zur Verfügung.
Aktuell haben vier Landkreise die Bedarfserhebung bereits abgeschlossen, in sechs weiteren Landkreisen läuft die Befragung derzeit oder steht kurz bevor.
Zu 3.:
Die Förderung der Schließung von Lücken in der Breitbandanbindung wird durch die beiden Ministerien für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung sowie für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in enger Abstimmung realisiert. Die Zielgruppen der beiden Förderprogramme sind unterschiedlich, während ML auf den Lückenschluss im ländlichen Raum abstellt, ist der Anschluss der gewerblichen Wirtschaft vorrangiges Ziel des MW. Durch einen kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen den beiden Ressorts, wie auch mit dem Breitband Kompetenz Zentrums Niedersachsen, den GLL und der NBank kann sicher gestellt werden, dass die zur Verfügung stehenden Mittel mit höchster Effizienz eingesetzt werden.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.09.2008
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010