Studie des NIW zur Internationalisierung der Wirtschaft
Bode: „Politik als Türöffner im Ausland bleibt wichtiges Instrument“
HANNOVER. Wie steht es um die Internationalisierung der niedersächsischen Unternehmen? Welche Schwerpunkte – ob Branchen oder Länder – sollten für die Wirtschaft in Niedersachsen beim Ausbau der außenwirtschaftlichen Beziehungen im Fokus stehen? Anregungen dazu gibt eine neue Studie des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW), die die Ökonomin Dr. Birgit Gehrke federführend erarbeitet und heute dem Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Jörg Bode übergeben hat. Der Titel des Gutachtens: „Aktualisierte und erweiterte Analysen zur Ausweitung der außenwirtschaftlichen Beziehungen der niedersächsischen Wirtschaft“.
„Niedersachsen ist seit Jahren auf dem richtigen Weg, aber es liegt noch eine lange Strecke vor uns, um die außenwirtschaftlichen Verflechtungen vor allem der kleineren und mittleren Unternehmen voranzubringen“, sagte Bode. Hier liefere das Gutachten wertvolle Hinweise auf das weitere Vorgehen. Bode weiter: „Wir werden die Studie genau auswerten und insbesondere für die Aufstellung von NGlobal, unserer zentralen Landesgesellschaft zur Koordinierung der Vermarktung des Wirtschaftsstandorts Niedersachsen im In- und Ausland, unsere Schlüsse daraus ziehen.“
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick:
- Auch in Niedersachsen hat der Exportsektor eine hohe Bedeutung für das gesamtwirtschaftliche Wachstum. Das Exportvolumen Niedersachsens war 2008 zweieinhalbmal so hoch wie Mitte der 1990er Jahre. Das Auslandsgeschäft hat auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus Niedersachsen in den letzten drei Jahren, bezogen auf den Gesamtumsatz, an bedeutung gewonnen, wird jedoch weiterhin von industriellen Großunternehmen bestimmt.
- Trotz wachsender Exportbeteiligung und Exportquote ist die so genannte „Internationalisierungslücke“ bei niedersächsischen KMU und Dienstleistern noch nicht geschlossen. Als Ursache macht das NIW vor allem strukturelle Ursachen aus.
- Als Spiegelbild der Industriestruktur sind in Niedersachsens Exportpalette neben Kraftwagen und –teilen sowie Produkten des Ernährungsgewerbes vor allem Gummi- und Kunststoffwaren (vielfach aus der Autozuliefererbranche) vertreten.
- Kleine und mittlere Unternehmen sind zwar insgesamt weniger häufig auf Auslandmärkten vertreten als Großunternehmen. Gerade mittelgroße Unternehmen mit 50 bis 299 Beschäftigten sind aber bereits in beachtlichem Umfang auch mit Produktionstätigkeit im Ausland engagiert.
- Im Hinblick auf Wachstumsmärkte setzen die befragten Unternehmen hohe Priorität auf China, Indien und Russland. Aber auch Europa wird weiterhin eine große Bedeutung beigemessen. Der südamerikanische Markt, für den auch in Zukunft hohe Wachstumsraten prognostiziert werden, findet noch zu wenig Beachtung.
- Niedersächsische Unternehmen haben in den letzten Jahren verstärkt die Chancen von Direktinvestitionen im Ausland genutzt. Der Bestand ausländischer Direktinvestitionen aus Niedersachsen hat sich dabei dynamischer entwickelt als in anderen Bundesländern, der Abstand ist deutlich geringer geworden. Für die Jahre 2003 bis 2009 werden 600 Direktinvestitionsprojekte niedersächsischer Unternehmen im Ausland, vorrangig in China, Indien, USA und Russland verzeichnet. Ein hohes Gewicht haben dabei Investitionen in den Aufbau bzw. die Erweiterung von Produktionsstätten, vielfach im Automobilsektor.
- Trotz leichter Zuwächse liegt die Bedeutung Niedersachsens als Standort für ausländische Direktinvestitionen in Deutschland noch deutlich hinter seinem wirtschaftlichen Potenzial zurück. Gemessen an den bisher getätigten Projekten ist Niedersachsen ein bevorzugter Produktions-, Logistik- und Energiestandort. Im Zuge der Fertigstellung des JadeWeserPorts sind vor allem im Logistiksektor weitere Investitionen zu erwarten.
- In seiner Empfehlung führt das NIW Länder auf, die wegen ihrer Importnachfragedynamik für die niedersächsische Wirtschaft von besonderem Interesse sind. Nachholbedarf für Niedersachsen besteht z. B. im Hinblick auf Belgien, Österreich, Italien und die Schweiz. Aber auch in Kanada, Japan, Südkorea, Brasilien, China, Indien, Saudi-Arabien und der Türkei sind noch zu wenige niedersächsische Unternehmen vertreten. Gut positioniert ist die Wirtschaft des Landes dagegen in Polen, Russland, Tschechien, Slowakei, Litauen, Lettland, Rumänien und Norwegen. Überall dort, wo Niedersachsen im Vergleich mit Anbietern aus anderen Bundesländern nur unterdurchschnittlich exporterfolgreich ist, sieht die Studie besonderen Handlungsbedarf für NGlobal.
- Die Unternehmen brauchen für ihre Internationalisierung auch weiter die Unterstützung des Landes – vor allem bei der Suche nach geeigneten Partnern im Ausland, aber auch wenn es um Informationen über die jeweiligen Märkte, rechtliche Regelungen und organisatorische Fragen geht. Dies bestätigt die Ausrichtung der Außenwirtschaftsförderung Niedersachsens, die Messeförderung, Beratung und Information sowie Anbahnung von Geschäftskontakten.
Bodes Fazit: „Niedersachsen wird weiter daran arbeiten, den Internationalisierungsgrad der mittelständischen Unternehmen zu auszubauen. Schon jetzt lässt sich sagen, dass unser bestehendes Förderinstrumentarium weiter entwickelt werden muss. Die Delegationsreisen des Wirtschaftsministeriums sind besonders wichtig, um den Unternehmen den Einstieg in schwierige Märkte zu erleichtern und um gegenüber anderen Bundesländern Schritt für Schritt aufzuholen. Wir werden dran bleiben und setzen darauf, dass wir in Zukunft noch mehr Unternehmen mit unseren Instrumenten zur Außenwirtschaftsförderung erreichen.“
Die Studie war von der Niedersachsen Global GmbH (NGlobal) in Auftrag gegeben worden.
Das letzte Gutachten dieser Art hatte das NIW im Frühjahr 2007 vorgelegt. Erstmals wurden in diesem Jahr auch detaillierte Informationen zu Direktinvestitionsprojekten niedersächsischer Unternehmen im Ausland bzw. zu ausländischen Unternehmen in Niedersachsen ausgewertet. Ergebnisse einer Unternehmensbefragung, die mit Unterstützung der Industrie- und Handelskammern durchgeführt wurde und eine Übersicht über die Exportchancen niedersächsischer Schwerpunktbranchen in einzelnen Ländern runden das 157 Seiten starke und mit zahlreichen Tabellen versehene Gutachten ab.
Hinweis: Die Langfassung des NIW – Gutachtens und eine Zusammenfassung können bei NGlobal (katrin.kreil@nglobal.de) abgerufen werden.