Bilanz des Ausbildungsstellenmarkts im Vermittlungsjahr 2008/2009
Die Abgeordneten Victor Perli, Christa Reichwaldt und Ursula Weisser-Roelle (LINKE) hatten gefragt:
Die Statistiken zur Lage auf dem niedersächsischen Ausbildungsstellenmarkt vor Beginn der Nachvermittlung dokumentieren die nach wie vor schlechte Lage auf dem Ausbildungsmarkt in Niedersachsen. Im Vermittlungsjahr 2008/2009 gab es laut der Bundesagentur für Arbeit (BA) insgesamt 56 282 Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz. Diese Zahl umfasst dabei nur diejenigen unter den Jugendlichen, "deren Eignung dafür geklärt ist bzw. deren Voraussetzungen dafür gegeben sind" (Quelle, auch für alle folgenden Zahlen: BA, Stichtag: 30. September 2009) und die sich bei der BA registriert haben. Mit anderen Worten: Diese 56 232 jungen Menschen hatten ein ernsthaftes Interesse an einer Ausbildung und auch die Qualifikation dafür. Lediglich 23 718 Bewerberinnen und Bewerber haben jedoch letztendlich eine wunschgemäße Ausbildung angefangen. Die Quote der sogenannten einmündenden Bewerber liegt in Niedersachsen somit bei 42,1 % (bundesweit: 47,3 %, Westdeutschland: 44,8 %). 32 564 ausbildungswillige und -fähige Jugendliche haben sich mithin vergeblich um den erhofften Ausbildungsplatz bemüht. Von diesen 32 564 Jugendlichen wurde ein Teil in Qualifizierungsschleifen abgeschoben, obwohl sie als ausbildungsfähig anerkannt wurden. Ein weiterer Teil hat sich ohne Angaben von Gründen abgemeldet; hier kann vermutet werden, dass sie aus Frust und Perspektivlosigkeit aufgegeben haben oder eine kurzfristige Perspektive (Wehr-/Zivildienst, Freiwilliges Soziales/Ökologisches Jahr) haben. 891 Jugendliche sind ohne Alternative und noch immer auf Stellensuche.
Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsangebote in Niedersachsen ist im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 % auf 47 424 gestiegen; Grund hierfür ist die Zunahme der Zahl außerbetrieblicher Ausbildungsstellen um 53 % von 3 993 auf 6 108 Stellen. Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze hingegen ist um 0,5 % gefallen: von 43 253 auf 41 316 Ausbildungsplätze. Im Ergebnis standen laut BA-Statistik somit im Ausbildungsjahr 2008/2009 47 424 Ausbildungsplätze für 56 232 ausbildungswillige und -fähige Jugendliche zur Verfügung: 0,84 Stellen pro Bewerber.
Deutschlandweit haben 533 361 Jugendliche einen Ausbildungsplatz über die Bundesagentur für Arbeit gesucht, 10,6 % von ihnen kamen aus Niedersachen. Gleichzeitig finden sich in Niedersachsen aber nur 10,0 % aller gemeldeten Ausbildungsplätze in Deutschland.
Diese Zahlen müssen durch die Erhebungen des Bundesinstituts für berufliche Bildung (BIBB) ergänzt werden, wonach die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge - inklusive der Ausbildungsverträge, die ohne Vermittlung über die BA zustande gekommen sind - in Niedersachsen seit dem Jahr 2004 kontinuierlich leicht angestiegen ist und im Jahr 2008 bei 58 927 lag. Davon unberührt bleiben die 32 564 nicht wunschgemäß vermittelten Jugendlichen. Ihr Recht auf freie Berufswahl (Artikel 12 des Grundgesetzes) konnten sie nicht verwirklichen, obwohl sie von der Bundesagentur für Arbeit als ausbildungswillig und ausbildungsfähig eingestuft wurden.
Trotz dieser Zahlen hält die Landesregierung die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt für "sehr erfreulich" (Drs. 16/1732). In Kenntnis der Zahlen aus dem August 2009 sieht die Landesregierung die Ziele aus dem Niedersächsischen Pakt für Ausbildung 2007 bis 2009, der zwischen der Landesregierung und der niedersächsischen Wirtschaft geschlossen wurde, als nicht nur erreicht, "sondern deutlich übertroffen" an. In dem Ausbildungspakt bekräftigen die Unterzeichner ihre Absicht, "allen ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen in Niedersachsen ein Ausbildungs- und Qualifizierungsangebot zu unterbreiten". Konkret setzt sich die Wirtschaft das Ziel, "jährlich 3 000 neue Ausbildungsplätze einzuwerben. Dazu soll die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze 1 möglichst erhöht bzw. sollen die aus wirtschaftlichen und anderen Gründen entfallenden Ausbildungsplätze weitestgehend kompensiert werden."
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass 32 564 Jugendliche nicht wunschgemäß vermittelt werden konnten?
- Welche Kenntnis hat die Landesregierung über den sozialen Hintergrund dieser Jugendlichen (falls möglich im Vergleich zu den Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz erhalten haben)?
- Der Niedersächsische Pakt für Ausbildung legt fest, dass Jugendliche, die an der Nachvermittlung nicht mitwirken, ungeachtet ihrer Entschuldigungsgründe nicht mehr zum Kreis der unvermittelten Bewerber gezählt werden sollen. Wie viele Jugendliche waren davon in diesem Jahr betroffen?
- Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass 6,5 % aller gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, der Anteil der einmündenden Bewerber jedoch nur bei 4,4 % liegt sowie die Zahl der ausländischen unversorgten Bewerber bei 12,2 %?
- Wie bewertet die Landesregierung die im Niedersächsischen Pakt für Ausbildung erklärte Absicht der niedersächsischen Wirtschaft, "jährlich 3 000 neue Ausbildungsplätze einzuwerben", vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge von 2007 im Vergleich zu 2008 nur um 1 068 angestiegen ist?
- Wie viele Betriebe wurden als ausbildende Betriebe seit Inkrafttreten des geltenden Ausbildungspaktes hinzugewonnen?
- Wie viele Betriebe sind nach Kenntnis der Landesregierung derzeit ausbildungsfähig, bilden aber trotzdem nicht aus?
- Wie bewertet die Landesregierung die inhaltliche Qualität des Ausbildungspakts, wenn sie dessen Ziele als "deutlich übertroffen" erachtet und gleichzeitig 32 564 ausbildungswillige und ausbildungsfähige Jugendliche keinen wunschgemäßen Ausbildungsplatz finden konnten?
- Welche Ziele und gegebenenfalls Änderungswünsche gegenüber dem Ausbildungspakt 2007 bis 2009 verfolgt die Landesregierung bei der beabsichtigten Fortschreibung des Paktes?
- Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im öffentlichen Dienst in Niedersachsen seit 2003 um 18 % gesunken ist?
- Welche Veränderungen auf dem Ausbildungsstellenmarkt erwartet die Landesregierung angesichts der gegenwärtigen Krise?
- Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um auf die geänderten Bedingungen zu reagieren, insbesondere im Hinblick auf den doppelten Abiturjahrgang 2011, der nicht vollständig auf die Hochschulen wechseln wird?
- Wie bewertet die Landesregierung die Forschungsergebnisse des BIBB (dargestellt im BIBB-Report 10/2009), wonach "erhebliche Defizite" im Vermittlungsprozess die Stellensuche für die Jugendlichen erschwerten und die Klage über unbesetzte Ausbildungsstellen nicht allein am mangelnden Leistungsvermögen der Bewerberinnen und Bewerber festzumachen sei?
- Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Vermittlungsprozess zu verbessern?
Arbeitsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 16.02.2010 wie folgt:
Die Lage auf den niedersächsischen Ausbildungsstellenmarkt hat sich in den vergangenen Jahren sehr erfreulich entwickelt. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge konnte in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert werden - im Ausbildungsjahr 2007/2008 wurde mit fast 60 000 neuen Verträgen sogar der höchste Stand seit dem Jahr 1992 erreicht. Im Ausbildungsjahr 2008/2009 ist die Anzahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträge aufgrund der Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise und rückgängiger Bewerberzahlen auf 57 400 leicht gesunken (- 4,1 %), was im bundesweiten Vergleich sehr moderat ist (Westdeutschland = - 7,1 %/ Deutschland = - 8,2 %). Zum zweiten Mal in Folge konnten zum Ende des Ausbildungsjahres 2008/2009 mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als unversorgte Bewerber festgestellt werden. Damit konnte jedem unversorgten Bewerber zum Ende des Ausbildungsjahres - rein rechnerisch - ein freier Ausbildungsplatz angeboten werden.
Die Chancen der Jugendlichen auf einen Ausbildungsplatz haben sich trotz der Wirtschaftskrise in Niedersachsen nicht verschlechtert, da sich die Unternehmen zur Sicherung ihres zukünftigen Fachkräftebedarfs ihrer Verantwortung bewusst sind.
Auch hat der von Landesregierung, Kammern, Verbänden und der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur geschlossene Niedersächsische Pakt für Ausbildung ganz erheblich zu dieser erfreulichen Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt beigetragen. Durch die engagierte Zusammenarbeit der Akteure am Ausbildungsmarkt wurden die mit dem Pakt für Ausbildung verabredeten Ziele erreicht. Die Zusagen der Partner wurden nicht nur erfüllt, sondern deutlich übertroffen.
Dies vorausgeschickt werden namens der Landesregierung die Fragen wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Die Aussage, "32 564 ausbildungswillige und -fähige Jugendliche hätten sich vergeblich um den erhofften Ausbildungsplatz bemüht", entspricht nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.
Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zum Ausbildungsmarkt bildet nicht das komplette Geschehen am Ausbildungsmarkt ab, da weder die Jugendlichen noch die Betriebe verpflichtet sind, die entsprechenden Beratungs- und Vermittlungsdienste in Anspruch zu nehmen. Es ist davon auszugehen, dass sowohl Betriebe als auch junge Menschen, die sich für eine duale berufliche Ausbildung interessieren, auch andere Suchwege beschreiten, z. B. über das Internet. Dies wird auch daran deutlich, dass die Ausbildungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit rund 23 700 eingemündete Bewerber verzeichnet, während nach der Statistik des Bundesinstituts für Berufsbildung in Niedersachsen im Ausbildungsjahr 2008/2009 insgesamt 57 400 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden.
Als Bewerber für Berufsausbildungsstellen zählen diejenigen gemeldeten Personen, die im Berichtsjahr individuelle Vermittlung in eine betriebliche Berufsausbildungsstelle in anerkannten Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) wünschen und deren Eignung dafür geklärt ist. Zu den Bewerbern für Berufsausbildungsstellen rechnen auch solche Jugendliche, die aufgrund ihrer persönlichen Voraussetzungen für eine außerbetriebliche Berufsausbildung in Betracht kommen. Des Weiteren zählen zu den Bewerbern die Jugendlichen, die für eine Berufsausbildung im dualen System vorgemerkt wurden, sich aber im Zuge ihres individuellen Berufswahlprozesses im Laufe des Berichtsjahres aus unterschiedlichen Gründen für andere Ausbildungs- oder Bildungsalternativen - wie z. B. Schulbildung, Studium, Aufnahme einer Berufsausbildung außerhalb des dualen Systems oder auch eine Beschäftigung - entscheiden. So spiegelt die Statistik denn auch nur den Wunsch einer Ausbildungsaufnahme im dualen System wider, nicht jedoch in Betracht gezogene Alternativen. Für zahlreiche Jugendliche bedeutet eine duale Berufsausbildung folglich eine von mehreren infrage kommenden Möglichkeiten.
Die Annahme, " … 32 564 ausbildungswillige und -fähige Jugendliche hätten sich mithin vergeblich um den erhofften Ausbildungsplatz bemüht", lässt diese Aspekte außer Acht und entspricht daher nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Von diesen Jugendlichen haben beispielsweise allein 10 264 eine (weiterführende) Schule besucht oder ein Studium aufgenommen, 2 626 sind in eine Erwerbstätigkeit eingemündet und 1 016 haben mit der Ableistung eines gemeinnützigen oder sozialen Dienstes begonnen. Weitere 10 866 Jugendliche wurden "ohne Angabe eines Verbleibs" als Bewerber abgemeldet, da nach zweimaliger schriftlicher oder telefonischer Nachfrage keine Rückmeldung zum Vermittlungswunsch erfolgte. Dies muss aber nicht bedeuten, dass diese (ehemaligen) Bewerber unversorgt wären. Die Einschaltung der Agentur für Arbeit ist freiwillig und bei der Suche der Jugendlichen nach einem Ausbildungsplatz oftmals nur ein Weg von mehreren. Ein Teil der Jugendlichen versäumt es dabei, der Agentur für Arbeit die Aufnahme einer Ausbildung zu melden.
Zu 2.:
In den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zum Ausbildungsstellenmarkt werden zu den gemeldeten Bewerbern keine Daten über die sozialen Hintergründe erhoben, sodass der Landesregierung hierzu keine Informationen vorliegen.
Zu 3.:
Nach Angaben der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit wurden im Rahmen der laufenden Nachvermittlungsaktion von den Ende September 2009 noch 891 unversorgten Bewerbern bis Ende Dezember 2009 114 Jugendliche nicht mehr zum Kreis der unvermittelten Bewerber gezählt, da trotz zweimaliger schriftlicher oder telefonischer Anfrage keine Rückmeldung zum Vermittlungswunsch erfolgte.
Zu 4.:
Die Situation von ausländischen Jugendlichen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist davon geprägt, dass diese tendenziell über niedrigere Schulabschlüsse verfügen als deutsche Jugendliche. Auch bei den Jugendlichen ohne Schulabschluss sind Ausländer überproportional vertreten. Dies führt - oftmals im Zusammenhang mit mangelnden Sprachkenntnissen - zu Problemen bei der Berufswahl und bei der Aufnahme einer qualifizierten Ausbildung. Darüber hinaus ist das faktische Berufswahlspektrum der ausländischen Jugendlichen enger als das der gleichaltrigen Deutschen; d. h., ausländische Jugendliche konzentrieren sich in ihrer Berufswahl weit mehr als Deutsche auf wenige Berufe. Dadurch wird die Aufnahme einer Berufsausbildung zusätzlich erschwert.
Daher hat die Landesregierung mit den Partnern im Ausbildungspakt Maßnahmen verabredet, um die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu steigern. Insbesondere soll die Sprachkompetenz der Jugendlichen verbessert, die Zusammenarbeit Schule/Eltern gestärkt und Bildungserfolge erhöht werden.
Zu 5.:
Im Rahmen des Niedersächsischen Ausbildungspaktes 2007 bis 2009 konnten nach Angaben der Kammern in den letzten Ausbildungsjahren jeweils rund 8 500 neue Ausbildungsplätze bei Unternehmen, die bisher nicht oder nicht ausreichend ausbilden, eingeworben werden. Das Ziel des Paktes von jährlich 3 000 neuen Ausbildungsplätzen wurde somit in jedem Jahr deutlich übertroffen.
Dass die Anzahl der neu abgeschlossen Ausbildungsverträge nicht in diesem Umfang gesteigert werden konnte, ist darauf zurückzuführen, dass einige Unternehmen die bislang ausgebildet haben, aufgrund wirtschaftlicher Gründe oder betrieblicher Umstrukturierungen keine oder weniger Ausbildungsplätze im Vergleich zum Vorjahr anbieten konnten. Viele - insbesondere kleinere - Unternehmen stellen darüber hinaus auch nicht in jedem Jahr neue Auszubildende ein. Vor diesem Hintergrund gibt es bei den ausbildenden Unternehmen in jedem Ausbildungsjahr eine größere Fluktuation, sodass von der Anzahl der neuen Ausbildungsplätze nicht auf die Anzahl der neu abgeschlossen Verträge geschlossen werden kann.
Zu 6.:
Nach Angaben der Kammern konnten seit Inkrafttreten des geltenden Ausbildungspaktes 13 810 ausbildende Betriebe hinzugewonnen werden.
Zu 7.:
Daten zur Ausbildungsberechtigung und -beteiligung von Betrieben in Niedersachsen können dem IAB-Betriebspanel, einer Befragung von Betrieben im Auftrag des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, entnommen werden. Die der Betriebsbefragung zugrunde liegende Stichprobe ist so strukturiert, dass durch Hochrechnungen Aussagen für die gesamte niedersächsische Wirtschaft gemacht werden können. Die ermittelten Werte sind allerdings Schätzungen der entsprechenden Merkmale in der Grundgesamtheit und daher mit einer gewissen Unschärfe behaftet.
Nach den "Beschäftigungstrends 2008 - Auswertung des IAB-Betriebspanels 2008 für Niedersachsen" (Daten für 2009 liegen noch nicht vor) waren im Jahr 2008 hochgerechnet rund 60 % der niedersächsischen Betriebe ausbildungsberechtigt. Von diesen Betrieben haben rund 53 % tatsächlich ausgebildet.
Diese Zahlen bedeuten jedoch nicht, dass knapp die Hälfte aller ausbildungsberechtigten Betriebe sich generell nicht an der betrieblichen Ausbildung junger Menschen beteiligen. Viele - insbesondere kleinere - Betriebe bilden nicht in jedem Jahr aus, sondern richten ihre Ausbildungsbemühungen am eigenen Fachkräftebedarf und an ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten aus. Aktuelle Auswertungen aus dem IAB-Betriebspanel zeigen, dass über einen längeren Zeitraum (fünf Jahre) betrachtet rund 80 bis 90 % der ausbildungsberechtigten Betriebe ausbilden.
Zu 8.:
Die Zusammenarbeit der Paktpartner ist sehr erfolgreich, was sich u. a. in der positiven Entwicklung auf dem Ausbildungsstellenmarkt in den letzten Jahren zeigt. Die Wirtschaft hat ihre Zusagen bezüglich der Einwerbung von jährlich 3 000 neuen Ausbildungsplätzen sowie jährlich 3 000 neuen EQ-Plätzen in jedem Paktjahr bislang deutlich übertroffen. Die Landesregierung hat viele Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsreife und Berufsorientierung umgesetzt und mit den Landesförderprogrammen für Jugendliche zahlreiche Chancen zur Aufnahme einer Berufsausbildung geschaffen. Die Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit hat die Förderprogramme bedarfsgerecht eingesetzt, den Arbeitgeberservice sowie die Angebote zur Selbstinformation der Jugendlichen ausgebaut und hat im Rahmen der vertieften Berufsorientierung zahlreiche Projekte in Zusammenarbeit mit dem Land gefördert. Mit den gemeinsam mit den Partnern verabredeten Maßnahmen haben wir Chancen für junge Menschen geschaffen und die Situation auf dem niedersächsischen Ausbildungsstellenmarkt merklich verbessert.
Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und die Antwort auf Frage 1 verwiesen.
Zu 9.:
Die wirtschaftliche Situation und die demografische Entwicklung erfordern weiterhin die Anstrengungen aller Partner in der beruflichen Bildung. Die Zahl der Schulabgänger - insbesondere an Haupt- und Realschulen - geht bereits seit einigen Jahren zurück. Vielen Betrieben gelingt es daher bereits jetzt nicht mehr, alle angebotenen Ausbildungsplätze mit geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern zu besetzen und so ihren Fachkräftenachwuchs zu sichern. Aufgrund des doppelten Abiturientenjahrgangs wird die Zahl der Schulabsolventinnen und -absolventen in Niedersachsen im Jahr 2011 noch einmal ansteigen, danach aber wieder deutlich zurückgehen. Es wird zudem erwartet, dass die aktuelle Wirtschaftskrise Auswirkungen auf den Ausbildungsstellenmarkt haben wird.
Angesichts dieser Herausforderungen sind die Paktpartner übereingekommen, im Februar einen neuen Niedersächsischen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs für die Jahre 2010 bis 2013 zu schließen.
In Fortsetzung der bisher erfolgreichen Aktivitäten bekräftigen die Paktpartner das Ziel, auch in den kommenden Jahren allen ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen in Niedersachsen ein Ausbildungs- bzw. Qualifizierungsangebot zu unterbreiten. Die Paktpartner setzen sich darüber hinaus das neue Ziel, möglichst alle verfügbaren Ausbildungsplätze mit geeigneten Bewerbern zu besetzen, dazu die Ausbildungsreife und Berufsorientierung der Jugendlichen weiter zu verbessern und die betriebliche Ausbildung zu stärken.
Zu 10.:
Ausbildungsverträge im öffentlichen Dienst werden nicht nur vom Land, sondern beispielsweise auch von den Kommunen, dem Bund (z. B. Bundeswehr, Bundesagentur für Arbeit oder Bundesbehörden) und anderen öffentlichen Stellen (z. B. Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung) in den unterschiedlichsten Ausbildungsberufen geschlossen. Aus diesem Grund kann die Landesregierung den Rückgang bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im öffentlichen Dienst insgesamt nicht bewerten.
Nach einer Erhebung des Finanzministeriums kann für das Land ein Rückgang bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht festgestellt werden. Die Ausbildungsleistungen des Landes konnten in den letzten vier Jahren sogar gesteigert werden.
Darüber hinaus ist anzumerken, dass das Land nicht nur im Bereich des öffentlichen Dienstes, sondern auch in regulären Kammerberufen ausbildet, die in der Statistik aber nicht dem öffentlichen Dienst zugeordnet werden. So übersteigt die Anzahl der vom Land in Kammerberufen zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze die Anzahl der Ausbildung in den Berufen des öffentlichen Dienstes deutlich.
Ferner sind die Ausbildungen im Beamtenverhältnis (z. B. Anwärter im Polizeivollzugsdienst) in dieser Statistik nicht enthalten, da es sich hier um Sonderformen der Berufsausbildung handelt.
Zu 11.:
Im vergangenen Jahr hat sich der Ausbildungsmarkt in Niedersachsen angesichts des Ausmaßes der weltweiten Wirtschaftskrise - ebenso wie der Arbeitsmarkt - im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern sehr robust gezeigt.
Zur Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2010 können derzeit noch keine aktuellen Daten vorgelegt werden, da die entsprechenden statistischen Auswertungen für das neue Ausbildungsjahr erst Anfang April vorliegen werden. Inwieweit sich die weltweite Konjunkturkrise im neuen Ausbildungsjahr auswirken wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt daher noch nicht verlässlich abgeschätzt werden. Angesichts des zukünftigen Fachkräftebedarfs setzt jedoch bei vielen Unternehmen ein Umdenken ein, was dazu führt, dass trotz der Krise an den Ausbildungsanstrengungen festgehalten wird, um in Zeiten rückgängiger Schülerzahlen den zukünftigen Fachkräftebedarf decken zu können.
Zu 12.:
Vor dem Hintergrund des doppelten Abiturientenjahrgangs 2011 hat das Kultusministerium frühzeitig einen runden Tisch einberufen, an dem u. a. das Ministerium für Wissenschaft und Kultur, das Wirtschaftsministerium, die Unternehmensverbände und Handwerkskammern, die Industrie- und Handelskammern, die Bundesagentur für Arbeit, der Landeseltern- und der Landesschülerrat sowie die maßgeblichen Lehrerverbände teilgenommen haben.
Zielsetzung der Beratungen war, Maßnahmen zur Verbesserung der Studien- und Ausbildungschancen von Schulabsolventinnen und Schulabsolventen insbesondere in den Jahren 2011 und 2012 zu verabreden. Folgende Ergebnisse sind an dem runden Tisch erzielt worden:
Das Land stellt die erforderlichen Finanzmittel zur Erhöhung der Zahl der Studienanfängerplätze an den niedersächsischen Hochschulen zur Verfügung, hält in den berufsbildenden Schulen die erforderlichen Schulplätze vor und erhöht die Ausbildungskapazitäten in den Einrichtungen des Landes. Die ausbildende Wirtschaft sieht in dem doppelten Abiturientenjahrgang eine Chance, bereits gegenwärtig nicht mehr zu besetzende Ausbildungsplätze besetzen zu können und unternimmt alle Anstrengungen, in den kommenden Jahren einschließlich der Jahre 2011 und 2012 genügend Ausbildungsplätze vorzuhalten. In den Unternehmen wirbt sie für das duale Studium und das Angebot dualer Studienplätze und in den Betrieben für eine Verkürzung der Ausbildungszeiten für Abiturientinnen und Abiturienten einschließlich der Anrechnung von Auslandszeiten auf die Ausbildungszeiten.
Bis 2011 werden in den Schulen Maßnahmen der Studien- und Berufswahlorientierung, insbesondere auch in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, gezielt angeboten.
Zu 13.:
Die Ergebnisse der BIBB-Studie verdeutlichen, dass auch Betriebe aktiv darauf Einfluss nehmen können, dass ihre Ausbildungsstellen besetzt werden. Insbesondere sollte ein breit aufgestelltes Angebot von Vermittlungskanälen genutzt werden. Daneben spielen die Attraktivität der Ausbildungsstelle oder Branche sowie das Image des Berufes eine wichtige Rolle für die erfolgreiche Stellenbesetzung.
Zu 14.:
Die Partner im Niedersächsischen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs haben vereinbart, dass die passgenaue Vermittlung von Jugendlichen intensiviert wird. Dabei sollen alle vorhandenen Instrumente (Kompetenzchecks, persönliche Berufsberatung, Berufsorientierung, Berufswahltests unter Beteiligung der Fachdienste der Bundesagentur, Vermittlung in EQ etc.) genutzt werden, um die Berufswünsche und -fähigkeiten mit dem vorhandenen Angebot an freien Ausbildungsstellen, auch über den Bezirk der jeweiligen Agentur für Arbeit hinaus, abzugleichen. Ein wichtiger Beitrag zur Optimierung des Vermittlungsprozesses liegt in der weiteren Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit und der Berufsorientierung der Jugendlichen.
Um den Vermittlungsprozess zu optimieren haben die Paktpartner vereinbart, die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der beruflichen Bildung zu sichern und zu verbessern. Hierzu werden Informationskampagnen für gewerblich-technische und naturwissenschaftliche Ausbildungsberufe fortgesetzt und intensiviert.
Darüber hinaus wird die Landesregierung die Förderung der Ausbildungsplatzakquisiteure bei den Kammern an die neuen Herausforderungen anpassen. Neben der Einwerbung von neuen Ausbildungsplätzen soll die Arbeit der Ausbildungsplatzakquisiteure zukünftig stärker auf die Besetzung der angebotenen Ausbildungsstellen ausgerichtet werden.
Artikel-Informationen
erstellt am:
17.03.2010
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010