Barrierefreiheit auf der Heidebahn (KBS 123)
Die Optimierung des Verkehrs auf der Heidebahn, Kursbuchstrecke 123, kommt nach Beobachtung von Vertretern vor Ort nach wie vor nur schleppend voran. Der Ausbau des Streckenabschnitte Bennemühlen–Walsrode und Soltau–Buchholz hat nach Verzögerungen begonnen. Nach wie vor ungeklärt ist die finanzielle Realisierung des notwendigen Ausbaus für den Streckenabschnitt zwischen Walsrode und Soltau. Bei der Fahrplangestaltung ergeben sich immer wieder strittige Punkte.
Wie vor einem Jahr ist der durchgehende Verkehr der Heidebahn zwischen Hannover und Walsrode am Samstag und Sonntag nach der Fahrplanumstellung im Dezember 2010 gefährdet. Hintergrund ist eine vorgesehene Kürzung der Landeszuschüsse in Höhe von 1,8 Millionen Euro an die Region Hannover für die Bestellung des Nahverkehrs. Die Fahrgäste wären dann am Wochenende auf das Umsteigen in Bennemühlen angewiesen. Dies wäre nach Einschätzung der Nutzer eine erneute Benachteiligung der Heidebahnnutzer im ländlichen Raum.
Barrierefreiheit auf Bahnhöfen, auch auf denen der Heidebahn, wird besonders vor dem Hintergrund des demografischen Wandels nach Einschätzung von Experten immer wichtiger. Streitig ist, ob bei der Barrierefreiheit § 48 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung Anwendung finden muss, wonach Bahnsteige des öffentlichen Personennahverkehrs von behinderten, älteren Menschen und Personen mit Kleinkindern ohne fremde Hilfe zu erreichen sein müssen und eine Höhe aufzuweisen haben, die ihnen das Ein- und Aussteigen erleichtert, entsprechend den auf der Strecke verkehrenden Fahrzeugen, um eine Grundvoraussetzung für Mobilität zu erfüllen.
Immer wieder angemahnt wird der barrierefreie Ausbau des Bahnhofes Soltau, der sowohl für den Verkehr auf der Heidebahn wichtig ist als auch für die sogenannte Amerikalinie, die dort den Heidebahnverkehr kreuzt. Am 29. Oktober 2009 antwortete die Landesregierung auf eine Frage nach dem barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen an der Heidebahn in meiner Kleinen Anfrage vom 16. September 2009: „Den behindertengerechten Ausbau der Stationen im Abschnitt Soltau–Buchholz strebt das Land zeitnah an, für den Abschnitt Walsrode–Soltau sollen entsprechende Verhandlungen mit der DB AG aufgenommen werden“. Somit ist der Bahnhof Soltau das Herzstück beider Streckenabschnitte. Die Notwendigkeit des barrierefreien Ausbaus ist offenbar unstrittig, zumal auch eine Zahl von über 1 260 Ein- und Ausstiegen sowie 60 Zughalten pro Tag erreicht wird. Bei einer Veranstaltung in Soltau Mitte März 2010 verwies ein Sprecher der DB Station & Service AG darauf, dass ein barrierefreier Ausbau nur mit Fördermitteln vom Land Niedersachsen umsetzbar sei. Nach Aussage der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) vom 28. Dezember 2009 sollen sogar die nachfragestarken Bahnstationen Schneverdingen, Handeloh und Holm-Seppensen barrierefrei ausgebaut werden im Rahmen der Ausbaumaßnahme der Heidebahn, obwohl sie weniger als 1 000 Ein- und Ausstiege pro Tag zu verzeichnen haben.
Die LNVG plant, ein neues Fahrplankonzept für die Heidebahn in das Vergabeverfahren für das Betreiben der Strecke einzubringen. Eine Variante beinhaltet einen 20-minütigen Halt in Soltau und Taktverkehr bis Buchholz mit einer Zugkreuzung in Handeloh auf der eingleisigen Strecke; eine weitere Variante sieht einen kurzen Aufenthalt in Soltau vor mit Zugkreuzung in Schneverdingen und dafür die Aufhebung der Haltepunkte Wintermoor, Suerhop und Büsenbachtal. Diese Pläne erzeugen Ängste bei den Nutzern der zur Disposition stehenden Haltepunkte.
Ich frage die Landesregierung:
- Bisher hat die Region Hannover jedes Jahr wieder um Zuschüsse für den Nahverkehr kämpfen müssen. Wird das Land dafür Sorge tragen, dass die Landeszuschüsse für die Region Hannover mittelfristig zugesagt werden, damit auch über Dezember 2010 hinaus der Verkehr auf der Heidebahn sonnabends und sonntags zwischen Hannover und Walsrode (ab Bennemühlen) bestellt werden kann, und dafür von der Streichung der Zuschüsse im Nahverkehr in Höhe von 1,8 Millionen Euro absehen?
- Werden die Haltepunkte Wintermoor, Suerhop und Büsenbachtal an der Heidebahn auch nach dem neuen Fahrplankonzept erhalten bleiben, das dafür einen 20-minütigen Halt in Soltau vorsieht, oder wird der Halt in Soltau kurz sein, dafür aber die Aufhebung der Haltepunkte Wintermoor, Suerhop und Büsenbachtal angestrebt?
- Wird das Land Niedersachsen Fördermittel für den barrierefreien Ausbau des Bahnhofes Soltau bereitstellen, wann soll mit dem notwendigen Ausbau begonnen werden, und wie sieht die Planung für die übrigen Bahnhöfe in Niedersachsen aus?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Der Ausbau der Heidebahn zwischen Bennemühlen und Buchholz (Nordheide) ist derzeit ein wichtiges Schienenprojekt in Niedersachsen. Ziel und Gegenstand der in drei Ausbauabschnitte eingeteilten Arbeiten sind die Erschließung der Region, die Erhöhung der Streckengeschwindigkeit und die Sanierung der Stationen entlang dieser Strecke.
Der Ausbau des südlichen Streckenabschnitts zwischen Bennemühlen und Walsrode (1. Bauabschnitt) hat im Sommer 2009 begonnen und auch die Bauarbeiten des nördlichen Streckenabschnitts Soltau – Buchholz (3. Bauabschnitt) wurden Ende 2009 aufgenommen. Die Arbeiten in beiden Teilabschnitten verlaufen planmäßig und die Strecken sollen zum Fahrplanwechsel 2011/2012 in Betrieb genommen werden.
Es ist für das Land von hoher Priorität, auch den Ausbau des mittleren Teilabschnitts zwischen Walsrode und Soltau (2. Bauabschnitt) voranzutreiben. Deswegen steht die Landesregierung in intensiven Gesprächen mit der DB AG über dessen Finanzierung und zeitnahen Umsetzung.
Unter Berücksichtigung der zukünftigen Infrastruktur und Fahrzeuge plant die LNVG ein neues Fahrplankonzept für die Heidebahn ab Dezember 2011. Ziel ist es, die durch die Geschwindigkeitsanhebung erzielbaren Fahrzeitgewinne in einen für den Kunden nutzbaren Reisezeitgewinn umzusetzen und ein Angebot im Stundentakt anzubieten.
Da die Strecke weiterhin eingleisig sein wird und die Zahl und Lage der Bahnhöfe, in denen sich die Züge begegnen können, gleich bleibt, sind die Variationsmöglichkeiten bei der Fahrplankonstruktion begrenzt. Außerdem gibt es weitere Zwangspunkte, die zu beachten sind: zum einen die möglichst kurzen Anschlüsse an die metronom-Züge in Buchholz, zum anderen die minutengenaue Einpassung in den S-Bahn-Takt zwischen Bennemühlen und Hannover Hbf, sowie die Gleisbelegung in Hannover Hbf.
Aufgrund dieser Faktoren ist für den südlichen Streckenabschnitt zwischen Soltau und Hannover Hbf nur eine einzige Fahrplanvariante möglich, die auch die An- und Abfahrtszeiten in Soltau in Richtung Süden bestimmt.
Für den Fahrplan zwischen Buchholz und Soltau sind zwei Varianten möglich:
- Die erste Fahrplanvariante sieht eine stündliche Zugbegegnung in Handeloh und Anschlüsse an die Metronom Züge in Richtung Hamburg und Bremen zu den Minuten 19 und 38 in Buchholz vor. In Soltau hätten die Züge bei dieser Variante allerdings eine Aufenthaltszeit von jeweils ca. 24 Minuten, da die Abfahrts- und Ankunftszeiten von und nach Hannover Hbf, wie vorstehend erwähnt, fixiert sind.
- Bei der zweiten Fahrplanvariante finden die stündliche Zugbegegnung in Schneverdingen statt. Anschlüsse an den metronom bestehen in Richtung Hamburg Hbf zur Minute 59 und aus Richtung Hamburg Hbf zur Minute 04. In Soltau hätten die Züge aus/in Richtung Süden nur eine kurze Aufenthaltszeit von ca. zwei Minuten. Bei dieser Variante wäre es allerdings erforderlich, auf die drei sehr gering frequentierten Halte Suerhop (150 E/A), Büsenbachtal (90 E/A) und Wintermoor (80 E/A) zu verzichten, um einerseits die Anschlüsse zu erreichen und andererseits die Begegnung der Züge im Bahnhof Schneverdingen sicherzustellen.
Für den Ausbau der Bahnstationen ist der Bund als Eigentümer der Infrastruktur verantwortlich. Dafür stehen Bundesmittel zur Verfügung, die über das Eisenbahnbundesamt projektgebunden an die DB Station & Service AG ausgezahlt werden.
Dabei gelten z. B. Bestimmungen für den barrierefreien Ausbau von Stationen, die festlegen, dass eine Mindestzahl von 1.000 Ein- und Aussteigern täglich erreicht werden muss, damit ein barrierefreier Ausbau mit Bundesmitteln finanziert werden kann. Ein barrierefreier Ausbau von Stationen mit geringeren Ein- und Aussteigerzahlen kann daher allenfalls mit Landesmitteln erfolgen.
Dieses vorausgeschickt, wird die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
In den Jahren 2008 und 2009 sind den ÖPNV-Aufgabenträgern zusätzliche Landesmittel in Höhe von 15 Mio. € p.a. für die Bestellung von ÖPNV-Betriebsleistungen zur Verfügung gestellt worden. Diese freiwilligen Leistungen des Landes dienten als Teilkompensation für die Reduzierung der Zuweisung nach § 7 Abs 1 und 5 Niedersächsisches Nahverkehrsgesetz (NNVG) infolge der unerwarteten Kürzung der Regionalisierungsmittel durch den Bund ab 2006.
Die Aufgabenträger können nicht von längerfristigen zusätzlichen Zahlungen des Landes ausgehen. Bei den freiwilligen Leistungen des Landes ist das Subsidiaritätsprinzip zu beachten. Damit ist eine finanzielle Bedarfsprüfung verbunden. Soweit die Aufgabenträger die Betriebsleistungen aus vorhandenen Mitteln finanzieren können, sind zusätzliche Zahlungen des Landes unzulässig.
Die Landesregierung prüft derzeit den Bedarf an zusätzlichen Mitteln. Eine Prüfung ist bis zum Ende der Bestellfrist für die Betriebsleistungen des Fahrplanjahres 2011 abgeschlossen.
Zu 2.:
Die Haltepunkte Wintermoor, Suerhop und Büsenbachtal sollen auch im neuen Betriebskonzept des Nordabschnitts zunächst weiterhin im Schienenpersonen-nahverkehr bedient werden. Sollte sich spätestens zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Mittelabschnitts zwischen Walsrode und Soltau die Zahl der Ein- und Aussteiger an den drei Stationen nicht auf deutlich über 200 Ein- und Aussteiger je Station und Werktag erhöht haben, sollen die genannten Haltepunkte künftig im straßengebundenen ÖPNV bedient werden, wie es teilweise bereits heute der Fall ist (z. B. in Suerhop über den Stadtbus Buchholz).
Zu 3.:
Die im Jahr 2006 vom Land angestoßene Vorplanung für die „Heidebahn“ sah vor, dass der Bahnhof Soltau bereits im Zuge des Ausbaus der „Amerika-Linie“ Uelzen – Langwedel, der im Bedarfsplan Schiene als vordringlich eingestuft ist, neu gestaltet wird. Eine Umsetzung des Bedarfsplan-Projektes ist derzeit leider nicht absehbar. Das Land steht daher in Kontakt mit der DB AG, um abzuklären, ob ein barrierefreier Ausbau dieses Bahnhofs losgelöst vom Bedarfsplan-Projekt erfolgen kann. Nur wenn dies sichergestellt ist, kann ein Einsatz von Landesmitteln in Betracht gezogen werden.
Seit 1996 sind rund 50 % aller Bahnstationen in Niedersachsen komplett modernisiert worden. Innerhalb der nächsten Jahre soll das Bahnhofsmodernisierungsprogramm „Niedersachsen ist am Zug 2“ umgesetzt werden. Mit einem Investitionsvolumen von 100 Mio. € stehen insgesamt 40 Stationen zur Modernisierung und barrierefreien Gestaltung an.
Ferner sollen schwerpunktmäßig die noch nicht modernisierten Stationen im Bereich der Regio-S-Bahn Bremen/ Niedersachsen ausgebaut werden. Außerdem werden im Zuge des Ausbaus einige Stationen entlang der Heidebahn erneuert. “
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erstellt am:
30.04.2010