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Finanzierungsengpässe im Verkehrsbereich

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 25.09.2009 - TOP 24


Der Abgeordnete Enno Hagenah (GRÜNE) hatte gefragt:

Der Verkehrsbereich ist besonders hinsichtlich Straße und Schiene auf eine gut erhaltene und bedarfsgerechte Infrastruktur angewiesen. Ausweislich der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Zukunft des Bahnverkehrs leidet jedoch das Schienennetz unter starkem Substanzverlust. Der Landesrechnungshof diagnostiziert zudem seit Jahren auch an den Straßen Defizite aufgrund zu geringer Erhaltungsaufwendungen.

Offensichtlich hat sich in Niedersachsen nicht nur im Bestandsnetz der DB und der NE-Bahnen ein Erhaltungsinvestitionsstau herausgebildet, sondern auch im Straßennetz bestehen, insbesondere bezogen auf die vielen in die Jahre kommenden Brückenbauwerke aus Beton, je nach Alter sprunghaft anwachsende Instandhaltungsrisiken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die notwendigen Aufwendungen zur Wiederherstellung bei Verkehrsinfrastruktur durch versäumte Instandsetzung im Zeitverlauf dynamisch ansteigen.

Angesichts des zugleich immer dringender notwendigen Schuldenabbaues der öffentlichen Hände bei voraussichtlich in den kommenden Jahren stark wegbrechenden Steuereinnahmen wurde von der Landesnahverkehrsgesellschaft bereits vor weiteren Einschränkungen bei der Finanzierung des Schienenverkehrs von Bundesseite gewarnt. Eine noch knappere Verkehrsfinanzierung zeichnet sich auch auf Landesebene bereits anhand des im Haushaltsentwurf 2010 verringerten Landesanteils zum Ausgleich der Kürzung der Regionalisierungsmittel ab. Obwohl dieses Jahr nur noch rund 1 % (7,4 Millionen Euro) der vom Bund im Gegenzug für die Kürzung gewährten Mehrwertsteuermehreinnahmen in Niedersachsen eingesetzt werden soll, will die Landesregierung laut Haushaltsentwurf 2010 dieses zusätzliche Geld dem Regionalisierungstopf der Schiene entnehmen, anstatt die Mehrwertsteuermehreinnahmen dafür einzusetzen.

Mit der Föderalismusreform ist zudem das mittelfristige Auslaufen der Finanzierungsanteile des Bundes für die Länderprogramme nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) für Straße und Schiene beschlossen worden. Diese auf mehreren Wegen sich zuspitzende Finanzsituation erfordert eine neue, dauerhaft tragfähige Konzeption des Landes zum bedarfsgerechten Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Niedersachsen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie sehen die Investitionsplanungen für 2010 aus dem GVFG-Topf und die Finanzierungsplanungen der Landesregierung zur Fortschreibung der bisher mit GVFG-Mitteln erbrachten Verkehrsinvestitionen, bezogen auf Schiene und Straße, für die Zukunft konkret aus?
  2. Wie sehen die Rücklagenentwicklung bzw. die Investitionsplanung der Landesnahverkehrsgesellschaft für die vergangenen drei und die kommenden fünf Jahre konkret jeweils aus?
  3. Wie hoch sind nach Einschätzung der Landesregierung voraussichtlich die notwendigen jährlichen Bestanderhaltungsinvestitionen insbesondere unter Einbeziehung erforderlicher Brückeninstandsetzungen und Betonsanierungen in Niedersachsen in den kommenden fünf Jahren voraussichtlich und perspektivisch für die Landes- und Bundesstraßen sowie das bestehende Autobahnnetz, wenn es nicht zu einem weiteren Substanzverlust kommen soll?

Verkehrsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Eine gute Verkehrsinfrastruktur ist zweifelsohne eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen attraktiven Wirtschaftsstandort.

Die ÖPNV/SPNV-Finanzierung basiert auf den Mitteln nach dem Regionalisierungsgesetz (RegG) sowie dem Entflechtungsgesetz (EntflechtG). Die der Niedersächsischen Landesregierung zur Verfügung stehenden Mittel werden überwiegend investiv zur Verbesserung des ÖPNV/SPNV eingesetzt. Allerdings besteht im Bereich der Schieneninfrastruktur ausschließlich die Zuständigkeit des Bundes, so dass das Land hierauf keinen Einfluss hat.

Die angeführten Länderprogramme nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) sind im Rahmen der Föderalismuskommission 2003/2004 zum Jahresende 2006 eingestellt worden. Mittel in gleicher Höhe werden seit 2007 aus dem EntflechtG bereitgestellt. Die gruppenspezifische Zweckbestimmung, die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden, entfällt ab 2014. Danach sind die Mittel weiter investiv zu verwenden. Zum gleichen Zeitpunkt ist eine Revision vorgesehen. Das EntflechtG ist bis Ende 2019 befristet. Seitens des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wird davon ausgegangen, dass auch nach 2013 die EntflechtG-Mittel für den ÖPNV und den kommunalen Straßenbau zur Verfügung stehen.

Auf Länderebene gibt es, teilweise zusammen mit dem Bund, bereits verschiedene Initiativen, um möglichst frühzeitig Gewissheit über den Umfang der künftigen RegG- und EntflechtG-Mittel zu bekommen.

Es kann deshalb derzeit davon ausgegangen werden, dass zumindest bis 2013 Mittel für den ÖPNV/SPNV sowie den kommunalen Straßenbau in dem bisherigen Umfang zur Verfügung stehen.

Dies vorausgeschickt, werden die Fragen wie folgt beantwortet:

Zu 1:
Aus dem EntflechtG erhält das Land jährlich einen Betrag von 123,5 Mio. €, der nach dem Schlüssel 60 / 40 auf die Bereiche kommunaler Straßenbau (74,1 Mio. €) und ÖPNV/SPNV (49,4 Mio. €) aufgeteilt wird. Dieser Betrag ist derzeit bis zum Jahr 2013 gesetzlich abgesichert. Die für den Straßenbau zur Verfügung stehenden EntflechtG-Mittel werden auf Vorschlag der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in einem jährlich aufzustellenden Bauprogramm einzelnen Projekten zugewiesen. Das nächste Jahresbauprogramm wird Anfang 2010 vom MW genehmigt.

Nach dem Haushaltsplan-Entwurf 2010 soll der für den ÖPNV/SPNV zur Verfügung stehende Betrag vollständig für Investitionen verwendet werden. Dabei sind für Baumaßnahmen (Förderung von z.B. zentralen Omnibusbahnhöfen, Haltestellen, P+R-/B+R-Anlagen, ÖPNV-Beschleunigungsmaßnahmen, Bahnhofsvorplätzen) 31,3 Mio. € sowie für Fahrzeugförderungen (Bürgerbusse, Stadtbahnwagen in Hannover und im Bremer Umland) 18,1 Mio. € vorgesehen.

Auch nach 2010 sind Investitionen im Umfang der zur Verfügung stehenden Mittel im Rahmen des ÖPNV-/SPNV-Flächenprogramms, des neu aufgelegten ÖPNV-Konjunkturprogramms, mit dem die bisher nicht bezuschusste Grunderneuerung an ÖPNV-Verkehrsanlagen gefördert wird sowie zur Förderung von Fahrzeugbeschaffungen vorgesehen. Als Großvorhaben sind zu nennen: RegioStadtBahn Braunschweig (RSB BS), Straßenbahnverlängerungen im Bremer Umland, Ausbau der Heidebahn (Bennemühlen - Buchholz/Nordheide), Fahr-zeuge für die RSB sowie Straßenbahnwagen in Hannover und im Bremer Umland. Eine projektbezogene Förderliste für Vorhaben, die neu in das Förderprogramm 2010 ff. aufgenommen werden, kann derzeit nicht vorgelegt werden, da aufgrund des vorgegebenen, jährlichen ÖPNV-Förderprogrammaufstellverfahrens eine Förderliste erst zu Beginn des jeweiligen Haushaltsjahres vorliegt.

Zu 2:
Die LNVG bildet keine Rücklagen auf unternehmensrechtlichen Grundlagen. Nach dem Vertrag zwischen dem Land und der LNVG nimmt die LNVG neben den Aufgaben als SPNV-Aufgabenträger im Bereich der Mittelbewirtschaftung die ÖPNV/SPNV-Finanzdisposition und -steuerung wahr und ist deshalb nicht zur Rücklagenbildung verpflichtet.

Hinsichtlich der künftigen Investitionsplanung wird auf die Antwort zu Frage 1. - Bereich ÖPNV/SPNV - verwiesen.

Zu 3:
Maßgeblich für den künftigen Erhaltungsbedarf der Landesstraßen ist deren Zustand, der letztmalig im Jahr 2005 erfasst wurde. Im nächsten Jahr erfolgt eine weitere Zustandserfassung. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.In diesem Jahr beträgt der Erhaltungsbedarf für die Fahrbahn und Bauwerke rd. 57 Mio. Euro. Für die Erhaltung der Bundesstraßen sind einschließlich der Brückenbauwerke in den nächsten fünf Jahren jährlich im Mittel 115,0 Mio. € erforderlich. Für die Bundesautobahnen liegt dieser Betrag bei 135,0 Mio. € im Mittel.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
25.09.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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